Der müde Bulle
Ordnung? Die ganze städtische Polizei wird mich auslachen.«
»Mach dir keine Sorgen. Melbas Bänder werden sich aus unerfindlichen Gründen in Luft auflösen.«
»Der Mann, den ihr eingeschleust habt?«
Stan nickte.
»Gott sei Dank«, seufzte ich. »Welcher war das eigentlich? Doch nicht der Kerl, dem ich fast den Arm gebrochen hätte?«
»Nein, nein«, beruhigte mich Stan lachend. »Dieser große Schwarze. Ich sage dir das übrigens nur, weil wir ihn in ein paar Tagen als Zeugen brauchen werden und seine Identität preisgeben müssen. Wir haben da nämlich vier Typen auf der Latte, die im Keller eines Wohnhauses in North Hollywood verdammt wirkungsvolle Sprengkörper zusammenbasteln. Der Mann arbeitet schon seit dreizehn Monaten für mich – seit er bei der Polizei ist. Wir haben ihn auf dem College angeworben. Wirklich ein netter Kerl und ein verdammt guter Basketballspieler. Er kann's gar nicht erwarten, in eine Uniform zu schlüpfen und einen Streifenwagen zu fahren. Allmählich hat er es satt, sich ständig mit diesen Revoluzzern herumtreiben zu müssen.«
»Woher weißt du, daß er an Melbas Bänder rankommt?«
»Weil er schon mindestens ein halbes Jahr lang mit Melba befreundet ist und deshalb auch heute abend wieder mit ihr ins Bett steigen wird.«
»Warum beklagt sich der Junge eigentlich über seinen Job?«
»Was diesen Bereich betrifft, habe ich ihn auch noch nicht klagen gehört«, entgegnete Stan kichernd. »Er kann's schon gar nicht mehr erwarten, wie seine Freunde reagieren werden, wenn sie merken, daß er einer von uns ist. Er meint, er hätte die Rolle des verbitterten schwarzen Mannes schon so lange gespielt, daß sie es vermutlich erst glauben werden, wenn sie ihn mit eigenen Augen in dieser verhaßten blauen Uniform sehen. Und warte erst, bis Melba herausfindet, daß sie mit einem Polizisten rumgevögelt hat! Ich gehe jede Wette ein, daß die Kleine alles tun wird, damit das niemand erfährt.«
»Und genausowenig wird man erfahren, was ich da für einen Mist verzapft habe, was, Stan?«
»Ich werde das Band löschen, Bumper«, versicherte mir Stan und stieg aus dem Wagen. »Außerdem war das alles gar nicht mal so schlecht. Scott Hairston hat nämlich für die nächsten Stunden noch hundert weitere Demonstranten erwartet, und deshalb wollte er eigentlich noch gar keinen Aufruhr. Im Grunde genommen hast du ihm heute einen Strich durch die Rechnung gemacht.«
»Bis dann also, Stan«, verabschiedete ich mich mit aller mir zu Gebote stehenden Lässigkeit, als hätte ich mich niemals zum Narren gemacht.
Ich war noch einmal mit heiler Haut davongekommen, und obwohl es bereits spätnachmittags war, fuhr ich, so schnell es die Verkehrsverhältnisse erlaubten, in Richtung Harbor Freeway. In meinem Hirn schwirrte dabei die halbgare Idee herum, mir ein bißchen das Meer anzuschauen. Heute fiel es mir nämlich sehr schwer, meine Gedanken unter Kontrolle zu bringen – obwohl ich sonst ganz gut damit zu Rande komme. Es würde sicher nichts nützen, mir noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen, was eben geschehen war, und so versuchte ich, an etwas anderes zu denken – an gutes Essen, an Cassie oder an Glendas Brüste – an etwas Angenehmes jedenfalls. Meine Stimmung war jedoch ziemlich düster, so daß ich an nichts richtig Schönes denken konnte, weshalb ich schließlich beschloß, an gar nichts zu denken, was ich ebenfalls ganz gut beherrschte.
Ich fuhr in mein Revier zurück und verständigte den Lieutenant per Funk über den Auflauf vor dem Einberufungsamt, wobei ich die Details wohlweislich aussparte. Er teilte mir daraufhin mit, die Demonstranten hätten sich sehr schnell wieder zerstreut und es wären nur noch ein paar Streifenwagen an Ort und Stelle. Mir war klar, daß das kaum Aufsehen erregen würde – vielleicht ein paar TV-Bilder in den Sechs-Uhr-Nachrichten, und das war's dann auch schon. Blieb nur noch zu hoffen, daß der Kameramann mich nicht mit der Zigarre im Mund gefilmt hatte. Auch so eine verrückte Vorschrift, in der Öffentlichkeit nicht zu rauchen – als ob ein Polizist ein Wachtposten vor dem Buckingham Palace wäre.
7.
Als ich noch ein wenig in der Gegend herumfuhr, um mich wieder zu beruhigen, sah ich alle paar Sekunden auf meine Uhr. Ich konnte es kaum erwarten, daß dieser Tag vorüberging. Das hektische Geschnatter aus dem Funk machte mich richtig verrückt, so daß ich ihn einfach abstellte. Scheiß auf den Funk, dachte ich. Über Funk war noch
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