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Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition)

Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition)

Titel: Der Mörder ohne Eigenschaften: Ein Fall für Enzo Mackay (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter May
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in die Kiste, als dass du dir Sorgen um ihr Wohlergehen machst.»
    Der Konter saß. Vielleicht, weil mehr als nur ein Körnchen Wahrheit daran war. Simons Augen funkelten wütend. «Du hast sie einfach zurückgelassen.»
    «Ich hatte keine Wahl.»
    «Natürlich hattest du die! Du bist gegangen, nicht Kirsty. Sie hat das nicht gewollt. Und was hat sie jetzt von der Versöhnung? Du jagst diesen Kerl. Und bringst sie in noch größere Gefahr. Aber das ist dir scheißegal, stimmt’s?»
    «Natürlich nicht! Du lieber Himmel, Sy! Wenn ich diesen Kerl nicht aufhalte, wer dann? Und glaubst du allen Ernstes, jetzt, wo ich weiß, dass er nicht nur hinter mir her ist, würde ich nicht alles daransetzen, die Menschen, die ich liebe, zu beschützen?»
    «Und wie? Verrätst du mir vielleicht mal, wie du das anstellen willst, Magpie? Sie auf den Mars schicken? Mach dir doch nichts vor. Du hast keine Ahnung, mit wem du es zu tun hast, du weißt nicht das Geringste über den Kerl. Er dagegen weiß alles über dich. Er könnte in diesem Café sitzen, und du hättest keine Ahnung.»
    Unwillkürlich wanderte Enzos Blick aus der Nische zu den Gästen, die an den anderen Tischen rauchten und tranken. Simon hatte recht. Abgesehen von den Stammgästen, die er kannte, waren ihm diese Leute alle völlig fremd. Ein junger Mann hatte La Dépêche vor sich aufgeschlagen und nippte an einem dampfend heißen Kaffee. Er sah kurz auf und wandte sich verlegen wieder seiner Zeitung zu, als er Enzos Blick auf sich gerichtet sah. An der Bar war ein Mann in mittlerem Alter in ein angeregtes Gespräch mit dem Besitzer vertieft. Er war dunkelhäutig, muskulös und hatte eine verblasste Tätowierung am rechten Unterarm. Enzo hatte ihn noch nie gesehen. Er zwang sich, Simons kritischen Blick zu erwidern. «Niemandem wird etwas passieren, weder Kirsty, Sophie noch sonst wem. Nur über meine Leiche.» Doch noch während er die Worte sprach, war ihm klar, wie hohl sie klangen. Und Simons Miene ließ keinen Zweifel daran, dass er es genauso sah. Wie konnte Enzo seine Kinder vor einem unsichtbaren Feind beschützen?
    Simon beugte sich ein wenig zu ihm vor und senkte die Stimme. «Nur dass das zwischen uns klar ist, Enzo … Wenn dem Mädchen irgendwas zustößt, dann …»
    «Dann was?»
    Simon verkniff sich die Antwort. Er stand einfach auf, ohne seinen Brandy auch nur anzurühren, und schlängelte sich zwischen den Tischen hindurch zur Tür, vor der die Sonne schräg aufs Kopfsteinpflaster fiel.
    * * *
    Enzo hatte Raffin ganz vergessen. Der Journalist hatte ihn nicht in der Zelle besucht, doch Enzo erinnerte sich, seine Tasche in Kirstys Zimmer gesehen zu haben, als Commissaire Taillard ihn zur Wohnung eskortiert hatte, wo er nach dem Brief des Arztes suchen sollte. Seine Freude, ihn wiederzusehen, hielt sich in Grenzen. Und ihm blieb keine Zeit, sich zu fragen, wieso eigentlich nicht auch Simon Kirstys Beziehung zu Raffin missbilligte, denn kaum betrat er die Wohnung, wurde er von den Mädchen bestürmt. Sie wechselten sich darin ab, ihn zu umarmen und zu küssen, machten ein Riesentheater um ihn. Enzo sah, wie Raffin ihn mit einem etwas verächtlichen Lächeln beobachtete. Der alte Weise im Kreis seiner glühenden Verehrerinnen.
    Enzo war überrascht, auch Nicole zu sehen. «Wo sind Sie untergekommen?», fragte er.
    «Sie schläft bei mir.» Etwas in Sophies Ton verriet, dass sie darüber nicht besonders glücklich war. «Wo ist Onkel Sy?»
    Enzo drehte sich zum Wohnzimmer um. «Er musste nach England zurück.»
    Bertrand stand vom Tisch auf, wo er über Papieren und Katalogen brütete. Er begrüßte Enzo mit einem kräftigen Handschlag. «Gut, Sie wieder unter den Lebenden zu sehen, Monsieur Mackay.»
    Enzo deutete mit dem Kopf auf die Papiere, die über den Tisch verstreut lagen. «Worum geht’s da?»
    «Ich versuche nur, auszurechnen, wie viel ich mir von der Bank für die neue Ausstattung leihen muss.»
    «Und? Wie viel?»
    «Eine Menge. Ich glaube nicht, dass ich mir meinen Wunschzettel leisten kann, also versuche ich zu streichen.»
    Enzo ging hinüber zum Schreibtisch und kehrte mit seinem Scheckbuch zurück. Er setzte sich Bertrand gegenüber und streckte die Hand nach den beiden Schätzungen aus. «Lassen Sie mal sehen.» Er überflog die Listen, die Bertrand ihm gegeben hatte, dann schlug er sein Scheckbuch auf und schrieb.
    Bertrand sah ihm verblüfft zu. «Was machen Sie da?»
    Enzo riss den Scheck, den er ausgestellt hatte, heraus und reichte

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