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Der Mondmann

Der Mondmann

Titel: Der Mondmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ihn zu erreichen.
    Dennoch war sie auf dem kurzen Stück äußerst vorsichtig. Sie ging längst nicht so locker. Manchmal schaute sie sich auch um, ob nicht irgendwelche Schatten oder gelbe Augen durch die Dunkelheit huschten, um blitzschnell bei ihr zu sein.
    Das war nicht der Fall. Sie sah die Raben nicht und hörte sie auch nicht.
    Carlotta erreichte das Gemäuer an der Seite, an der sie auch zu Boden gesunken war, und sie stellte fest, dass sie großes Glück gehabt hatte und nicht auf den Steintrümmern gelandet war, die sich nahe der Mauern verteilt hatten. Es waren die Brocken, die im Laufe der Zeit aus dem Bau herausgebrochen waren.
    Einen Eingang entdeckte das Vogelmädchen nicht, da würde sie wahrscheinlich zur anderen Seite gehen müssen.
    Carlotta blieb weiterhin vorsichtig. Sie war das gebrannte Kind, das das Feuer scheute. Das Herz schlug noch immer heftig.
    Kein Rabe mehr.
    Aber auch kein Mondmann!
    Und kein Geräusch!
    Eigentlich hatte sie damit gerechnet, wieder das Jammern oder Stöhnen zu hören, doch den Gefallen tat man ihr nicht. Im Turm blieb es stumm, und deshalb stieg auch die Hoffnung in ihr an, dass sie dort keinen Feind finden würde.
    Als sie die Vorderseite erreicht hatte, stellte sie fest, dass es hier anders aussah als an der Rückseite. Auf dem Boden lagen gewaltige Trümmerstücke, die sich aus dem Turm gelöst hatten. Manche waren meterhoch, und im Lauf der Zeit hatte die Natur es geschafft, einen grünen Pelz über sie wachsen zu lassen.
    Hinter jedem dieser Brocken konnte sich jemand Verstecken, aber Carlotta hatte Glück. Niemand hielt sie auf.
    Sie musste auch damit rechnen, dass der Eingang zum Turm verschüttet war. Zum Glück traf es nicht zu. Sie sah dieses dunkle viereckige Loch hinter einem Haufen von kleineren Steinen, zwischen denen sich Buschzweige im leichten Wind bewegten.
    Angespannt blieb das Vogelmädchen stehen. Auf eine Sekunde kam es ihm auch nicht an, deshalb beobachtete sie den Eingang für eine Weile.
    Da bewegte sich nichts. Zumindest nicht an seinem Rand. In den Turm hineinzuschauen gelang ihr nicht. Dieses Loch war von einer tiefen Dunkelheit erfüllt und breitete sich noch dahinter aus.
    Wieder bedauerte sie es, keine Taschenlampe bei sich zu haben. Auch weiterhin musste sie ohne Licht auskommen. Auf kleinen Umwegen schob sie sich näher an den Eingang heran. Auf keinen Fall wollte sie über irgendwelche Hindernisse stolpern.
    Dicht vor der Schwelle stoppte Carlotta. Sie dachte noch daran, dass man ihr anderes Aussehen erkennen würde, wenn sich tatsächlich jemand im Turm befand. Wenn aber dieser Mensch Hilfe brauchte, war ihr das einfach egal.
    Sie holte tief Atem. Ihre Blicke bohrten sich in die Dunkelheit.
    »Hallo... hallo...? Ist dort jemand?« Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.
    Zunächst geschah nichts. Carlotta sah ihre Felle schon davonschwimmen, als sie eine Reaktion erlebte.
    Zuerst ein leises Jammern, bei dem sie zusammenzuckte. Wenig später vernahm sie die Antwort, die mit sehr schwacher Stimme gegeben wurde.
    »Bitte, ich bin hier, hier im Turm. Wer immer du bist, hol mich hier heraus...«
    Genau darauf hatte Carlotta gewartet, und in diesem Moment fiel ihr ein großer Stein vom Herzen...
    ***
    Seinen Namen hatte der Mann noch sagen können, dann war er froh gewesen, einen noch heißen Kaffee zu bekommen, um sich danach in die Hände der Tierärztin zu begeben, die den Verbandskasten geholt hatte und sich daran gab, Casey Marwood zu verarzten.
    Ich hatte auf dem Vordersitz Sendepause und ließ die letzten Minuten noch mal vor meinem geistigen Auge Revue passieren.
    Wir waren nicht auf dem direkten Weg in Richtung Dundee gefahren, sondern zunächst mal quer durch das Gelände. Wie ein Spuk war der Radfahrer plötzlich im Schein des Fernlichts erschienen, und wir hatten auch gesehen, was mit ihm passierte.
    Es war zu einem hinterlistigen Angriff des Vogels gekommen, da wäre selbst der beste Radfahrer der Welt – Lance Armstrong – aus dem Sattel gekippt, denn dieser Rabe wollte dem Mann das Gesicht zerhacken.
    Alles war blitzschnell abgelaufen. Da wir mit einem recht hohen Tempo gefahren waren, hatte Maxine Mühe gehabt, rechtzeitig genug zu bremsen. Es war uns trotzdem gelungen, und wir hatten noch gesehen, wie der Rabe aus dem Lichtschein geflattert war.
    Alles Weitere hatte sich ergeben. Wir hatten den Verletzten in den Mercedes geschafft, und nach einer kurzen Untersuchung stellte sich heraus, dass er durch das Gesicht mit

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