Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
auf, bevor du mir erzählst, wie schrecklich heruntergekommen hier alles ist. Das habe ich selbst gemerkt. Genau darin liegt unsere Chance, es zu bekommen! Der Verwalter wird sich darauf einlassen, es uns zu einem Spottpreis zu überlassen und auch eine Art Mietkauf akzeptieren. Damit wäre dein letzter Einwand entkräftet. Worin also sehe ich den Wert dieses Grundstücks? Was denkst du?“
„Also das Einzige, das hier noch etwas taugt, ist die hohe Außenmauer“, antwortete Lena immer noch mürrisch auf Katjas Frage.
„Richtig! Die Außenmauer und das große Gelände sind für uns erst einmal das Wichtigste! Das Außentor lässt sich reparieren oder ersetzen. Sobald das erledigt ist, haben wir unsere eigene Burg. Wenn wir Dinge aus dem Flugzeug hier rein schaffen, sind sie vor Diebstahl und Neugierde geschützt und gegen alles andere hilft eine Abdeckung. Wir können anfangs noch in Zelten nächtigen oder die zwei einigermaßen intakten Hütten nutzen, wie wir wollen. Zu Beginn werden sowieso erst mal einige von uns ständig unterwegs sein, um unsere ersten Waren vom Plateau heranzuschaffen. Da macht das kaum einen Unterschied. Der Pavillon am Eingang wird unser Basar. Morgen können wir putzen und einkaufen und übermorgen öffnen wir erstmals unsere Tore. Dann verkaufen wir Getränke und Imbisse – so was können wir alles billig erstehen und wer hier rausgewandert ist, wird gerne gut dafür bezahlen. Natürlich verkaufen wir auch Teile unserer Ausrüstung und nehmen Vorbestellungen für Sachen, von denen wir wissen, dass wir sie noch auf den Schlitten haben, an. Wenn wir einmal richtig im Geschäft sind, können wir uns alles neu aufbauen und einrichten, wie wir es wollen. Natürlich will ich schon morgen einheimische Helfer anwerben. Unsere Kunden müssen unverzüglich merken, dass wir es mit diesem Geschäft ernst meinen, sonst bleiben sie uns bald fort.“
„Verdammt Katja, ich kann so was nicht richtig nachvollziehen. Reichen dafür unsere bisherigen Mittel? Können wir wirklich so schnell ein Unternehmen aufbauen? Wieviele Helfer sollen wir anwerben? Tut mir leid, für solche Fragen bin ich total nutzlos! Dieser ganze Wirtschaftskram ist nicht meine Sache. Vielleicht siehst du in diesen Ruinen ja ein zukünftiges florierendes Geschäft. Ich kann das aber nicht! Sorry. Vielleicht ist dieser Plan doch nicht verrückt, aber als ´Vizepräsidentin´ bin ich dabei total ungeeignet, für mich sieht es nämlich immer noch abwegig aus.“
Lena stand einige Augenblicke schwitzend vor der viel ruhigeren Katja und starrte sie vorwurfsvoll an. Katja wirkte einen Moment verwirrt. Katjas Antwort überraschte ihre Freundin: „Deswegen wollte ich dich allein sprechen, Lena. Ich weiß das doch alles. Ich brauche dich in Zukunft nicht mehr direkt an meiner Seite. Die Pilchers werden mir bei diesen Angelegenheiten assistieren. Sie verstehen sich auf das Geschäftliche und können sich durchaus nützlich machen, auch ohne körperliche Arbeit zu leisten.“
So folgerichtig Katjas ´Personalentscheidung´ auch war: Lena fühlte sich spontan verraten und weggestoßen. „So ist das also“, konstatierte sie mit Tränen in den Augen.
Was soll ich schon dagegen sagen? Ich bin in die Falle getappt und habe halb selbst gekündigt. Warum habe ich auch geglaubt, dass sich Katja als Firmenchefin irgendwelche Menschlichkeit bewahren würde …?
Katja erkannte augenblicklich, was sie mit ihren Worten angerichtet hatte und zeigte sich entsetzt, wie kalt das für Lena geklungen haben musste. Daher nahm sie Lena sofort in die Arme und entschuldigte sich: „Es tut mir unglaublich leid! Das habe ich jetzt wirklich nicht so gemeint, wie es geklungen hat. Lena, glaub´ mir doch. Ich würde dich am liebsten gar nicht fortlassen! Aber ich brauche dich in einer eigenständigen Verantwortung. Du hast doch nicht geglaubt, ich würde dich jetzt für den Rest deiner Tage zum Putzdienst einteilen, oder?“
„Was meinst du mit ´eigener Verantwortung´?“, fragte Lena immer noch etwas steif und mit einem Rest Aggression in der Stimme.
Ihr war zwar klar, dass Katja ihre Entschuldigung aufrichtig gemeint hatte und sie ihr jetzt durch ihre Schroffheit unrecht tat. Aber Ärger und Bitterkeit ließen sich nun einmal nicht von einem Moment auf den anderen restlos abschütteln.
„Na, ich wollte dich bitten, dass du die Leitung der Expeditionen auf das Plateau übernimmst. Wäre das okay für dich? Natürlich gäbe ich dir Alf mit und …
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