Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)
war. Smalltalk dieser Art war immer langweilig, aber alle spielten mit und gaben vor, voll und ganz in die Irrungen und Wirrungen der menschlichen Existenz integriert zu sein. Der unausgesprochene Gesellschaftsvertrag ging so: Mitfühlend hörte man sich anderer Leute Probleme an, und sie hörten einem genauso mitfühlend zu. Sie hatte zwar genug Vertrauen in die Menschheit, um zu glauben, dass es nicht immer nur vorgetäuscht war. Aber eigentlich war egal, ob man wirklich mitfühlte, solange man so tun konnte als ob.
Sie war nicht in der Lage, es vorzutäuschen. Nicht so wie früher.
Das war, sie wusste es, egoistisch von ihr. Es waren gute Menschen mit echten Problemen, die wichtig für sie waren. Vor nur ein paar Tagen hatte sie noch dieselben Probleme gehabt. Kleine Dinge wie Rechnungen bezahlen, Beziehungsprobleme und Ärger im Straßenverkehr. Sie konnte nur nichts mehr damit anfangen.
Es erschien ihr alles einfach so unbedeutend, so belanglos und trivial. Das war es immer gewesen, aber jetzt konnte sie nicht einmal mehr so tun, als wäre es anders.
Sie beneidete all die normalen Menschen in dieser Bar. Verachtete sie. Dieser innere Konflikt und ihr Bemühen, ihn zu verbergen, machten sie gereizt. Diana wusste nicht, warum sie sich überhaupt die Mühe machte. Die Leute waren offensichtlich ahnungslos. Wenn sie die Monster in ihrer Mitte nicht sehen konnten, warum sollten sie dann ihr Desinteresse bemerken?
In der Zwischenzeit machten sich Vorm und Smorgaz ganz gut. Besser als sie. Sie hatte keine Ahnung, wie das möglich war. Schließlich waren sie nicht einmal menschlich. Vielleicht war das ihr Vorteil. Diese Distanz verlieh ihnen eine objektivere Sichtweise. Statt die Menschheit für die ahnungslose Rasse von kosmischen Mikroben zu halten, die sie ja auch war, konnten Vorm und Smorgaz das Ganze einfach ohne Vorbehalte genießen.
Was auch immer die Gründe sein mochten – innerhalb einer Stunde war Diana die merkwürdige Frau, die ausgeschlossen blieb. Es war keine Absicht. Sie hatte so wenig beizutragen, dass ihr das natürliche Geben und Nehmen einer gewöhnlichen Konversation einfach entglitt. Sie saß an ihrem Ende des Tisches und gab nicht einmal vor zuzuhören.
Wendall saß am anderen Ende. Ausschließlich er schien sich, wenn auch nur vage, der Unheimlichkeit der Monster bewusst zu sein. Er drehte den Kopf und musterte Vorm und Smorgaz aus verschiedenen Blickwinkeln. Er kniff die Augen zusammen und starrte hin. Doch gerade wenn er es schaffte, sie so zu sehen, wie sie wirklich waren, war er zu feige und wandte den Blick ab.
Diana konnte er nicht einmal ansehen, ganz zu schweigen davon, ihr in die Augen zu schauen. Er ging früh. Dann gingen auch alle ihre Kollegen, einer nach dem anderen, bis sie allein am Tisch zurückblieb, nur mit zwei Monstern als Gesellschaft.
ELF
Diana hatte keine Lust, nach Hause zu gehen, also suchte sie sich eine Poolhalle und mietete einen Tisch. Sie holte drei Bier und gab Vorm und Smorgaz je eines.
»Aber trinkt langsam«, warnte sie. »Ich habe keine Gelddruck…«
Vorm hatte seines schon gegessen, mit Flasche und allem. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, sie zu öffnen.
»Ich hab den Anstoß!«, sagte Smorgaz.
Diana war nicht besonders gut in dem Spiel, aber zwei Monster schlug sie problemlos. Keiner von beiden konnte eine Kugel versenken, nicht einmal, wenn sie perfekt lag. Es schien ihnen einfach egal zu sein.
Nach der Hälfte ihres dritten Spiels ging sie zur Bar zurück, um sich noch ein Bier für sich zu holen und eines, das sich Vorm und Smorgaz teilen sollten. Eine große blonde Frau in Jeans wartete auf ihre eigene Bestellung. Die Frau nickte Diana zu. Diana nickte zurück.
»Sie sind süß«, sagte die Frau. »Deine Freunde.«
Diana warf einen Blick zu den Monstern hinüber. Sie hatte keine Ahnung, was die Frau sah, aber sie selbst sah eine pelzige grüne Fressmaschine und einen riesigen Gummi-Igel. Ja, sie waren schon irgendwie süß. Auf eine absonderliche Nicht-von-dieser-Welt-Art.
»Du hast Glück«, sagte die Frau. »Ich kenne einen Typen, der ein schleimüberzogenes Spinnending am Hals hat.«
Diana nickte. Wenn das ihre Alternative war, hatte sie tatsächlich Glück.
Die Frau nahm ihr Getränk und wollte gehen, doch Diana hielt sie zurück.
»Hey, siehst du meine Freunde so, wie sie sind?«
Die Frau lächelte. »Natürlich.«
»Und das macht dir keine Angst?«
»Warum sollte es? Glaub mir – was ich schon alles
Weitere Kostenlose Bücher