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Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Titel: Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hühn
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Ausgangspunkt für einen weiteren Vorstoß zurückzugelangen. Ein andermal ließ er zu, dass Verena sie in ein Waldstück führte, dessen dominierende Baumart vor Gewittern einen Saft absonderte, der zu einer gallertigen, stinkenden und leicht klebrigen Masse aufquoll, sobald er mit genügend Wasser in Berührung kam. Da Verena sich mit der Zeit vertan hatte, kam das nächste Gewitter schneller als erwartet. Bald waren sie von oben bis unten mit dem üblen Zeug bedeckt.
    Es gab aber genügend Erfolgserlebnisse und schöne Zeiten, um sie für diese Strapazen zu entschädigen. Verena machte keineswegs nur Fehler. Immer öfter gelang es ihr, einer Gefahrenquelle gezielt auszuweichen, ein paar Stunden lang perfekt die Richtung zu halten oder einen geeigneten und relativ bequemen Übergangspunkt zwischen unterer Lichtwelt und Querstammzone richtig zu erkennen. Zudem waren ihre Sinne seit Längerem so geschärft, dass sie nicht mehr ständig Gefahr lief, unerfreuliche Bekanntschaft mit der nächstbesten Giftnatter oder Land-Kegelschnecke zu machen. Besonderes Talent bescheinigte ihr Barwarin für das Überqueren von Gewässern. Egal ob mit einem improvisierten Boot, schwimmend oder watend, egal ob Fluss, Bach oder See: Verena fand immer einen hervorragenden Weg und Gefahren unter der Wasseroberfläche spürte sie mit intuitiver Sicherheit auf.
    Die Natur hatte nichts von ihrer Faszination eingebüßt, und es gab immer etwas zu entdecken. Hier ragte eine schroffe Felsnase über Hundert Meter steil bis in die lichteren Bereiche der Querstammzone hinauf. Sie bot einer solchen Vielfalt harmloser und strahlend bunter Eidechsen einen Lebensraum, dass Verena sich gar nicht daran sattsehen konnte. Dort bot sich von einem Hügel unvermittelt ein ungehinderter Ausblick in alle Richtungen und eine Landschaft voller schroffer aber eher niedriger Felsstürze erstreckte sich vor ihnen im Sonnenschein. Bei dieser Gelegenheit bekamen sie auch, erstmals auf ihrer gemeinsamen Reise, das Meer zu sehen.
    Verena war zwar in ihrem früheren Leben einmal mit ihrer Familie zu einem Strandurlaub an der Ostsee gewesen, doch im Vergleich mit der wilden Felsenküste, die sie jetzt vor sich sahen, war das nur Langeweile mit Dünen gewesen. Ihr Zielort lag am Meer und da Barwarin, wie so oft nicht exakt sagen konnte, wo eine bestimmte Stadt sich befand, beschlossen sie, ihren Weg an der Küste fortzusetzen.
     
    Es war der Weg zwischen dem Aussichtspunkt und dem Ozean, auf dem der unsterbliche Urwald unvermittelt zuschlug und den beiden unbedeutenden Sterblichen vor Augen führte, dass sie sich, Waldläuferkenntnisse hin oder her, ganz in seiner Gewalt befanden.
    Sie waren gerade erst von einer längeren Rast aufgebrochen, bei der Verena Barwarin zunächst in unbewaffneten Nahkampftechniken unterrichtet hatte. Danach hatten sie sich geliebt und sozusagen als Bestandteil des Nachspiels so lange mit Leckereien gefüttert, bis sie beide sich kugelrund und träge vorkamen. Sie hatten sich dennoch wieder auf den Weg gemacht. Verena wollte unbedingt noch bis zum Abend die malerischen Klippen am Rande des Ozeans erreichen.
    „Ich übernehme! Wir sind in Gefahr! Folge mir so rasch wie möglich“, befahl Barwarin unvermittelt und knapp. Verena kannte ihn gut genug, um seine ernste Besorgnis wahrzunehmen. Barwarin legte sofort ein mörderisch schnelles Tempo vor. Er lief nicht nur sehr, sehr schnell, sondern ging auch ungewöhnliche Risiken ein, griff sogar an Stellen, wo sich Schlangen und Skorpione verbergen konnten. In schwindelnder Höhe überquerte er Astbrücken, die sein Gewicht kaum tragen konnten. Verena war eine gute und ausdauernde Läuferin und konnte schon vor dem gemeinsamen Jahr mit dem erfahrenen Waldläufer hervorragend klettern, daher gelang es ihr, mitzuhalten. Die Hitze machte ihr allerdings immer noch mehr zu schaffen als Barwarin. Der Atem ihres Geliebten vor ihr wurde zunehmend zu einem pfeifenden Keuchen. Ihr dagegen lief permanent der Schweiß in Sturzbächen über den Körper, ohne ihr noch genug Kühlung zu verschaffen. Bald bekam sie erste Kreislaufprobleme und fürchtete, von einem Hitzeschlag dahingerafft zu werden.
    Dann wurde ihre ganze Aufmerksamkeit von einem Geräusch ausgefüllt, das mehr und mehr den Dschungel hinter ihr erfüllte und sich zu ihrem namenlosen Entsetzen zu ihren Flanken ausbreitete. Es war wie ein allgegenwärtiges Rauschen und Knacken und obgleich Verena nicht wusste, vor was sie da flohen, hatte sie doch

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