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Der Mondmann

Der Mondmann

Titel: Der Mondmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Schnabel.
    »Was machst du da, John?«
    »Warte ab.« Meine Stimme zitterte leicht, und das hatte seinen Grund, denn im Schnabel sah ich das kleine Beutestück.
    Es war eine Feder.
    Doch nicht von seinem Gefieder, sondern von einem anderen. Der hellen Farbe nach konnte die Feder von Carlotta’s Flügeln stammen...
    ***
    Das durch die Scheibe fallende Licht der Lampe war hell genug, um auch die hinter mir sitzende Tierärztin etwas erkennen zu lassen und sie zugleich zu alarmieren.
    »John«, sagte sie mit schriller Stimme. »Das ist eine Feder, nicht wahr?«
    »Leider.«
    »Du denkst es auch?«
    »Sicher.«
    Als hätte der Vogel genug von seiner Botschaft, breitete er plötzlich seine Flügel aus, stieg in die Luft und war innerhalb weniger Augenblicke verschwunden.
    Hinter mir stöhnte Maxine auf. »Das ist der Beweis, John«, flüsterte sie danach, »verdammt, das ist er. Carlotta hat Kontakt mit den Raben gehabt.«
    »Wir können es nicht ausschließen.«
    »Ich weiß es, John!«, flüsterte Maxine und deutete auf ihre Brust: »Das Herz, das hier schlägt, sagt es mir. Ich will das Sprichwort nicht umdichten, aber Hunde sind des Hasen Tod.«
    »So sollten wir nicht denken, Max.«
    »Doch, das tue ich aber. Vögel sind keine menschlichen Angreifer. Denen kann das Mädchen nicht wegfliegen. Sie sind ebenso schnell wie Carlotta. Selbst wir haben uns in das Auto hier zurückgezogen, als es zu viele wurden, und ob Carlotta eine ähnliche Chance gehabt hat, bezweifle ich sehr.«
    »Siehst du nicht zu düster?«
    »Nein.« Sie blickte mir in die Augen. »Und du siehst es auch so, wenn du ehrlich bist.«
    »Schon. Aber Carlotta kann sich wehren.«
    Sie lachte bitter und schüttelte den Kopf. »Dann sag mir doch, weshalb der Vogel hergekommen ist und seine Beute gezeigt hat. Er wollte die Botschaft bringen, dass der Mondmann und sie die Stärkeren sind. Eine andere Erklärung sehe ich nicht.«
    »Das hört sich an, als hättest du die Hoffnung aufgegeben.«
    »Habe ich nicht, John. Ich sehe nur den Realitäten ins Auge. Mehr nicht. Und ich denke auch, dass wir wieder losfahren sollten.«
    »Nichts dagegen. Wohin?«
    Ihr Gesicht blieb unbewegt, als sie sagte: »Nach Dundee. Zu mir nach Hause. Sollte Carlotta noch in der Lage sein, zu fliegen, wird sie wissen, wohin sie gehört. Dieses Vertrauen habe ich zu ihr. Es bringt uns nicht weiter, wenn wir hier im Dunkeln herumfahren und einen Frustrationsschub nach dem anderen bekommen, weil wir nicht wissen, wo wir nach ihr suchen sollen.«
    Ich nickte. »Einverstanden, Maxine. Du kennst deinen Schützling besser.«
    »Ich möchte, dass du fährst.«
    »Kein Problem, den Weg kenne ich.«
    Bevor ich den Sitz wechselte, beugte sich Maxine über die Lehne hinweg und rückte nahe an mich heran.
    Dass ihre Lippen leicht zitterten, merkte ich schon, aber in den Augen stand keine Trauer zu lesen, sondern ein wenig Hoffnung. »Sie hat viel gelernt, John, und sie ist oft ihren Häschern entkommen. Deshalb habe ich auch jetzt die Hoffnung nicht aufgegeben.«
    »Das wusste ich.«
    Für einen längeren Augenblick blieb sie noch in ihrer Haltung. Dann nahm sie wieder ihren Platz auf dem Rücksitz ein und schnallte sich an. Und sie rückte auch Casey Marwood in eine Position, in der sie ihm den Gurt anlegen konnte.
    Im Gegensatz zu uns hatte der Mann die Hoffnung aufgegeben. Traurig schaute er ins Leere...
    ***
    Ein anderer Geruch umgab Carlotta, als sie den Turm betreten hatte. Die Frische war verschwunden, dafür erlebte sie eine klamme Kälte, die von den Steinen der Innenwände abstrahlte und sich mit dem Geruch nach altem Staub vermischte.
    »Hallo? Kannst du mich sehen?«
    »Ja.«
    »Wo bist du?«
    Ein leises Stöhnen klang auf. »Du musst noch einen Schritt vorgehen und dann nach rechts. Ich liege hier.«
    »Du liegst?«
    »Ja, auf einer alten Matratze. Es ist nicht so schlimm. Nur das Fieber, weißt du...«
    »Bitte, rede jetzt nicht. Erst wenn ich wieder bei dir bin. Oder eine Antwort noch. Bist du gefesselt?«
    »Nein.«
    »Ja, das ist gut.« Carlotta war wirklich beruhigt. In ihrer Fantasie hatte sie sich schon die schlimmsten Dinge vorgestellt, wie eben das gefesselte Opfer, das von einem riesigen drachenähnlichen Monster bewacht wurde.
    Sie fand es gut, dass man ihr den genauen Weg genannt hatte. Daran hielt sie sich. Zwar sah sie die Frau noch nicht, aber sie hörte, dass sie näher an sie herangekommen war, denn das Atemgeräusch erreichte sie jetzt lauter.
    »Bist du

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