Der Moloch: Roman (German Edition)
Archange fort: » In tausend Jahren kann man viele Dinge tun, auf die man nicht stolz ist. Ich glaube, diese Bürde belastete ihn schwer. Er hatte schon zu lange gelebt. Aber ich glaube nicht, dass er es vorher geplant hatte. Ich vermute eher, es war ein plötzlicher Impuls. Eine spontane Eingebung in der Hitze des Gefechts.«
Die Fenster der Kutsche verdunkelten sich, als zwei feindliche Soldaten zu Hayden aufschlossen. Einer sprach leise mit ihm, während der andere ihm einen Lederbecher reichte. Er erteilte leise Befehle, dann spülte er den Mund aus und spuckte auf den Boden.
» Das ändert nichts, Archange«, bekräftigte er. » Unser Pakt bleibt bestehen. Ich werde morgen den Befehl an meine Truppen geben abzuziehen.«
» Morgen?«, wiederholte sie. » Ihr habt die Stadt binnen Stunden eingenommen. Ihr werdet sie ebenso rasch wieder verlassen.«
» Ich bin nicht darauf erpicht, in diesem Schlachthaus zu verweilen, das kannst du mir glauben. Aber wir haben eine weite Reise vor uns, und wir müssen an die Verwundeten denken.«
» Darüber haben wir bereits gesprochen. Wir werden uns um eure Verwundeten kümmern, wenn ihr Ärzte hierlasst, damit sie sich eurer und unserer Verwundeter annehmen.«
» Ich vertraue deinem Wort, Lady. Aber deinen Armeen kann ich nicht vertrauen.«
» Und doch musst du es tun. So wie auch ich den deinen vertrauen muss. Man erzählt mir von Raub und Plünderungen«, erklärte sie.
» Und diese Männer wurden hingerichtet. Es waren ausnahmslos Söldner. Vor uns liegt ein Heiliger Krieg. Wir werden ihn so beginnen, wie wir es für richtig halten – ehrenvoll und gerecht.«
Archange seufzte und schaute zu den beiden Jugendlichen. Der Reiter blickte zu Emly und Elija, als sähe er sie zum ersten Mal. » Wer sind die beiden?«
» Es sind junge Verwandte, die ich in Sicherheit bringen will. Dann treffe ich Marcus.«
» Man hat mir das Kommando über seine Armee zugesichert.«
» Und du wirst es bekommen.« Sie setzte sich gerade hin. » Hayden, du hast unsere Stadt befreit. Die Bewohner der Cité werden euch jetzt dabei unterstützen, euer eignes Land zu befreien. Mein Wort darauf. Aber da Araeon, Marcellus und Rafael tot sind, habe ich eine Menge zu erledigen. Es wird einige Zeit dauern, bis meine Vertrauten ihre Aufgaben übernehmen können. Wir werden uns wie vereinbart bei Sonnenaufgang treffen. Ich werde Marcus mitbringen.« Sie lehnte sich zurück und strich ihr Gewand glatt. » Und seine Armee.«
» Wer wird dein Erster Rat?«
» Ein Mann namens Dol Salida. Er ist ein alter Veteran wie du und zudem ein Mann mit Scharfsinn und Intelligenz. Er wird dir gefallen, und außerdem ist er jemand, mit dem man handeln kann.«
» Und Araeons Generäle? Wirst du welche von ihnen behalten?«
» Nur wenige. Jene, die Marcellus befördert hat. Die meisten anderen sind tot. Und die, die ihr Leben gerettet haben, haben dafür die Beine in die Hand genommen. Diese Narren sollte man besser vergessen. Ich habe meine eigenen Leute.« Sie warf einen Blick auf Emly, die jedes Wort förmlich aufsaugte. » Wir werden später darüber sprechen.«
Er nickte und schickte sich an zurückzureiten. Dann drehte er sich noch einmal um. » Es hat gutgetan, dich wiederzusehen, Archange.«
Sie lächelte. » Und dich auch, alter Freund«, erwiderte sie.
In der Kutsche herrschte Schweigen, und sie hörten zu, wie sich die Blauen entfernten. Emly rekapitulierte alles Gesagte. » Wer ist Marcus?«, fragte sie schließlich.
» Marcus Rae Khan ist General, und er ist einer von uns. Ein Serafim.«
Emly dachte darüber nach, was über die Generäle gesagt worden war. Dann erkundigte sie sich: » Wird Evan auch zum General ernannt?«
Archange schnaubte. » Nein, Mädchen. Einer wie er ist viel zu wertvoll für mich, um ihn so zu verschwenden.« Sie lachte verächtlich. » Du wirst merken, dass Männer viel über Ehre und Treue reden, seien sie nun Soldaten, Legionäre, Liebhaber oder Diebe. Sei auf der Hut. Wenn dir ein Mann von seiner Ehre erzählt, vergiss nicht, dass der eigennützigste Teil seines Herzens aus ihm spricht. Hat Evan Broglanh solche Worte benutzt, um dich in sein Bett zu locken?«
Emly senkte ihren Kopf ein wenig und dachte nach, bevor sie den Mund öffnete, um zu antworten. So hatte sie es bei Archange beobachtet. Dann fragte sie: » Heißt das, du vertraust deinem Freund Hayden nicht?«
Archange lächelte knapp. » Ich vertraue darauf, dass er tut, was in seinem ureigensten Interesse
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