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Der Mord an Harriet Krohn (German Edition)

Der Mord an Harriet Krohn (German Edition)

Titel: Der Mord an Harriet Krohn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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Ihr Auto gesehen hat, sagt, daß es leer war. Sie waren nicht darin. Wo waren Sie?«
    »Ich habe vielleicht einen kleinen Spaziergang gemacht, das weiß ich nicht mehr genau.«
    »Können Sie sich an Harriets Haus erinnern?«
    »Nein, das kann ich nicht.«
    »Aber Sie haben sich die schönen denkmalgeschützten Häuser angesehen?«
    »Ich habe sie bewundert, aber nicht ausgiebig.«
    »Erzählen Sie mir, wohin Sie gegangen sind.«
    »Nein, ich bin vielleicht bis ans Ende der Straße gegangen, und da habe ich dann wieder kehrtgemacht.«
    »Sind Sie jemandem begegnet?«
    »Keiner Menschenseele.«
    »Das ist sehr wichtig, Torp. Wie spät war es, als Sie durch die Fredboes gate gegangen sind?«
    Er vergißt, nachzudenken, er antwortet einfach wahrheitsgemäß.
    »Das muß so gegen zehn gewesen sein.«
    »Mit anderen Worten, was immer Sie da in der Fredboes gate zu erledigen hatten, hat eine halbe Stunde gedauert? Den Unfall hatten sie um halb elf.«
    »Dann hat es wohl eine halbe Stunde gedauert. Einmal durch diese Straße und zurück zu gehen.«
    »Sie sind mehrmals hin und her gelaufen?«
    »Bei Ihnen hört sich das so an. Ich kann einfach nicht mehr klar denken.«
    »Das liegt daran, daß wir im Kreis gehen. Vielleicht sollten wir statt dessen einfach zur Sache kommen?«
    »Zu welcher Sache?«
    »Dem Mord an Harriet Krohn. Deshalb sind Sie hier, ist Ihnen das bewußt?«
    »Natürlich. Unglücklicherweise war ich in derselben Gegend, und ihr habt sonst keinen, den ihr euch schnappen könntet. Deshalb sitze ich hier. Aber es ist kein Verbrechen, über die Straßen zu fahren.«
    »Absolut nicht. Trotzdem staune ich. Eine halbe Stunde lang hin und her durch die Fredboes gate. Verzweifelt und niedergeschlagen, in einem nassen Parka?«
    »Ja, ich war einfach am Boden.«
    »Fühlten Sie sich unzurechnungsfähig?«
    »Nein, das würde ich nicht sagen. Nein, das wäre übertrieben.«
    »Haben Sie an die Lösung gedacht? Nach der Sie so dringend suchten?«
    »Vermutlich. Aber ich fand keine Lösung. Ich ging zum Auto zurück, fuhr los und ließ all meine Verzweiflung an dem Jungen im Toyota aus. Mehr gibt es darüber nicht zu sagen. Tut mir leid, Sie hatten sich sicher etwas anderes gewünscht. Aber mehr als das hier bekommen Sie nicht.«
    Sejer schaut wieder in seine Unterlagen.
    »Vor einigen Minuten haben Sie gesagt, daß es halb elf war, als Sie nach Hamsund abgebogen sind. Jetzt ändern Sie Ihre Aussage. Fredboes gate, zehn Uhr. Was haben Sie dazu zu sagen?«
    »Eigentlich nichts. Ich bin einfach wirr im Kopf.«
    Sie schweigen. Plötzlich steht der Hund auf und fiept, mit einem langen Blick auf sein Herrchen.
    »Torp, gehen wir einen Moment nach draußen, um uns die Beine zu vertreten. Frank Robert braucht Luft.«
    Der Hund steuert ein Blumenbeet vor der Wache an. Er wühlt zwischen Ziersträuchern und sprießenden Stauden und sucht eine passende Stelle für sein Geschäft. Dann hockt er sich ohne jegliche Eleganz hin und läßt seinen Haufen fallen. Sejer zieht eine Plastiktüte aus der Tasche.
    »Wie alt kann er werden?« fragt Charlo.
    »Vermutlich sehr alt. Ich meine, für Hundeverhältnisse. Frank Robert ist ein chinesischer Kampfhund. Ein Shar-Pei. Ich hoffe, daß ich ihn lange haben werde.«
    Er wirft die Tüte in einen Papierkorb. Charlo atmet die frische Luft ein. Er weiß diese Pause zu schätzen, hat jetzt wieder die Kontrolle. Er muß sich in acht nehmen, darf seiner Zunge nicht freien Lauf lassen. Es ist, wie über einem Abgrund zu balancieren.
    »Sind Sie religiös, Torp?«
    »Vermutlich nicht. Aber es gibt irgendwo weit weg eine Art Gott. Der dreht uns allerdings den Rücken zu.«
    »Ich bin auch nicht religiös«, sagt Sejer. »Aber ich habe sehr viel für die katholische Beichte übrig.«
    Charlo krempelt seine Hemdsärmel hoch.
    »Warum denn?« fragt er und bleibt stehen, weil der Hund stehenbleibt. Er hat ein Schokoladenpapier gefunden.
    »Eine Beichte, das ist fast eine Disziplin. Man muß die Dinge laut sagen, man muß Worte finden. Und dann, am Ende des Lebens, kann man sich darüber freuen, daß man keine unangenehmen Geheimnisse mit sich herumschleppt. Weil man sie nach und nach gestanden hat.«
    »Sie sind schließlich Ermittler«, sagt Charlo. »Ich kann verstehen, daß Sie was für Geständnisse übrig haben.«
    »Ja, aber das soll nicht nur heißen, daß ich etwas dafür übrig habe. Ich meine, in dem Moment selbst kann es schwer sein, zu sehen, daß aus einem Geständnis etwas Gutes rauskommen

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