Der müde Bulle
auf dem Absatz im ersten Stock liegen blieb, sah ich, daß er sein Gebiß verloren hatte. Aber es war noch heil, während man das von seiner Brille nicht mehr hätte behaupten können. Der Inhalt des Kartons hatte sich über ihm ausgebreitet, so daß von dem kleinen Mann darunter kaum mehr etwas zu sehen war. Dann wurde er für einen Moment still, um schließlich leise vor sich hin zu wimmern. Am Ende gab er ein Geräusch von sich, das an das Gurren einer Taube erinnerte.
»Was war?« fragte mich Charlie atemlos, als er auf die Feuerleiter herausstürzte.
»Habt ihr die wichtigen Aufzeichnungen erwischt, Charlie?«
»Mein Gott, Bumper! Was ist hier denn los?«
»Er ist die Treppe runtergefallen.«
»Ist er tot?«
»Ich glaube nicht. Immerhin macht er noch eine Menge Lärm. Hörst du ihn nicht stöhnen?«
»Ich rufe besser einen Krankenwagen, und du bleibst inzwischen hier.«
»Und ob ich hier bleiben werde!« Ich nickte grimmig und lehnte mich gegen das Geländer, um Fishman dann etwa fünf Minuten in dieser Stellung zu beobachten. Währenddessen stiegen Nick und Charlie zu ihm hinunter, um ihn richtig hinzulegen und ihm sein übel zerschundenes Gesicht abzuwischen.
Charlie und ich ließen die anderen im Büro zurück und fuhren hinter dem Krankenwagen her, der Fishman mit Blaulicht und Sirene ins Central Hospital brachte.
»Wie sieht es denn eigentlich mit deinem Bein aus?« erkundigte sich Charlie, als er das Blut purpurn durch das Blau der Uniformhose kommen sah.
»Nicht weiter schlimm«, beruhigte ich ihn und betupfte mit der Hand die Schnittwunden.
»Dein Gesicht scheint ganz in Ordnung zu sein. Nur ein kleiner Schnitt über dem Auge.«
»Mach dir meinetwegen keine Sorgen.«
»Da war noch ein zweiter Raum auf der anderen Seite«, erzählte mir Charlie. »Dort hatten sie einen kleinen Gasbrenner, der in Betrieb war. Wenn du nicht durchs Fenster gekommen wärst, hätten sie das ganze Zeug noch dort verbrennen können. Das hast du wirklich gut gemacht, Bumper. Auf diese Weise hast du uns noch einmal die Kastanien aus dem Feuer geholt.«
»Freut mich, daß ich euch helfen konnte.«
»Hat Fishman eigentlich Widerstand geleistet?«
»Er hat sich nur ein bißchen gewehrt, und dann ist er einfach die Treppe runtergefallen.«
»Ich hoffe nur, daß dieser Dreckskerl nicht durchkommt. Wenn ich mir so überlege, was er für die Organisation bedeutet und wer er ist, dann wünsche ich diesem Scheißer, so wahr ich hier stehe, den Tod. Weißt du, im ersten Augenblick habe ich geglaubt, du hättest ihn vielleicht die Treppe runtergestoßen. Ich habe gedacht, du könntest es getan haben, und ich hätte es gut gefunden, wenn du's getan hättest.«
»Er ist aber von selbst runtergefallen, Charlie.«
»Da sind wir. Jetzt wollen wir erst mal dich verarzten.« Charlie parkte in der Sixth Street, vor der Aufnahme, wo bereits ein Arzt auf den Krankenwagen mit Fishman zueilte. Er stieg hinten ein, um jedoch nach wenigen Augenblicken wieder zu erscheinen und den Krankenwagen ins General Hospital weiterzuwinken, wo sie über bessere Operationsmöglichkeiten verfügen.
»Wie sieht's denn mit ihm aus, Doktor?« fragte Charlie den Arzt, als wir in die Notaufnahme gingen.
»Nicht gut«, erwiderte der Doktor.
»Glauben Sie, daß er stirbt?« fragte Charlie.
»Ich weiß nicht. Wenn nicht, wird er sich wahrscheinlich wünschen, er wäre tot.«
Ein Schnitt an meinem Bein mußte mit ein paar Stichen genäht werden, während sie mir die Wunden an den Händen und auf der Stirn lediglich säuberten und mit Desinfektionsmittel bestrichen. Es war fast sieben Uhr, als ich meinen Bericht fertig hatte, in dem stand, wie ich mir die Verletzungen zugezogen und wie Fishman sich aus meinem Griff befreit hatte.
Als ich mich zur Tür wandte, diktierte Charlie gerade einer Stenotypistin seinen Bericht.
»Ich werde jetzt verschwinden, Charlie«, verabschiedete ich mich. Er unterbrach sein Diktat und stand auf, um mich noch ein Stück den Gang hinunter zu begleiten. Fast hatte ich den Eindruck, als wollte er mir die Hand schütteln.
»Vielen Dank für alles, Bumper. So einen dicken Fang habe ich noch nie gemacht, seit ich bei der Sitte bin. Wir haben mehr von ihren Aufzeichnungen erwischt, als ich mir hätte träumen lassen.«
»Vielen Dank auch, Charlie, daß ich mitmachen durfte.«
»Ich bitte dich, Bumper – das war doch dein Fall!«
»Wie's Fishman wohl geht?« Ich spürte einen stechenden Schmerz im Bauch. In meinem Magen
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