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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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Knochen, und er war durstig. Derzeit konnte er der durchaus mitreißenden Heiterkeit Herders wenig abgewinnen. Er schleppte sich neben ihm dahin.
    Herder wandte den Kopf. „Nun lassen Sie sich nicht so hängen. Sie haben sich tapfer geschlagen! Bedenken Sie, wir haben nicht allein die Kutsche, sondern auch Herrn Wieland bewegt, und in Anbetracht der Tatsache, was der Mann in seinem Kopf und Geiste hat, war das eine geradezu herkulische Arbeit.“
    Lewis sah zu Herder auf, nicht etwa weil er wesentlich kleiner gewesen wäre. Ihm ging erneut die Bedeutung von Körperhaltung auf, denn während er mit hängenden Schultern trottete, schritt Herder mit gestraffter Brust dahin. Also richtete auch er sich auf, so sehr es auch schmerzte, und rang sich ein ehrliches Lächeln ab. „Das mag sein. Fast möchte man sagen, wir haben Herrn Wieland die Reputation, wenn nicht gar das Leben gerettet. Steckte die Kutsche noch im Graben, säße der große Schriftsteller vielleicht bis in alle Tage wie der Vogel in einer dieser Schwarzwälder Uhren und würde nur dann und wann hinausschauen, um eine Ironie von sich zu geben.“
    Herder lachte. „Lewis, Sie sind spitzzüngig. Wieland hatte recht, als er äußerte, sie hätten ein gefährliches Talent. Nur konnte er nicht ahnen, dass es so nah an dem seinen liegen würde.“ Er zeigte die Zähne und lächelte.
    Lewis fühlte sich geschmeichelt und wollte etwas entgegnen, als Herder stehenblieb. „Hören Sie das? Da vorne rauscht die Ilm. Wir kommen zu unserem verdienten Bad.“ Er lief los.
    Lewis schaute ihm kurz hinterher, dann setzte auch er immer rascher einen wunden Fuß vor den anderen.

    Am Ufer der Ilm wuschen sich die beiden Schweiß und Schlamm von Gesicht und Körper. Herder schaufelte mit beiden Händen das kühle Wasser aus der Strömung und prustete offenkundig vergnügt, als sei er ein Wassergeist, der gerade nach anstrengender Nixenjagd den Fluten entstiegen war. Lewis ging mit mehr Vorsicht zu Werke. Es gelang ihm, jede Handvoll Wassers heimlich ein wenig anzuwärmen, ohne allzu zimperlich zu erscheinen. Dann ließen sich die beiden, gesäubert und erfrischt, von der tiefstehenden, aber noch immer wärmenden Sonne trocknen. Als sie aus dem Wald getreten waren, hatte Lewis mit Erleichterung bemerkt, dass es wesentlich weniger spät war, als es im gedämpften Licht zwischen den Bäumen den Anschein hatte. Zumal glaubte er am Ende des Weges, der über die kleine Brücke führte, schon die ersten Häuser des Dorfes Tiefurt ausmachen zu können. Das Schloss durfte also nicht mehr weit entfernt sein.
    Herder und Lewis saßen nun in ihren Kniehosen an der Brücke und plauderten. Des medizinischen Interesses wegen erzählte Lewis von seiner Zeit am Christ Church College, wo er im vergangenen Jahr etwas Algebra und Anatomie gelernt hatte. Den Trakt, in dem diese Kunst gelehrt wurde, hatten die Studenten gemeinhin als skeleton corner bezeichnet, was dem auch sonst recht gotischen Erscheinungsbild des Gebäudes entgegenkam. Herder zeigte sich trotz des schaurigen Themas amüsiert, was, wie Lewis meinte, wohl tatsächlich an seiner höchst irdischen Einstellung als künftiger Mediziner lag.
    „Der Skelettwinkel. Oder besser, die Ecke der Gebeine? Ich frage mich, welcher Name wohl auf die entsprechende Örtlichkeit in Jena passen würde.“ Herder überlegte, kam aber zu keinem Ergebnis. „Wie auch immer, ich werde es Sie wissen lassen und unter meinen Kommilitonen verbreiten.“
    Lewis nickte. Es war ihm nicht entgangen, dass Herder in Anatomie brillieren würde. Er musste sich nur im Spiegel betrachten, um vollendet ausgeprägte Gliedmaßen und Muskelstränge studieren zu können. Zudem zeigte seine Haut einen Farbton, der sein beständiges Bücherstudium in der Stube Lügen strafte. Lewis selbst kam sich sowohl äußerlich als auch innerlich recht blass vor.
    Herder sah zum Waldrand hin. „Wo nur Herr Wieland mit der Kutsche bleibt?“
    Beide standen auf und horchten. Die Sonne war noch weiter gesunken, und Lewis fragte sich, wie spät es sein mochte.
    Da jagte auch schon mit Klappern und Rattern das Fuhrwerk aus dem Wald heraus und kam kurz vor der Brücke zu einem raschen Halt. Staub wirbelte auf, dem die frisch gewaschenen Jünglinge mit Mühe ausweichen konnten.
    Wieland steckte den Kopf aus der geöffneten Tür. „Nun aber los, die Herren! Herein mit Ihnen!“
    Die beiden stiegen eilig ein, wo ihre zusammengelegten Kleider auf den Sitzbänken warteten.
    „Ich hoffe, Sie

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