Der müde Bulle
Abendessen verabredet. Sie wollen mir noch einmal auf den Zahn fühlen und sich mein Französisch anhören, damit ich ihre Schülerinnen nicht noch mehr verderbe. Natürlich kann ich die beiden auch nicht einfach sitzenlassen, oder?«
»Es wird ja nicht mehr lange dauern, bis ich dich ganz für mich habe. Dann werde ich mir dein Französisch anhören und mich von dir verderben lassen, was das Zeug hält, einverstanden?«
»Hast du eigentlich schon offiziell gekündigt?« fragte sie wie beiläufig, sah mir aber direkt in die Augen, so daß ich leicht nervös wurde.
»Ja, Cruz weiß bereits Bescheid, und außerdem habe ich noch eine Überraschung für dich.«
»Und die wäre?«
»Ich habe mich entschlossen, schon am Freitag aufzuhören. Ich werde am Samstag in Urlaub gehen, und der reicht genau für die noch verbleibenden Tage aus. Das heißt also, daß ich mit dir kommen werde.«
Cassie reagierte nicht, wie ich erwartet hatte. Sie stieß weder einen Jubelschrei aus, noch sprang sie überrascht auf. Statt dessen erschlaffte sie nur, als entspannten sich ganz plötzlich alle ihre Muskeln. Dann glitt sie vom Schreibtisch und setzte sich mir auf den Schoß, wo ihr mein Bauch allerdings nicht viel Platz ließ. Sie schlang mir die Arme um den Hals und begann, mich wie wild zu küssen, auf die Wangen, auf die Lippen … Ich konnte sehen, daß ihre Augen genauso feucht und weich wie ihre Lippen waren, und im nächsten Augenblick drang amüsiertes Kichern an meine Ohren. Acht oder zehn Schüler beobachteten uns vom Gang aus durch die offene Tür. Cassie schien sie gar nicht wahrzunehmen, oder zumindest kümmerte sie sich nicht um sie, was man von mir nicht unbedingt hätte sagen können. Schließlich saß ich hier in meiner Uniform und wurde von ihr in aller Öffentlichkeit abgeknutscht.
»Cassie«, stieß ich atemlos hervor und nickte in Richtung Tür, worauf sie nur aufstand und gelassen die Tür schloß, als wollte sie gleich weitermachen.
Ich stand auf und hob meine Mütze vom Boden auf. »Cassie, wir befinden uns hier in einer Schule. Und ich trage Uniform.«
Cassie fing lauthals zu lachen an. Sie setzte sich in den Stuhl, in dem ich gesessen hatte, schlug die Hände vors Gesicht und lachte hemmungslos. Dabei fiel mir auf, wie jugendlich und sexy selbst ihr Hals noch aussah, obwohl dies der Körperteil ist, an dem sich die Auswirkungen des Alters zuerst bemerkbar machen.
»Ich wollte dich doch nicht vergewaltigen«, stieß sie schließlich hervor, vor Lachen immer noch außer Atem.
»Na ja, ich dachte schon – zumal die Lehrer heutzutage ja besonders freizügig sein sollen. Und am Ende hättest du mich tatsächlich noch auf dem Schreibtisch vernascht, wie du es vorhin schon angedeutet hast.«
»Ach, Bumper!« Sie seufzte glücklich und streckte mir ihre Arme entgegen. Ich ging zu ihr und beugte mich hinab, worauf sie mein ganzes Gesicht mit Küssen bedeckte.
»Ich bin noch nicht einmal annähernd in der Lage, dir zu sagen, wie ich mich freue, daß du dich endlich dazu durchgerungen hast. Als du vorhin erwähnt hast, du würdest diesen Freitag aufhören und hättest es Cruz Segovia schon gesagt, da war ich einfach außer mir. Was du in meinen Augen gesehen hast, als ich die Tür schloß, waren Erleichterung und Freude, nicht Leidenschaft. Obwohl, ein bißchen vielleicht auch.«
»Aber so haben wir das doch die ganze Zeit schon geplant, Cassie, und jetzt tust du, als ob es ein richtiger Schock für dich wäre.«
»Ich hatte sogar richtige Alpträume deswegen. Wie oft habe ich mir vorgestellt, daß du mich, wenn ich bereits nach San Franzisco umgezogen wäre, eines Abends anrufen würdest, um mir zu sagen, du würdest nicht nachkommen – weil du dich einfach nicht von deinem Revier trennen könntest …«
»Cassie!«
»Ich habe dir das bisher nicht erzählt, aber dieser Gedanke quält mich schon die ganze Zeit. Aber jetzt, wo du es Cruz schon gesagt hast und bis Freitag nur noch zwei Tage sind, wird es wohl tatsächlich wahr werden.«
»Also hör mal, Cassie, ich bin doch nicht mit meinem Job verheiratet!« erwiderte ich entrüstet, wobei mir wieder einmal bewußt wurde, wie wenig man doch über eine Frau weiß, selbst wenn man ihr sehr nahe steht. »Du hättest sehen sollen, was mir heute passiert ist – wie mich so ein junger Bursche hereingelegt hat. Er hat wirklich einen kompletten Idioten aus mir gemacht.«
Cassie sah mich gleichzeitig amüsiert und interessiert an, wie sie es immer tut, wenn
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