Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
sind. Vielleicht halten Sie manche dieser Vorstellungen für kitschig oder sind der Ansicht, dass die armen Soldaten von Anfang an ganz schrecklich missverstanden wurden und eigentlich nur das ein oder andere Menschenrecht verteidigen wollten (und natürlich nur auf die Bösen geschossen hätten). Oder sie meinen, dass das eben ganz und gar nicht so ist, und neiden ihnen sogar das friedliche Überleben auf dem grünen Mond. Bitteschön, wie auch immer Sie wollen. Wer sagt denn, dass es auf dem Mond genug Luft oder genug Drogen für eine Hippiekommune gibt?
Eines sollten uns diese Beispiele lehren: Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Dschungel, als wir wissen. Wenn sich einige Ausgewählte davon zu einer Geschichte zusammenfügen, sollten wir uns darüber nicht wundern.
Phänomene
„Auf ein Wort Tarz Reev?“
„Gerne, sehr verehrter Tarz Maran. Sind Sie mit Ihren Fallstudien weitergekommen?“
Tarz Maran rieb sich nervös die breite Nase. Dann ließ er seine Finger zwischen den schmalen Augen hinauf zur Stirn gleiten, wo sie auf seinen ausdrucksvollen Mund trafen und an den wohlgepflegten nadelspitzen Eckzähnen zupften, die nach unten und oben daraus hervorragten. [35] Die Entscheidung, den Rat des Exzentrikers Tarz Reev einzuholen, war ihm nicht leichtgefallen. Schweigend gingen die Beiden in den nächsten Besprechungsraum und setzten sich gegenüber auf die bereitstehenden Steinbänke. Eine Unterhaltung auf dem Flur zu führen, wäre ausgesprochen unhöflich gewesen.
„Nun, wie kann ich Ihnen helfen, Tarz Maran?“, nahm Reev das Gespräch wieder auf. „Ich hoffe doch nicht, dass Sie mich in eine dieser unsäglichen Debatten über einen möglichen Angriff der Inselallianz verwickeln wollen. Ich mache mir natürlich so meine Gedanken darüber, aber an ihrer Ansicht zu dem Thema bin ich nicht interessiert.“
„Wir haben neue quantitative Daten gesammelt, aber wir verstehen sie nicht“, gab der Angesprochene zu, statt auf die politischen Anspielungen einzugehen. „Die Phänomene treten nicht mehr dort auf, wo sie zu erwarten sind. Sie nehmen stärker zu, als wir es bereits beobachtet hatten und erreichen rekordverdächtige Intensitätswerte. Das ist aber nicht einmal mein Hauptproblem. Die Dynamik dieser Prozesse lässt sich nicht mehr ansatzweise mit den Modellen vereinbaren, die uns die Klassomatrixanalysten liefern.“
„Warum kommen Sie damit zu mir, statt sich bei der Klassomatrixanalyse zu beschweren? Sie haben doch mit diesem Institut fachlich viel häufiger zu tun als ich. Da brauchen Sie sicher nicht ausgerechnet mich als Vermittler, oder?“, wandte Reev ein.
„Es ist keinesfalls so, als hätte ich das noch nicht getan. Aber die Kollegen dort halten mich nicht hin, weil ich sie verärgert hätte. Wie wir beide wissen, fällt das dauerhafte Verstimmen von Kollegen und ganzen Fachbereichen eher in Ihr Ressort, Reev. Die Klassomatrixanalyse scheint einfach nicht in der Lage, passende Korrekturformeln anzubieten. Dreimal haben sie mich gebeten, meine Daten zu überprüfen. Normalerweise vertrauen mir die Kollegen! Entschuldigen Sie meine emotionale Reaktion“, fügte Maran, der sich in Rage geredet hatte, hinzu.
„Dann wollen Sie tatsächlich mehr von meinen so absurden, unbelegten Ideen hören? Damit kann ich natürlich auch dienen, sehr verehrter Tarz Maran. Doch zuvor sollten Sie sich kurz die Zeit nehmen, über den Tellerrand ihres Spezialbereiches hinauszublicken. Ich muss zugeben, Ihr Ansatz, die Phänomene rein quantitativ zu erfassen, ist in diesem Fall nicht ganz so unsinnig, wie ich angenommen habe. Aber machen Sie sich nebenbei meine Perspektive zu eigen: Phänomene heißen Phänomene, weil man sie sehen und beschreiben kann. Hinter dem was Sie, werter Kollege, als ´Klasse 3,2 bei den Koordinaten sowieso mit schwacher Richtungskomponente nach sowieso plus zwei´ beschreiben, steckt ein konkretes Ereignis. Die genaue Rekonstruktion ist mühsam und ich kann verstehen, dass Sie dieses Geschäft lieber Sonderlingen wie mir überlassen. Aber Sie sollten NIEMALS auch nur einen Augenblick vergessen, dass Ihre quantitative Beschreibung zwar besonders sachlich klingt, aber eigentlich den Kern der Sache verfehlt. Diese Wahrheit ist unbequem, also bin ich der Richtige, sie auszusprechen.“
„Ich bitte Sie, Kollege Tarz Reev. Es liegt mir fern, jetzt einen Disput mit Ihnen zu führen, wessen Spezialgebiet das Bessere ist …“, unterbrach Maran die provokante Rede Reevs.
„Mir
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