Der Mörder mit der Spritze
Country Club .«
Holloways Stirnrunzeln wurde
tiefer, und er schaute mich an um zu sehen, wie ich auf seine Tochter
reagierte.
Meine Reaktion war in Ordnung,
ein breites, dankbares Lächeln, weil ich glücklich war, von Holloways
langweiliger Konversation erlöst zu sein. Ronda Holloway war so groß wie ihre
Mutter, aber nicht so mager. Um ihre runden Hüften lag eng ein bunt gemusterter
Minirock, der feste, kräftige Schenkel freiließ, die sich zu schlanken Fesseln
und kleinen Füßen in grellgrünen Sandalen mit Plateauabsätzen verjüngten. Ihr
Gesicht war auf eine erfrischende Art amerikanisch — runde Stupsnase, kleiner Mund mit geschwungenen Lippen, kleine, olivenförmige Augen,
die lustig funkelten. Ihre Brüste waren klein, drängten sich aber auf eine
Weise gegen den dünnen Stoff der lindgrünen Bluse, die mich an köstliche
Früchte denken ließ, reif aber noch nicht matschig. Ich schätzte sie auf
ungefähr zwanzig, und sie hatte die fröhliche Frechheit, die ich an einem
Mädchen mag.
»Ich habe Ihre Mutter und Ihren
Vater unten auf der Polizeiwache kennengelernt«, sagte ich beiläufig.
»Ehrlich? Haben sie dich gegen
Kaution entlassen, Papi ?«
»Ronda !« platzte Holloway heraus. »Wir waren dort, um Charles herauszuholen .«
»Aber sicher, Papi. Ich habe ja
auch nur einen Witz gemacht .« Sie lächelte schelmisch.
»Nimm dich doch nicht so ernst .«
»Charles müßte jetzt bald
anrufen«, sagte Mrs. Holloway rasch dazwischen. »Ich
habe ihn gebeten, zum Essen nach Hause zu kommen. Ich glaube, ich muß jetzt
anfangen, alles vorzubereiten .«
»Aber sicher, und ich muß
zurück ins Hotel«, sagte ich. Ich hatte den Wink verstanden.
»Dann bringe ich Sie hin«, bot
Ronda sofort an. »Ich habe draußen keinen fremden Wagen stehen sehen, das heißt
also, daß Sie ohne Räder sind, Mr. Roberts .«
Ich nickte. »Vielen Dank für
das Angebot.«
»Gut, aber beeile dich,
Liebling«, sagte Mrs. Holloway sanft. »Es wäre nett,
wenn du mir in der Küche helfen könntest .«
»Sicher, Mutter, aber ich werde
nichts essen. Ich habe in der Stadt etwas heruntergeschlungen und wirklich
keinen Hunger mehr .«
»Oh, Ronda...«
»Auf Wiedersehen, Mr.
Holloway«, sagte ich und streckte die Hand aus. »Ich bin sicher, daß alles
glatt gehen wird, aber rufen Sie mich auf jeden Fall an, wenn es Probleme geben
sollte. Ich wohne im Ambassador Hotel .«
»Vielen Dank, Mr. Roberts«,
murmelte er abwesend. Mir fiel auf, daß es ihn Anstrengung kostete, den Blick
von seiner Tochter zu wenden.
Ich sagte Richard und seiner
Mutter ein paar Höflichkeiten und ging dann mit Ronda zur Tür. Als wir
hinaustraten, merkte ich, daß Holloway seine Tochter immer noch intensiv
anschaute.
»Im Ambassador , haben Sie gesagt, Mr. Roberts? Gut, ich werde es mir merken .« Er lächelte sein breites Alter-Cecil-Lächeln. Das Lächeln war für mich
bestimmt, aber ich bezweifelte nicht, daß die Warnung seiner Tochter galt.
»Papi macht sich solche
Gedanken um meine Unberührtheit«, kicherte Ronda, als wir in ihrem grellgrünen
MG die Einfahrt hinunterschossen. »Er weiß nicht, daß ich sie schon in der High
School losgeworden bin. Der würde ausflippen; es wäre schlimmer für ihn, als
wenn Richard sich als Rauschgiftsüchtiger entpuppen würde oder wenn Mutter eine
heimliche Affäre mit unserem Nachbarn hätte — was übrigens stimmt, wie ich
annehme .«
Ich schaute sie von der Seite
an, um festzustellen, ob sie das ernst meinte oder nicht, ließ mich überzeugen,
klammerte mich dann verzweifelt an den Haltegriff, als sie mit quietschenden
Reifen um die erste Kurve bog.
»Ihre Eltern scheinen sich
große Sorgen um die Drogengeschichte zu machen«, murmelte ich und hoffte, daß
eine kleine Unterhaltung mich von dem irrsinnigen Tempo ablenken würde, das sie
vorlegte.
»Es ist wegen Charlie. Er hängt
jetzt seit fünf Jahren in dieser Szene herum und läßt sich von keinem etwas
sagen. Ich habe nichts gegen ihn, aber er ist jetzt ein stadtbekannter Hippie,
und das ist nicht so gut. Soviel ich weiß, steht er nicht auf das harte Zeug.
Also nehme ich an, daß er in seinem Traumland ganz glücklich ist, warum auch
nicht? Ich meine, sein Traum ist bestimmt besser als der meiner Eltern .«
»Ich habe noch nie LSD
probiert, aber ich glaube, daß Sie recht haben«, stimmte ich zu. »Was ist mit
Richard? Ist er wirklich der brave Junge, der er zu sein scheint ?«
»Armer Richard«, sagte sie. »Er
hat nur Angst vor Vater, das ist
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