Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
wir endgültig sicher, dass wir in einer ganz anderen Welt waren. Wir hatten alle sehr viel Angst und sind als Gruppe losmarschiert. Dabei haben wir versucht nicht zu sehr aufzufallen, wurden aber natürlich trotzdem begafft. Unsere Kinder bekamen Hunger und Durst und wir sind zu einem Marktstand gegangen und haben mit Händen und Füßen um Essen und Trinken gefeilscht. Das ging auch noch glatt, weil man unser Kleingeld wohl einfach deshalb schon gerne angenommen hat, weil es aus Metall war. An anderen Ständen haben wir unsere auffällige Winterkleidung gegen die ortstypische Lederkluft eingetauscht. Dann haben wir zugesehen, dass wir Land gewinnen. Wir dachten einfach, es wäre vernünftig, sich erst einmal alles genau anzusehen, bevor wir vielleicht in Schwierigkeiten geraten, weil wir Kontakt aufnehmen. An den Zwischentoren sahen wir, dass da nicht kontrolliert wurde und sind durchgeschlüpft. Wir sind weitergetrabt, durch noch ein Tor und noch ein Tor. Da waren wir, in einer Gegend, wo die Hauptstraße bald endete und wir praktisch nur noch durch einen faszinierenden aber wahnwitzig wuchernden Dschungel weitergekonnt hätten. Wir wollten wieder zurück, doch es stellte sich heraus, dass man in die andere Richtung nicht ohne einen Erlaubnisschein durfte, den wir natürlich nicht hatten. Da saßen wir in dieser heißen Hölle fest. Was soll ich sagen? Von da an ist es erst mal nur noch steil bergab gegangen. Nach weniger als fünf Minuten starb der Erste aus unserer Gruppe durch einen Schlangenbiss. Auch meine älteste Tochter hatte sich irgendwie vergiftet, wir wussten nicht einmal an welchem Tier. Wir haben dann eine Art Schutzhütte gefunden, die erst mal Sicherheit bot. Von da aus haben wir versucht, Kontakt mit verschiedenen Leuten aufzunehmen. Aber es wollte uns niemand richtig helfen und die meisten hatten einfach keine Zeit. Wir haben also diesen Rechtsanwalt Peter Sowieso vorgeschickt, um einmal mit den Torwachen zu verhandeln. Er wurde recht grob verhaftet und wir haben ihn nicht wieder zu sehen bekommen. [34] Danach haben wir die offiziellen der Stadt gemieden.“
Doktor Peer schilderte jetzt, wie sie nach und nach ihr Hab und Gut an diverse Einheimische verloren, um Nahrung und Wasser einzutauschen. Schließlich war es ihnen gelungen, genug von der Sprache aufzuschnappen, um sich bei wechselnden Dschungelbauern als unterbezahlte Aushilfskräfte anwerben zu lassen. Das Leben war sehr hart aber wenigstens wurden sie nicht an die Obrigkeit verraten oder davongejagt. Leider begannen in dieser Situation die anderen Deutschen aus der Gruppe, ihre Arbeitgeber und deren Nachbarn zu bestehlen. Die Familie Peer hatte versucht sie davon abzuhalten, scheiterte jedoch. Diese Anderen wollten nicht einsehen, dass ihnen ein Leben im Elend beschert sein sollte und die winzigen Schrittchen, die längerfristig eine Besserung der Lage bedeutet hätten, schienen ihnen nichtig. Das Ganze ging für die Familie Peer schief, als die Übeltäter erwischt und kurzerhand sämtliche illegalen Fremdarbeiter fortgejagt wurden.
Auf der folgenden Flucht durch weite Teile der Stadt verloren die Peers ein weiteres Kind, weil es von einer riesigen Würgeschlange verschlungen wurde. Es gelang ihnen eine ganze Weile nicht, ihre wütenden Verfolger abzuschütteln, und so verbrauchten sie ihre letzten Reserven. Sie waren selbst gezwungen zu stehlen, um zu überleben. Dadurch waren sie in den endlosen Dschungeln der Außenbezirke nirgends mehr lange genug geduldet, um eine neue Arbeit zu finden. Sie flüchteten von öffentlicher Gästehütte zu Gästehütte und klauten sich zusammen, was sie zum Leben brauchten. Trotzdem wären sie wohl bald verhungert und verdurstet.
„Dann bin ich heute Morgen verhaftet worden. Ich habe versucht, einen großen Braten von einem unbewacht scheinenden Grill zu stehlen. Die Bewohner dort müssen schon vorher misstrauisch gewesen sein. Kein Wunder. Wir sahen ja mittlerweile auch aus wie zerlumpte Bettler und Diebe. Jedenfalls haben mir da vier Männer mit Waffen aufgelauert und ich habe mich nur lang genug gewehrt, bis ich sicher war, dass meine Familie flüchten konnte. Dann habe ich mich mitnehmen lassen. Hier bin ich nun. Was wird jetzt mit meiner Familie werden? Und was wird man mir antun?“, wollte Franz Peer verständlicherweise wissen.
„Ich weiß es nicht genau“, musste Konstantin eingestehen. „Auf jeden Fall wird man versuchen, deine Familie zu finden. Dann bekommt ihr aus öffentlichen
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