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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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„Es scheint mir, als würde dieser junge Herr noch einiges an Gesprächsstoff liefern.“ Sie flüsterte zurück: „Das scheint mit auch so.“ Dann kümmerte sich Böttiger ums Gepäck.
    Im Haus war es angenehm kühl. Man bat Lewis in den Salon, durch dessen Fenster helles Licht fiel, in dem Staubkörnchen schwebten. An den Wänden hingen gerahmte Stiche, und sogleich wurde Lewis auf einen Stuhl unter einer weitläufigen Landschaft mit Ruinen komplimentiert. Als Eleonore ihm reichlich von einem sonnenfarbenen Wein ins langstielige Glas goss und gleichzeitig fröhlich Fragen über die Reise stellte, musste Lewis in zweifachem Sinne eine beschwichtigende Geste vollführen.
    „Ich erbitte Ihre Verzeihung, Frau Böttiger, aber meine Kunst vom Deutschen ist nicht gut, jetzt ...“ Er griff zum Dank nickend graziös nach dem Weinglas. „Ich bin auch ein wenig heiß.“
    Eleonore hielt sich an der Weinkaraffe fest und wusste nicht recht, was zu entgegnen sei, als ihr Ehemann ins Zimmer trat, der den letzten Satz gehört hatte.
    „ Erhitzt ist das richtige Wort, junger Master Lewis.“ Er wischte sich mit einem Leintuch über die Stirn und ließ es dann in seinem hellbraunen Rock verschwinden. „Mir geht es ähnlich.“ Er nahm auch ein Glas Wein von seiner Frau entgegen. Sein Tonfall hatte schulmeisterhaft geklungen, was der lexikalischen Richtigstellung durchaus zupass kam. Offenbar fühlte er sich in seinen eigenen Wänden wohler als draußen, wo er britische Gepäckstücke entgegenzunehmen hatte.
    „Nun denn, Master Lewis, willkommen in Weimar! Mögen Sie hier für das Leben lernen.“ Er prostete Lewis zu und trank. „Ein Zimmer ist oben für Sie bereit, in dem Sie nach Herzenslust studieren können.“
    Lewis trank auch. „Danke.“ Er sah sich um. „Sie wohnen sehr angenehm.“
    Böttiger nickte. „Vielleicht haben Sie beim Einfahren in diese Straße das große, vorgelagerte Gebäude mit dem zweiseitigen Treppenaufgang bemerkt?“
    Lewis schüttelte den Kopf, sparte sich aber weitere Erklärungen. Er wollte nicht als unaufmerksam oder uninteressiert gelten.
    Böttiger fuhr nicht ohne Stolz fort: „Das ist das Gymnasium, dem ich seit dem vergangenen Jahr als Direktor vorstehe. Der Herr Herder hat mich damals vermittelt, und ich stehe noch heute in gutem Kontakt mit ihm.“ Er überlegte kurz, während er sich von Eleonore nachschenken ließ.
    Karlchen streifte indes in gebührendem Abstand und mit unstetem Blick um den sitzenden Lewis herum. Lewis tat, als bemerke er dies nicht, um mögliche Konsequenzen zu vermeiden.
    Böttiger setzte das Glas wieder ab. „Ich denke, man könnte einen der jüngeren Lehrer dafür gewinnen, Ihnen einige unterstützende Lektionen in der deutschen Sprache zu geben. Neben Ihrem eigenen Bemühen und fleißiger Anwendung des Gelernten im angeregten Gespräch dürfte dies rasch zum Erfolg führen.“ Böttiger nickte emsig.
    Lewis dachte nicht lange nach. „Eine großzügige Idee, Herr Böttiger! Ich danke Ihnen für das Angebot.“ Böttiger nickte ungestümer und hob zur Bekräftigung das Glas. Es war leer. Eine kurze Geste in Richtung seiner Frau erbrachte nur ein ablehnendes Kopfschütteln. Trotz dieser Ernüchterung behielt er seinen enthusiastischen Tonfall bei.
    „Sie müssen wissen, dass ich mich sehr darüber freue, dass Sie unsere Sprache erlernen wollen. Unter Ihren englischen Landsleuten gibt es nur einige wenige Gelehrte und natürlich die Angehörigen der Kaufmannszunft, die sich um die deutsche Zunge bemühen, und Sie als begeisterter Leser, wie mir scheint, ...“ – er vollführte eine vage Geste dorthin, wo er Lewis ’ Gepäck untergebracht hatte – „... sind der schönen Literatur nicht abgeneigt. Ich für meinen Teil, wenn ich auch vornehmlich an der Archäologie interessiert bin, ...“
    Böttiger gab Lewis Gelegenheit, die gerahmten Stiche an der Wand in Augenschein zu nehmen, und dieser stellte fest, dass es sich tatsächlich ausschließlich um Motive mit Überbleibseln der Antike handelte.
    „... verfolge doch auch aufmerksam die neuere Literatur im In- und Ausland, und mir ist nicht entgangen, dass sich ein leichtes Missverhältnis gebildet hat, was den Austausch unserer beiden Kulturen angeht.“ Böttiger hob den Finger, und Lewis wurde erneut daran erinnert, dass hier ein Lehrer zu ihm sprach. Er hob leicht das Kinn und ließ seine Züge einen Ausdruck von Spannung annehmen. Böttiger sah dies mit Genugtuung und fuhr fort.
    „Es verhält

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