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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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Lag es daran, dass Herder kein Autor, keine Berühmtheit, vor allem aber kein achtbarer älterer Herr war?
    „Als da wäre?“, fragte Herder und schaute interessiert.
    „Nun“, begann Lewis, und fast schämte er sich etwas, seiner Stimme einen geheimnisvollen Klang zu geben. Er wusste nicht genau, ob er es tat, weil Wieland jetzt nicht mehr mit Bemerkungen darauf eingehen konnte oder weil er Herder beeindrucken wollte. „Die verschiedenen Schauergeschichten, wie Schillers Geisterseher oder Webers Teufelsbeschw ö rung. “
    Herder schüttelte den Kopf. „Kenne ich nicht.“
    „Ich habe auch noch anderes gelesen. Den Genius. Den Hochwaldnebel. “
    „Romane lese ich nicht, ich habe es mehr mit den medizinischen Büchern.“ Er neigte den Kopf in Richtung des schlummernden Wieland. „Wie gesagt, dort gibt es genug Ängste und Schrecken. Das mag mir reichen. Von den Dingen in den Leibern sollte man besser schweigen.“
    Lewis nickte schweigend. Herder sah aus dem Fenster. Draußen verdichtete sich die Allee zu einem Wald. Das Licht wurde schwächer, wodurch die vereinzelten Sonnenstrahlen umso heller schienen.
    „Der Webicht“, sagte Herder. „Jenseits des Forstes liegt Tiefurt.“ Als er sich Lewis wieder zuwandte, leuchtete sein Gesicht auf, bestrahlt durch das Funkeln zwischen den Stämmen.
    Lewis kniff die Augen zusammen und sah dann rasch hinaus, wo sich die vorbeiziehenden Baumstämme zu einem Schleier verwischten. Eine Weile schwiegen die beiden. Die Kutsche rüttelte, und im Rattern der Wagenräder über den harten Grund ging jedes Geräusch unter, das vom schlafenden Wieland herrühren mochte. Lewis sah zögerlich zu Herder hinüber, doch der blickte aus dem Fenster. Sein Profil schimmerte golden, und immer noch flackerten die Lichter darüber, die Lewis blendeten und verwirrten. Lewis blinzelte, als er spürte, wie ihn das Lichterspiel immer mehr gefangennahm. Plötzlich schob sich ein schwarzes Schemen vor die Sonne, ein Schatten, der das Licht verdeckte und Lewis wachrüttelte. Sicher war es nur ein Baum gewesen, doch hatte es nicht die Umrisse einer Gestalt gehabt? War da nicht ein Kopf gewesen? Unmöglich, eine solche Größe erreichte kein Mensch. Er musste sich das eingebildet haben.
    Er räusperte sich. „Sagen Sie ...“
    Herder wandte sich ihm zu. Das Ruckeln der Kutsche wurde heftiger. „Ja?“
    „Ich fragte mich ...“
    Da ging ein heftiger Stoß durch den Wagen, die Pferde wieherten, und der Kutscher fluchte laut. Lewis warf erschrocken den Kopf von einer Seite zur anderen. Was ging da draußen vor sich?
    Mit einem Mal wurden die Insassen von ihren Sitzen gehoben, und kaum dass sie auf die Bänke zurückgefallen waren, legte sich das Wageninnere schief. Lewis krallte die Finger in einen der Fenstervorhänge, stieß beinahe mit dem Kopf an die Seitenwand. Fast hätte er aufgeschrien – nicht vor Schmerz, sondern aus Angst vor dem, was geschah oder geschehen mochte. Die Bäume, zuvor einige Armlängen entfernt, kamen gefährlich nahe, dann schob sich die Kutsche schräg in den Graben. Lewis rutschte gegen die Seitenwand, und fast fürchtete er, sie würde nachgeben. Doch das Holz hielt, und die Kutsche bewegte sich nicht mehr. Die Pferde wieherten immer noch, der Kutscher fluchte nochmals, und dann war es still, von einem gelegentlichen Vogelruf abgesehen. Im Wagen selbst keuchte Lewis auf, betastete seine Schulter und war froh, keine allzu arg schmerzende Stelle zu erfühlen.
    Wieland brummte zunächst unverständlich, dann schlug er die Augen auf und sagte: „Ich bezweifle, dass wir in Tiefurt angekommen sind. Warum wurde ich geweckt?“ Er rückte sein Käppchen zurecht und begutachtete die schrägstehenden Baumstämme. „Ein schiefer Wald, sieh an. Wo sind wir?“
    Herder rieb sich die Schläfe, mit der er gegen den Fensterrahmen geprallt war. „Ich schätze, vom Weg abgekommen, warum auch immer.“
    Er streckte den Kopf aus dem Fenster und rief den Kutscher an: „Heda, Mann! Was ist geschehen?“
    Lewis drückte sich die Hand in den Nacken, der ihm von dem plötzlichen Stoß schmerzte.
    Draußen rief der Kutscher etwas von Männern zu Pferde, die ihn geschnitten hätten, sowie von Bäumen und Wurzeln und Steinen, Lewis war etwas durcheinander, so dass er das ohnehin durch einen schweren thüringischen Akzent gefärbte Deutsch kaum verstand. Doch ihm wurde klar, dass der Schemen, den er gesehen hatte, einer der Reiter gewesen sein musste. Herder drehte sich zu ihm und Wieland

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