Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)
Fenster, und auch wenn sie die Mantelabteilung von außen nicht sehen konnte, erkannte sie doch, dass der größte Teil des sichtbaren Rauchschadens ungefähr in dieser Richtung lag. Das Kaufhaus stand noch, und es sah nicht aus, als hätte die Feuerwehr das ganze Gebäude unter Wasser setzen müssen, damit sich das Feuer nicht ausbreitete.
»Ziemlich schlimm, was?«, fragte Wendall hinter ihr.
Sie drehte sich zu ihm um. Er arbeitete bei den Haushaltswaren. Wendall war klein, ein bisschen rundlich, hatte Locken und lächelte pausenlos. War immer fröhlich. Manchmal zu sehr. Sie hatten sich nie groß unterhalten, aber sie mochte ihn auf eine Art, wie man einen angenehmen entfernten Bekannten mochte.
»Musstest wohl kommen und es selbst sehen, was?« Er stellte sich zu ihr ans Fenster. »Ich auch.«
»Weiß man, wie es passiert ist?«, fragte sie.
»Es heißt, es sei ein Kurzschluss gewesen. Du weißt, wie alt die Leitungen hier sind. Gott sei Dank wurde niemand verletzt.«
Innerlich atmete sie erleichtert auf.
»Sie meinen, es dauere wahrscheinlich ein oder zwei Wochen, bis der Schaden repariert ist«, sagte er. »Sag mal, willst du einen Kaffee trinken gehen oder so?«
»Eigentlich habe ich gerade einen Kaffee getrunken«, antwortete sie.
»Es gibt da einen tollen kleinen Bagel-Laden gleich um die Ecke«, sagte er.
»Äh, ich hatte gerade …«
»Ich lade dich ein.«
Wendall grinste sie an. Er stand auf sie. Vielleicht. Es war nicht so leicht zu sagen, denn er war immer so freundlich, aber er war diese spezielle Marke netter Kerl, die so daran gewöhnt ist, übersehen zu werden, dass jede Frau, die seine Existenz doch bemerkte, automatisch attraktiv wurde. Oder vielleicht bildete sie sich auch nur etwas ein. Vielleicht war er nur so freundlich wie immer.
»Ja, klar.«
Sie dachte sich, es könne nicht schaden, ein bisschen Zeit mit einem normalen Menschen zu verbringen, der keine Welten verschlang, und Wendall war so normal, wie es in dieser Realität überhaupt ging.
Der »tolle kleine Bagel-Laden gleich um die Ecke« war in Wirklichkeit der »annehmbare kleine Bagel-Laden gleich um die Ecke, wo sie zwei- oder dreimal die Woche zu Mittag aß«. Aber sie fand die Vertrautheit beruhigend. Etwas wie eine Mischung aus Katze und Hase hoppelte, unbemerkt von allen anderen, unter einem der Tische herum, aber sie ignorierte es entschlossen.
Wendall übernahm den Hauptteil des Gesprächs. Er war kein Plappermaul, aber wenn einem nicht nach Reden war, machte es ihm nichts aus, die Stille selbst zu füllen. Er sprach über nichts Wichtiges. Sie nahm es ihm nicht übel, denn das meiste, was geredet wurde, war ohnehin nicht wichtig. Sie hatte selbst auch nichts Wertvolles beizutragen, abgesehen von ihrer aktuellen Einweihung in die Welt des Übernatürlichen, und das war das Letzte, worüber sie sprechen wollte. Aber sie konnte auch nicht ewig über verschiedene Variationen von »Verrücktes Wetter haben wir in letzter Zeit« und auch nicht ewig über die Arbeit reden, bevor ihre Aufmerksamkeit abdriftete.
»Also«, sagte Wendall, »was hältst du davon?«
»Hmmm.«
»Von dem Film?«, fragte er.
Sie brauchte einen Augenblick, um zu verstehen, dass er sie irgendwann im Lauf des Gesprächs um eine Verabredung gebeten hatte. Offenbar hatte sie Probleme, sich zu konzentrieren. In der Luft knisterte irgendeine merkwürdige Elektrizität.
Sie zwang sich, ihm in die Augen zu sehen. Strahlende, eifrige Augen über einem hoffnungsvollen Lächeln.
»Äh, Wendall«, begann sie, »mir geht es im Moment nicht besonders gut.«
Alle Hoffnung schwand aus seinem Gesicht, aber er erholte sich schnell.
»Ich will dich nicht abblitzen lassen«, sagte sie. »Wirklich nicht. Es ist nur ... ich mache gerade so eine irgendwie ... schwierige Sache durch.«
Sie wollte es ihm erklären, aber es war einfach zu unglaublich.
Ein rundes violettes Monster watschelte von außen am Fenster vorbei. Dann blieb es stehen, drückte das Gesicht ans Glas und suchte mit seinen drei Augen das Innere des Bagel-Ladens ab. In einer Welt voller Monster war an diesem hier etwas anders. Dieses hier machte sie nervös. Nervöser als sonst jedenfalls. Und als sein Blick an ihr hängen blieb, war sie nicht überrascht.
Das Wesen sprang durchs Fenster, dass das Glas in alle Richtungen flog. Die anderen Gäste schrien. Einige erstarrten. Andere sprangen in Panik auf. Aber das Monster wackelte mit sturer Entschlossenheit auf Diana zu. Dann machte sich
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