Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)
konnten.
Smorgaz zog eine schuldbewusste Grimasse. »Ups. Tut mir leid.«
Sie gab ihnen ein paar Dollar. »Geht in den Food Court und kauft euch eine Limo oder so. Aber benehmt euch bitte!«
»Wir bleiben in der Nähe. Pfeif einfach, wenn du uns brauchst.«
»Und denk dran«, rief sie gerade noch, bevor die beiden um die Ecke bogen. »Iss nichts, was nicht auf einer Speisekarte steht!«
Und dann waren sie weg.
Sie lehnte sich an ein Regal und sammelte sich. Wenn die Monster in ihrer Nähe waren, machten sie zwar allen möglichen Ärger, aber sie hatten ein Auge auf sie. Wenn sie weg waren, musste sie nicht darüber nachdenken, aber das hieß natürlich nicht, dass sie sich benahmen. Beide Fälle waren gleichzeitig eine Erleichterung und frustrierend.
Sie sah Wendall vorbeigehen und winkte ihm zu. Er senkte den Kopf und ging schneller.
Sie überlegte, ob sie seine Erinnerung gerade so weit verändern konnte, dass er nicht ausflippte, wenn er sie sah, schob den Gedanken aber sofort wieder von sich. Dieses magische Zeug war kein Allheilmittel. Es war nicht perfekt, und selbst wenn – sie benutzte es erst seit zwei Tagen. Sie war keine Expertin.
Wendalls vage Erinnerungen an gestern waren wichtig. In ihrer Gesellschaft lebte man gefährlich, und er war sicher besser dran, wenn er sich von ihr fernhielt.
Diana hatte in all der Zeit, die sie zusammenarbeiteten, nie groß über Wendall nachgedacht. Jetzt verkörperte er diese ultimative Normalität, die ihr in ihrem eigenen Leben verloren gegangen war. Etwas, das sie für selbstverständlich gehalten hatte, als sie es noch gehabt hatte. Und jetzt mied die Normalität sie aktiv.
Sie würde das regeln, indem sie die Seltsamkeiten ignorierte und sich auf das Gewöhnliche konzentrierte. Also ignorierte sie das schattenhafte klecksartige Wesen, das sich in der Sportabteilung die Skier ansah und auch das Schlangen-Ding, das in der Luft herumschwamm. Stattdessen dachte sie daran, Mäntel zu verkaufen.
Sie würde eine Wagenladung Mäntel verkaufen. Um zu beweisen, dass sie es konnte, und um das Abbrennen des Kaufhauses wiedergutzumachen, auch wenn das theoretisch nie passiert war. Und auch, weil sie etwas Normales tun wollte.
Eine Mutter mit zwei Kindern im Schlepptau betrat ihre Abteilung. Diana näherte sich ihr mit einem vielleicht etwas zu breiten Lächeln.
»Kann ich Ihnen helfen?«
Die Frau ließ vage erkennen, dass sie Diana bemerkt hatte wie eine Mücke, die in ihrem Ohr summte.
»Ich glaube, die Kinder brauchen neue Jacken.«
Die Jungs waren davon merklich genervt.
»Mama«, quengelte einer, »wir waren doch erst letzte Woche Jacken kaufen!«
Die Frau ignorierte sie und sah schon die Regale durch. Diana wusste, wie es lief und trat beiseite, um darauf zu warten, dass sie die Frau zu ihrer Wahl beglückwünschen konnte. Sie kaufte zwei neue Mäntel für die Kinder und zwei für sich selbst. Es war ein vielversprechender Anfang, und Diana wertete es als gutes Omen.
Kaum war die Familie gegangen, erschien ein Mann. Er schlich sich an, während sie die Kasse machte. Er war groß, mit fahler Haut und einem dicken gewachsten Schnurrbart.
»Entschuldigen Sie, junge Dame, aber mir scheint, ich brauche dringend einen neuen Mantel.«
Sie lächelte. »Hier entlang, bitte.«
Er kaufte gleich das erste Stück, das sie ihm zeigte. Er zahlte bar, dann wanderte er leicht benommen davon.
Beinahe sofort erschienen zwei weitere Kunden an seiner Stelle. Sie waren genauso erpicht zu kaufen, und Diana musste nichts weiter tun, als sie zu den Regalen zu führen. Eine Frau mit abwesendem Blick legte ihren Einkauf auf den Tresen.
»Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«, fragte Diana.
Der Blick der Frau richtete sich auf sie. »Oh ... natürlich. Ja, noch etwas.«
Sie schnappte sich wahllos einen Mantel in Reichweite und legte ihn neben ihren ursprünglichen Einkauf.
Diana beschlich der dringende Verdacht, dass die Normalität ihr schon wieder durch die Finger zu schlüpfen schien.
»Wollen Sie den wirklich?«, fragte sie.
»Ja, will ich«, sagte die Frau abgehackt, fast als wisse sie nicht, woher die Worte kamen. »Ich möchte einen Mantel kaufen.«
»Ich will auch einen Mantel«, sagte die ältere Dame in der Schlange hinter ihr.
»Mäntel sind gut«, sagten sie unisono. »Wir brauchen Mäntel.«
Wendall trat neben sie.
»Hallo«, sagte sie. »Wie geht’s?«
»Ich möchte einen Mantel kaufen«, antwortete er.
Er griff nach einem der Mäntel neben der
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