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Der Mörder aus dem Schauerwald

Der Mörder aus dem Schauerwald

Titel: Der Mörder aus dem Schauerwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Tim ins Fenster. Nanu!
    Der blutleere Typ arbeitete weiter.
    Glück gehabt! dachte Tim. Er hat mich
nicht gesehen.
    Doch in diesem Moment schwenkten Jokels
Augen abermals nach links.
    Tim prallte gegen Karl.
    „Was ist denn?“ fragte der.
    „Er hat wieder zum Fenster geäugt, aus
den Augenwinkeln, geradezu tückisch.“
    „Und dich gesehen?“
    „Weiß ich nicht.“
    Tim spähte.
    Jokel hantierte, blickte scharf und
feurig nach links, wo sich zufällig das Fenster befand, richtete seine Glotzer
wieder nach vorn und nahm das Selbstgespräch, das er für einen Moment
unterbrochen hatte, wieder auf.
    „Ja“, krächzte er, „ich bin einen
Schritt weiter. Mein AGmwA — mein Atemgift mit weltumspannender Ausbreitung
steht vor der Vollendung. Nur noch 99 Versuche — und ich, Norbert Jokel, werde
es in unsere Lufthülle einleiten — in die schon so löcherige Lufthülle, die
täglich löcheriger wird — wie die Gehirne der Menschen, der verfluchten
Nichtwissen“
    Er schoß einen Links-Blick zum Fenster.
    Tim tauchte hinter die Mauer.
    „Mit wem redet er?“ fragte Karl.
    „Mit sich selbst.“
    Karl bohrte mit einem Finger an der
Schläfe. „Falsch verschraubt?“
    „Ich glaube“, flüsterte Tim, „bei dem
sind sämtliche Schrauben locker.
    „Hähähäh“, freute sich Klößchen
gedämpft. „Aber Chemie hat er studiert, ja? Das zeigt mal wieder — so ein
Studium beweist gar nichts. Sieht man ja an einigen von unseren Paukern. Der
Irrsinn kann jeden befallen.“
    Tim blickte ins Fenster.
    Bei Jokel waren gerade sieben Sekunden
verstrichen.
    Zwar goß er eben eine brodelnde
Flüssigkeit aus einem Glaszylinder — in einen Stehkolben — dennoch verschoß er,
scharf und feurig, seinen gewohnheitsmäßigen Links-Blick.
    Neckt der mich? überlegte Tim.
    Viermal sieben Sekunden später hatte er
begriffen.
    Jokel sah gar nicht zum Fenster.
    Es war ein Schaltfehler — vermutlich im
Gehirn — der den Blick verursachte.
    „Die Welt verdient es nicht“, sagte
Jokel zu einem gläsernen Erlenmeyerkolben, „daß sie fortbesteht. Nein! Nein und
nein!“ Der Ton wurde weinerlich. „Sie muß vernichtet werden. Und ich bin der
Vernichter. Das Universum wird mir dankbar sein, daß ich diese Pestbeule
wegschneide.“
    Es war Zeit für den Links-Blick.
    Dann nahm Jokel den Deckel von einem
Tontiegel und schnüffelte am Inhalt.
    Links-Blick zum Fenster.
    „Auch Zeros Wut-Droge“, sprach der
Chemiker weiter, „habe ich verbessert. Kein orange-farbener Schaum mehr im
Maul. Ist das nicht ein Fortschritt!“
    Links-Blick.
    Tim ließ sich bereits Zeit mit dem
Wegtauchen.
    „Habt ihr’s gehört?“ fragte er hinter
sich.
    „Zeros Wut-Droge“, nickte Karl. „Deshalb
ist aus dem lammfrommen Hinkslein-Hund eine Bestie geworden. Jokel manipuliert
( verfälscht ) den Charakter. Armes Tier.“
    „Weshalb bedauerst du die Bestie?“
fragte Klößchen.
    „Weil sie getötet werden muß. Oder
meinst du, ein Tierheim nimmt Zero als Fundhund in Pension, wenn dieser
verrückte Chemiker hier in die Klapsmühle geht.“
    Tim nickte. „Er hat den Hund auf dem
Gewissen.“
    Diesmal zog sich der TKKG-Häuptling
hinter die Mauer zurück, bevor Jokel nach links blickte.
    Tim hatte sich auf den Rhythmus
eingestellt — fragte sich allerdings, wieso der Typ nicht schwindelig wurde.
    „Wir haben schon erfahren, was wir
wissen wollten“, sagte Tim. „Jokel ist plemplem. Ein gemeingefährlicher
Quacksalber wie der muß aus dem Verkehr gezogen werden — sofort. Wir sagen
Herrn Glockner Bescheid und...“
    Beim „und“ wandte sich Tim seinen
Freunden zu.
    Dabei sah er zwangsläufig zum
rückseitigen Zaun.
    Was Tim sah, ließ sein Blut erstarren.
    Etwa dort, wo Klößchen die Latte
abgebrochen hatte, richtete sich — dunkel und mächtig — der Mastiff auf.
    Er stemmte die Pfoten auf den Zaun und
blickte her — zu den Jungs.
    „Leute“, sagte Tim durch die Zähne, „uns
bleiben drei, höchstens vier Sekunden. Wir sprinten zum Schuppen. Rein und Tür
zu! Das ist unsere einzige Rettung. Dreht euch vorsichtig um. Der Mastiff ist
am Zaun.“
    Karl und Klößchen bewegten sich wie in
Zeitlupe.
    „Oh“, meinte Karl.
    Es klang zittrig.
    Klößchen begann mit den Zähnen zu
klappern.
    „Jetzt!“ sagte Tim. „Los!“
    Er war der Schnellste, aber er lief als
letzter.
    Klößchen sauste voran — schnell wie
nie.
    Karl stolperte und wäre ausgeglitten.
    Tim packte ihn am Arm.
    Karl wurde hochgerissen und hechtete zu
der

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