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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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„Wir müssen da reinsteigen“, begann er.
    Herder sah ihn an. „Natürlich. Sie wollen sich nicht schlammig machen?“
    Lewis strich über sein makelloses Hemd und sah auf die weißen Strümpfe. Herder war ebenso gekleidet und nickte. „Ich auch nicht. Wir werden also Vorkehrungen treffen, um nicht wie Ferkel aus dem Koben in Tiefurt einzutreffen.“ Dann knöpfte er die Weste auf, zog sein Hemd über den Kopf und hängte beides an die Haken der Kutschenrückwand. Lewis sah ihn groß an. Er gestattete sich keinen Gedanken als den, dass Herder die Kutsche auch im Alleingang würde aus dem Graben schieben können. Herder machte eine auffordernde Geste, dass die Sehnen an seinen kräftigen Armen spielten. Zögernd begann auch Lewis, sich seiner Weste zu entledigen.
    Bis auch er mit bloßem Oberkörper dastand, hatte Herder schon Strümpfe und Schuhe abgelegt und war in den Graben gestiegen. „Wir sind bereit!“, rief er und bedeutete Lewis, sich zu beeilen. Er zeigte die Zähne und hob aufmunternd die Brauen. Lewis seufzte und sprang neben Herder, der sich schon gegen ein Wagenrad stemmte. Seine Muskeln spielten und waren schon bald schlammverschmiert. Als Lewis’ Füße in das feuchte Bachbett drangen, überkam ihn ein Schauder. Ein Badevergnügen war das nicht. Aber das Bild von mit Schlamm und Grasflecken verunzierten Strümpfen und Schuhen ließ ihn sich dieser Unbill hingeben. Er stemmte sich gegen die Speichen und schob. Von vorn hörten sie den Kutscher rufen, die Pferde schnauben und Deichsel und Schirrzeug sich knirschend und knarrend dem Zug beugen. Lewis ächzte, Herder gab keinen Laut von sich, atmete nicht einmal schwerer. Die Kutsche bewegte sich kaum. Die Geräusche verstummten.
    „Gleich nochmal!“, rief der Kutscher. „Auf meinen Ruf!“ Lewis hörte, wie sich die Pferde neu positionierten. Er schnaufte und wollte sich mit der Hand über die Stirn fahren, als er die erdfarbene Pranke am Ende seines Armes sah und es lieber sein ließ. In der Kutsche raschelte es, dann schoben sich Haupt und Oberkörper Wielands aus dem unteren Fenster. „Haben Sie Erfolg?“, fragte er unschuldig und fügte, als er die beiden Männer betrachtet hatte, hinzu: „Zumindest scheinen Sie sich anzustrengen.“ Lewis wusste, dass sich sein Antlitz von der Mühe bereits gerötet hatte, während auf Herders Stirn nicht einmal Schweiß lag.
    Dieser Mann wollte Mediziner werden? Etwas Heldenhafteres schien ihm besser zu Gesicht zu stehen.
    „Es wird schon gehen“, entgegnete Herder und sah Lewis aufmunternd an. Dann kam der Ruf des Kutschers, es krachte und knirschte, und die beiden stemmten sich in die Speichen.
    Wielands Kopf verschwand wieder, und Lewis sehnte sich an Schreibtisch und Feder zurück.
    Nach ein paar Anläufen stand die Kutsche wieder auf dem Weg. Der Fahrer dankte den jungen Herren und untersuchte Achsen und Räder auf Schäden. Lewis stand da und schnaufte, Beine und Oberkörper mit Schlamm und Pflanzenteilen bedeckt. Wundersamerweise war die Kniehose in fast makellosem Zustand. Umso mehr schmerzten seine Arme und Schultern, weil er sich, um die Hose zu schützen, auf sehr verdrehte Weise gegen das Gewicht der Kutsche gestemmt hatte. Herder sah an sich hinab, seine Hose starrte vor Dreck. „Wenn es getrocknet ist, kann man das ausbürsten.“
    Wieland hatte während des Manövers noch einige Male Kuckuck gespielt, jetzt saß er offenkundig zufrieden wieder aufrecht auf seinem Platz. Er musterte die jungen Männer. „Meine Güte, Sie sehen aus wie wilde Burschen aus den Hängen und Hügeln Arkadiens. Ich bezweifle, dass Rousseau das mit der Rückkehr zur Natur meinte.“
    Herder stemmte die Fäuste in die Hüften und lachte. Lewis wollte allzu gern einstimmen, fühlte sich aber ganz und gar nicht danach.
    Wieland deutete den Weg hinab. „Es dürfte nicht mehr weit sein bis zur Brücke über die Ilm. Wie wäre es, wenn Sie vorgingen und sich wüschen, und wir folgen Ihnen, sobald hier alles in Ordnung ist?“
    Herder nickte. „Eine gute Idee! Kommen Sie, Lewis.“ Er ging los.
    Der junge Engländer hob kurz die Hand zum Gruß in Richtung Wieland, der eine scheuchende Geste machte und sich dann an den Kutscher wandte. Lewis hörte nicht hin, sondern schloss zu Herder auf. Steinchen drückten in seine Fußsohlen, aber es war erträglich.
    Herder atmete tief ein. „Ah, Waldluft – und wie erfrischend dann und wann körperliche Arbeit im Ausgleich zum Bücherstudium ist!“
    Lewis schmerzten die

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