Der Mondmann
unterschätzen waren.
Carlotta flog ihnen entgegen. Sie kümmerte sich nicht um ihre wütenden Schreie. Sie wusste wohl, dass sie Warnungen darstellen sollten, aber auch das machte ihr nichts aus.
Sie stieg höher!
Die vier Vögel blieben fast an der gleichen Stelle über dem Turm. Aber sie standen nicht in der Luft, sondern zogen dort ihre Kreise, und sie wurden enger, als wollten sie dafür sorgen, dass Carlotta der Weg in die freie Natur versperrt blieb.
Der nächste Schlag der Flügel brachte sie bis an den Rand – und sie wurde von zwei Seiten attackiert.
Plötzlich waren sie da. Aus den Vögeln wurden regelrechte Monster, die nur ein Ziel kannten. Von zwei Seiten wollten sie Carlotta’s Kopf erwischen und ihr das Gesicht zerhacken.
Im letzten Augenblick merkte sie es und reagierte genau richtig. Der Flügelschlag stieß sie in die Höhe, vorbei an den beiden Raben, die nicht ihr Gesicht erwischten, sondern den Körper. Die Schnäbel hieben zu, drangen aber nicht bis an die Haut, sodass Carlotta nicht mehr als ein Zucken spürte.
Mit einem sehr kräftigen Flügelschlag stieg sie noch höher, doch sie bekam keine Ruhe, denn die Tiere waren ebenso schnell wie sie. Wieder griffen sie zwei an, während die anderen beiden ebenfalls auf sie zuflogen. Plötzlich sah sich das Vogelmädchen von vier Raben umringt, und Carlotta wurde klar, dass sie kämpfen musste.
Dieser Gedanke lenkte sie für einen zu langen Moment ab. Ein Vogel kam dicht an sie heran. Er streifte ihren Kopf, die Schnabelspitze kratzte durch das Haar und hinterließ auf der Kopfhaut einen braunroten Streifen.
Auch ein Vogelmädchen verspürt die gleichen Schmerzen wie ein Mensch. Das erlebte Carlotta in diesem Augenblick. Nach einer Sekunde der Irritation wusste sie, was sie zu tun hatte.
Sie konnte dem Luftkampf nicht entgehen. Auch bei einer Flucht würden die Vögel sie verfolgen. Carlotta war eine Feindin, denn sie hatte etwas herausgefunden, was nicht hatte entdeckt werden sollen.
Nicht der Weg, sondern der Kopf war das Ziel. Carlotta’s Kopf, den sie schützen musste, was ihr verdammt nicht leicht fiel, denn sie flogen von allen Seiten heran.
Carlotta drehte sich in der Luft. Als einzige Waffe standen ihr die Hände zur Verfügung, und die hielt sie so hoch, dass die Raben nicht so leicht an ihr Gesicht herankamen.
Zwei versuchten es von verschiedenen Seiten.
Carlotta riss beide Arme in die Höhe. Die Hände bildeten Fäuste, und die rammte sie zielsicher gegen die Raben.
Die Körper gerieten aus dem Flugrhythmus. Sie flatterten unkontrolliert von Carlotta weg, die sich nach den anderen beiden Raben umschaute, sie aber nicht sah, dafür einen Moment später merkte, wo sie sich befanden.
Sie prallten gegen ihren Rücken und versuchten, sich dort festzukrallen. Dabei hackten sie wieder mit ihren Schnäbeln zu. Sie wollten die Kleidung und auch die Haut aufreißen, ihr Wunden zufügen und sie bluten sehen.
Blitzschnell ließ sich Carlotta nach einer Beuge in die Tiefe fallen. Dicht an der Außenmauer des Turmes entlang jagte sie nach unten. Die zwei Raben hingen noch immer an ihrem Rücken fest, und Carlotta fürchtete um ihre Flügel.
Der dunkle Erdboden näherte sich rasend schnell, und im letzten Augenblick änderte sich die Flugrichtung. Sie drehte sich zur rechten Seite und stieg wieder hoch.
Neben ihr flatterten die Tiere. Sie hatten sie losgelassen. Ihre gelben Augen bildeten tanzende und zuckende Paare, so waren ihre Körper auch in der Dunkelheit zu sehen.
Von oben her wurde sie wieder attackiert. Carlotta nahm sich vor, sich nicht mehr so in die Enge drängen zu lassen. Um sie herum flatterten Federn, die nicht von den Raben stammten, sondern von ihr, denn sie waren viel heller.
Mit beiden Händen schnappte sie einen Raben mitten im Flug. Das Tier hatte wohl damit nicht gerechnet, denn es traf keinerlei Anstalten auszuweichen. Carlotta war alles andere als eine Killerin. Aber hier musste sie hart und schnell sein.
Mit einer Hand hielt sie den zappelnden Vogel fest, der immer mit dem Schnabel zuhackte. Die andere Hand drosch sie als Faust auf seinen Kopf, und das mit sehr viel Kraft.
Sie hörte etwas knacken. Dann erschlaffte das Tier in ihrem Griff, und Carlotta schleuderte es zu Boden. Nur gab man ihr keine Zeit, um Luft zu holen, denn das andere Tier flog kreischend über ihr und suchte nach einem neuen Angriffsziel.
Bevor es seinen Schnabel in den Kopf des Vogelmädchens hacken konnte, befand sich Carlotta
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