Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)
zusammengesessen und gequatscht haben.«
Diana nickte. Es war wirklich eine Weile her, seit sie einfach mit Freunden aus gewesen war. Die meisten ihrer Kollegen waren zwar nicht viel mehr als Bekannte, aber es war immer eine nette, ganz normale Sache gewesen. Sie hätte Gingers Angebot gerne angenommen, nur hatte sie jetzt zwei Monster, um die sie sich kümmern musste. Dafür sah sie keine Lösung.
»Wusstest du, dass Vickis Sohn schon fast zwei Jahre alt ist?«, fragte Ginger.
»Schon? Unglaublich, wie die Zeit vergeht!«
»Ich weiß! Tut mir leid, dass du nicht mitkommen kannst. Ich bin mir sicher, alle werden super enttäuscht sein.«
Diana dankte Ginger für die neue Bluse, ging ein paar Schritte und hielt an. Wenn sie ihre geistige Gesundheit behalten wollte, brauchte sie ein normales Leben. Oder zumindest so viele kleine Stücke eines normalen Lebens, wie sie zusammenkratzen konnte. Zeit mit gewöhnlichen Leuten zu verbringen, die Gewöhnliche-Leute-Sorgen hatten, das würde sie vielleicht wieder erden. Selbst wenn es keine langfristigen Auswirkungen hatte, versprach es doch zumindest eine Ablenkung für einen Abend.
»Ginger, ich bin dabei.«
Ginger lächelte, und obwohl Diana wusste, dass dieses Lächeln zum Teil auf ihre eigenen kosmischen Kräfte zurückzuführen war, fand sie es dennoch beruhigend.
Sie brachte ihre Schicht hinter sich, obwohl ihre Kraft nicht ganz wiederkehrte. Das Zittern hörte auf, aber das leere Gefühl konnte sie nicht abschütteln. Bis zum Abend war das Einkaufszentrum wiederhergestellt. Alle wirkten zwar noch fröhlich, aber sie überschlugen sich nicht mehr darin, sich gegenseitig Komplimente zu machen. In ein oder zwei Stunden würden sie wieder normal sein. Irgendwie schade, dass es nicht von Dauer sein konnte, aber es war nicht richtig. Wenn Weltfriede eintrat, grübelte sie auf der Fahrt zu der Bar, wo sie ihre Kollegen treffen wollte, falls es je passierte, sollte der Grund nicht so etwas Absurdes sein wie, dass jemand es sich einfach nur wünschte.
»Das ist lächerlich«, sagte Vorm.
Sie warf einen Blick auf den Beifahrersitz. Er war schon wieder in ihrem Kopf.
»Tut mir leid«, sagte er.
Sie schaltete das Radio ein, um die unzuverlässige und unaufgeforderte telepathische Kommunikation zu übertönen. Sie kam und ging, und obwohl sie gelegentlich einen Gedanken von Vorm aufschnappte, war er öfter der Empfänger in ihrer Beziehung. Das war ihr aber auch lieber, denn diese fremden Gedanken, die von ihm ausgehend bei ihr ankamen, waren absonderliche, unmenschliche Wünsche. Normalerweise ging es darum, irgendetwas zu essen. Oder einfach alles zu essen.
Sie fing auch einen oder zwei Gedanken des Unendlichen Smorgaz’ auf, aber die waren weniger abwegig. Sein dringendstes Bedürfnis war, fruchtbar zu sein und sich zu vermehren, aber das konnte man offenbar leichter unterdrücken. Genauso wie es einfacher war, sexuell enthaltsam zu sein als hungrig, dachte sie sich.
»Wenn die Menschheit darauf warten muss, dass alle zum Thema Weltfrieden mit an Bord sind«, sagte Vorm, »dann tritt er nie ein.«
»Vielleicht, aber einfach nachzuhelfen ist Betrug.«
Er grinste. »Warum?«
»Weil ich der Welt nicht einfach meine Wünsche aufzwingen kann.«
»Warum nicht? Alle anderen tun es doch auch.«
»Das glaube ich nicht.«
»Und etwas zu glauben genügt natürlich, damit es eine Tatsache wird«, sagte Vorm. »Ach, warte. Ich rede ja hier mit einem Menschen, für den das alles tatsächlich wahr ist. Also sprechen wir besser nicht weiter davon.«
Ihr war es recht, das Thema fallen zu lassen, Vorm aber nicht.
»Jede Interaktion, die du mit dem Universum hast, übt ungewollt Einfluss darauf aus. Auch schon bevor du zu mir und Smorgaz gestoßen bist.«
»Mhm.« Sie hoffte, die Unbestimmtheit ihrer Antwort werde ihm bestätigen, dass er seinen Standpunkt klargemacht hatte.
»Wenn du etwas isst, beschließt du, dass dein Überleben wichtiger ist als etwas anderes, das wahrscheinlich auch lieber existieren würde, wenn es die Wahl hätte.«
»Was ist mit Vegetariern?«, konterte Smorgaz.
»Kartoffeln und Karotten leben trotzdem. Sie besitzen vielleicht keinen eigenen Willen, aber sie existieren. Und sie hören erst auf zu existieren, wenn etwas anderes beschließt, dass sie es nicht tun sollten. Selbst wenn dieses Etwas nur Bakterien sind.«
»Bei dir geht es immer nur ums Essen!«, sagte Diana.
»Das liegt daran, dass Essen die reinste Form der Existenz ist, das
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