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Der Mord zum Sonnntag

Der Mord zum Sonnntag

Titel: Der Mord zum Sonnntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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gewisse entspannende Wirkung erhoffte. Bei
seiner Rückkehr erfuhr er von Craig, was geschehen war.
«Man hat ihre Leiche im römischen Bad gefunden. Ihr
muß schwindlig geworden sein, und da ist sie
hinuntergestürzt.»
    Ted dachte an den Nachmittag in New York, an dem
Sammy den ersten Schlaganfall bekommen hatte. Sie
waren alle in Leilas Apartment, und Sammy hatte mitten
in einem Satz die Stimme versagt. Ihm war sofort klar, daß
es sich um etwas Ernstes handelte. Er war froh, ihr in den
letzten paar Tagen nicht begegnet zu sein. Seiner Meinung
nach hielt Sammy die Frage seiner Schuld für ungeklärt
und wäre daher ihm gegenüber befangen gewesen.
«Wie nimmt es Elizabeth auf?» erkundigte er sich.
«Es geht ihr sehr nahe, sie soll ohnmächtig geworden
    sein.»
«Sie hatte eine starke Bindung an Sammy. Sie …» Er
biß sich auf die Lippen und wechselte das Thema. «Wo
steckt Bartlett?»
«Auf dem Golfplatz.»
«Meines Wissens habe ich ihn nicht zum Golfspielen
mitgenommen.»
«Reg dich ab, Ted! Er hat seit dem frühen Morgen
geackert. Angeblich kann er besser denken, wenn er sich
etwas Bewegung verschafft.»
«Erinnere ihn daran, daß ich nächste Woche vor Gericht
stehe. Er täte besser daran, seine sportliche Betätigung
etwas einzuschränken.» Ted zuckte die Achseln. «Es war
eine Schnapsidee, hierherzukommen. Keine Ahnung,
wieso ich mir eingebildet habe, es könnte mir helfen,
ruhiger zu werden. Jedenfalls klappt das nicht.»
«Wart’s doch ab. In New York oder Connecticut würde
es auch nicht besser. Ach ja, eben bin ich deinem alten
Freund, Sheriff Alshorne, in die Arme gelaufen.»
«Scott ist hier? Dann muß Grund zu der Annahme
bestehen, daß irgendwas faul ist. Weiß er, daß ich hier
bin?»
«Ja. Er hat sich sogar ausdrücklich nach dir erkundigt.»
«Wollte er, daß ich ihn anrufe oder aufsuche?»
Craig zögerte kaum merklich. «Nun ja, nicht direkt –
aber schließlich handelte es sich ja auch nicht um ein
Privatgespräch.»
Noch einer, der mir aus dem Weg geht, dachte Ted.
Noch einer, der das Ergebnis der Beweisaufnahme vor
Gericht abwarten will. Ruhelos wanderte er im
Wohnzimmer auf und ab, das auf einmal zum Käfig
geworden war – wie jeder Raum nach der
Anklageerhebung. Es handelte sich offenbar um eine
psychische Reaktion. «Ich gehe spazieren», erklärte er
abrupt, fügte dann hinzu, bevor Craig ihm seine
Begleitung anbieten konnte: «Ich bin rechtzeitig zum
Dinner zurück.»
Als er am Pebble Beach Club vorbeikam, überfiel ihn
wieder dieses Gefühl der Isolation; er empfand die
Trennwand zwischen sich und den anderen, die unterwegs
zu den Restaurants, den Geschäften, den Golfplätzen
waren. Sein Großvater hatte ihn als Achtjährigen zum
erstenmal dorthin mitgenommen. Sein Vater konnte
Kalifornien nicht ausstehen, und so war er immer allein
mit seiner Mutter hergefahren und hatte beobachtet, wie
sie ihre Nervosität, ihre Geziertheit ablegte und jünger,
unbeschwerter wurde.
Weshalb hatte sie seinen Vater nicht verlassen? Ihre
Familie besaß zwar keine Millionen wie die Winters, doch
an Geld hätte es ihr bestimmt nicht gemangelt. Ob sie aus
Angst, das Sorgerecht für Ted zu verlieren, in dieser
unerträglichen Ehe ausgeharrt hatte? Sein Vater hatte sie
den ersten Selbstmordversuch nie vergessen lassen. Und
so war sie denn geblieben, hatte seine periodischen
Wutausbrüche im Vollrausch, die Verachtung, mit der er
sie wegen ihrer Ängste verhöhnte, ihre Manieriertheiten
nachäffte, widerspruchslos erduldet und dann eines Nachts
erkannt, daß sie es nicht länger ertragen konnte.
Ted ging den Seventeen Miles Drive entlang, sah weder
nach rechts noch links. Er hatte keinen Blick für den
Pazifik zu seinen Füßen, für die Häuser über Stillwater
Cove und Carmel Bay, er spürte nichts vom Duft der
Bougainvilleen, achtete nicht auf die teuren Wagen, die an
ihm vorbeiflitzten.
In Carmel wimmelte es noch von Sommergästen,
College-Studenten, die sich vor Beginn des
Herbstsemesters noch einmal austoben wollten. Wenn er
mit Leila durch die Stadt gegangen war, hatte sie jedesmal
den Verkehr zum Stocken gebracht. Beim Gedanken daran
zog er die Sonnenbrille aus der Tasche. Damals trafen ihn
stets neidische Blicke von männlichen Passanten. Jetzt
nahm er bei Fremden, die ihn erkannten, einen
feindseligen Gesichtsausdruck wahr.
Feindseligkeit. Isolation. Angst.
Diese letzten achtzehn Monate hatten sein gesamtes
Leben verändert, hatten ihn gezwungen, Dinge zu tun, die
er nie für

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