Der Mörder mit der Spritze
gingen hinaus. Ich sprang in den Fond des
Lincoln und streckte die Beine aus. Eigentlich ganz angenehm, dachte ich.
Morgen oder übermorgen würde ich wieder in der Tretmühle von Roberts, Roberts
& Grimstead stecken. Ein paar Drinks, ein
bißchen anspruchslose Konversation, dann früh ins Bett, das war eine ganz gute
Idee. Zumindest in diesem Augenblick. Die bösen vibes , die in der Luft hingen, hatte ich vorübergehend vergessen.
Die Villa der Holloways lag am
Hang. Der Wohntrakt war von Kiefern und Eukalyptusbäumen umgeben, und vom
Eingang aus konnte man zwischen den Baumwipfeln den Pazifik sehen. Die
Eingangstür führte direkt in den Wohnbereich. Ein junger Mann saß in einem
Schalensessel und las ein Buch. Als wir hineinkamen, sprang er auf. »Dies ist
Richard, mein anderer Sohn«, sagte Cecil jovial und schlug dem Jungen auf die
Schulter.
Ich schüttelte ihm die Hand — er
war ungefähr achtzehn — und suchte mir dann auf Holloways Aufforderung hin
einen Sitzplatz. Die Möbel waren aus Kunststoff, orange und weiß, sehr modern,
hübsch anzusehen, aber unbequem. So war der ganze Raum — mehr zum Bewundern als
zum Bewohnen.
Holloway mixte uns Drinks,
einschließlich Richard, und gab sie aus. Als er seinem Sohn das Glas Gin Tonic
gab, zwinkerte er mir zu.
Der Junge wandte sich mit
steinernem Gesicht ab und setzte sich steif mir gegenüber in einen Sessel. Er
hatte dunkles Haar, ungefähr im Ton des dünnen Haarkranzes, der seines Vaters
kahlen Schädel umrahmte. Er war nicht ganz so groß wie sein Vater, aber viel
dünner. Er trug Anzug und Krawatte, alles sauber und gebügelt, aber irgend etwas an ihm gefiel mir
nicht. Er strahlte schlechte vibes aus.
Holloway Senior setzte sich in
den Sessel neben meinem. Ich schätzte ihn auf Fünfzig und sah in ihm das
vollkommene Beispiel, wie Geld und die Jahre einen ursprünglich starken und
gesunden Mann ruinieren können. Was im Lauf der Zeit nicht schlaff geworden
war, hatte das gute Leben aufgeschwemmt. Seine Frau setzte sich zwischen ihrem
Mann und ihrem Sohn in eine Plastikschale.
»Tja...« seufzte Holloway, »so
ist das Leben, was ?« Und er strahlte. »Aber ich kann
sagen, daß nicht alle meine Kinder mir Sorgen machen, Mr. Roberts. Keinesfalls.
Richard hier ist der Stolz der Familie. Hat gerade sein erstes Jahr im College
hinter sich gebracht. In Berkeley. Hat sich auch gut gehalten — obwohl ich ihm
gesagt habe, daß er noch besser werden muß, wenn er sich behaupten will .«
Ich nickte etwas
uninteressiert. »Die Haltung zählt«, sagte ich automatisch.
»Genau !« rief Holloway aus. »Und eben das fehlt diesen drogensüchtigen Lumpen — mein
eigener Sohn mit eingeschlossen, wie ich zu meiner Schande gestehen muß. Sie
glauben einfach, alle Leistungen, die die Gesellschaft erbringt, ohne
Gegenleistung konsumieren zu können wie die Bonbons bei einer Geburtstagsfeier .«
»Du solltest nicht so oft von
Drogen reden«, bemerkte Mrs. Holloway gereizt. »Das
beunruhigt mich so .«
»Aber bitte, das sind die
harten Tatsachen des Lebens, Rhoda«, sagte ihr Mann ungeduldig. »Gott sei Dank
hat der Wahnsinn des Rauschgiftes nur eines unserer Kinder gepackt. Ich kann
Ihnen sagen, es ist ganz schlimm hier mit dem Rauschgift. Die halbe High School
läuft unter Drogeneinfluß herum. Aber gottlob hat
sich unser Sohn Richard von diesen Dingen ferngehalten. Und Ronda auch — das
ist unsere Tochter !«
»So schlimm ist es nicht, Papa«,
sagte Richard.
»Na, dann möchte ich doch gern
wissen, was schlimm ist !« explodierte Holloway. »Hör
mal zu, mein Sohn, du weißt nicht, worum es geht — und du kannst wirklich
dankbar sein, daß das so ist .«
Richard holte tief Luft und sah
aus, als wollte er widersprechen, als ein Schlüssel in das Schloß der
Eingangstür gesteckt wurde und die Tür sich öffnete.
»Ronda, Liebling«, sagte ihre
Mutter glücklich, »hast du das richtige Kleid gefunden ?«
»Ja, Mutter.« Sie kam in den
Raum, warf eine Einkaufstüte auf einen Sessel, blieb dann plötzlich stehen, als
sie mich entdeckt hatte. Sie neigte den Kopf und lächelte. »Und wer sind Sie ?« fragte sie verschmitzt.
»Ronda«, fuhr Holloway
dazwischen. »Man wartet, bis man vorgestellt wird .«
Sie sah ihren Vater offen und
unbewegt an. »Ja?«
»Das ist Mr. Randall Roberts,
Liebes«, warf ihre Mutter rasch ein, während Holloway noch die Stirn runzelte.
»Hallo, Mr. Roberts«, sagte sie
fröhlich. »Wo kommen Sie denn her — bestimmt nicht aus dem
Weitere Kostenlose Bücher