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Der müde Bulle

Der müde Bulle

Titel: Der müde Bulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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nie etwas Gescheites gekommen. Meine besten Fänge hatte ich immer gemacht, wenn ich mich auf das verließ, worauf ich mich am besten verstand – während ich in der Gegend herumspazierte, meine Augen aufzusperren und genau hinzuhören, was die Leute so erzählten.
    Mein Magen machte mir gerade schwer zu schaffen. Ich nahm vier Tabletten gegen Sodbrennen aus dem Handschuhfach und schluckte sie hinunter, ohne daß sie mir Erleichterung verschafften. Nach wie vor wand ich mich unbehaglich auf meinem Sitz. Da Cassies Drei-Uhr-Stunde inzwischen vorüber war, fuhr ich die Vermont zum Los Angeles City College hoch und stellte meinen Wagen in der Parkverbotzone direkt davor ab, obwohl ich mir bei diesen Gelegenheiten bisher immer die entrüsteten Bemerkungen von Lehrern oder Schülern anhören mußte wie: »Sie können sich so was ja erlauben, aber wir kassieren dafür natürlich einen Strafzettel.« Heute hielt sich gerade niemand vor dem College-Gebäude auf, so daß ich mir auch keine dummen Redensarten anhören mußte woraus ich mir übrigens nicht viel mache, da auch ich nicht unbedingt zu den Leuten gehöre, die sich gern gängeln lassen. Ich bin immer einer der ersten, der auf die Barrikaden steigt, wenn die Polizeidirektion meine Freiheit durch irgendwelche idiotischen Bestimmungen einzuschränken versucht.
    Als ich gemächlich die Eingangstreppe hochschlenderte, ließ ich meine Blicke wohlgefällig auf den Titten einer knackig braunen Turnlehrerin mit einer sportlichen Figur und einem Pferdeschwanz ruhen. Sie hatte es offensichtlich eilig und nahm zwei Stufen auf einmal. Und in ihren weißen Shorts, den Turnschuhen und dem weißen Sporttrikot zeigte sie recht deutlich, womit die Natur sie ausgestattet hatte. Während ich dann durch die Gänge ging, mußte ich mir von den entgegenkommenden Studenten die üblichen Bemerkungen anhören. Man rief mir ›Dick Tracy‹ und ›Sheriff John‹ nach, und dann fingen sie zu kichern und zu glucksen an, von wegen Marlene Soundso hätte etwas Gras, worauf Marlene in ein unterdrücktes Gackern ausbrach. In unserer Gegenwart witzelte kaum einmal jemand über Marihuana, und so fiel mir auch der einzige Einwand ein, den man gegen den Gebrauch von Marihuana vorbringen könnte. Wie Alkohol baut es Hemmschwellen ab – aber schneller und leichter. Ich habe das schon oft genug gesehen.
    Die Tür zu Cassies Büro stand offen, und sie unterhielt sich gerade mit einem jungen Mädchen mit strähnigen Haaren, und einem Mikro-Mini, der so kurz war, daß man im Sitzen ihren rot geblümten Strapsgürtel sehen konnte.
    »Hallo«, begrüßte mich Cassie, als sie mich in der Tür stehen sah. Die Kleine schaute erst mich an und dann Cassie. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu schließen, wunderte sie sich, was wohl die Polente hier zu suchen hatte.
    Cassie lächelte mir zu. »Wir sind gleich fertig.« Ich nickte und schlenderte den Gang hinunter. In diesem orangegelben Kleid sah sie wirklich verdammt gut aus. Es war eines der vielleicht zwanzig Kleidungsstücke, die ich ihr gekauft hatte, seit wir uns kannten. Mit der Zeit war es mir gelungen, sie davon zu überzeugen, daß ihr kräftige Farben besser standen, obwohl sie natürlich nach wie vor der Auffassung war, daß alle Männer die Dame ihres Herzens am liebsten in grellen Orange- und Rottönen sahen.
    Sie hatte sich ihr Haar an diesem Tag nach hinten gekämmt. Ganz gleich, ob sie ihr Haar so oder offen trug, es gefiel mir außerordentlich gut. Es war sehr kräftig und braun und von silbernen Strähnen durchzogen – nicht grau, sondern richtig silbern. Und auch ihre Figur konnte sich für ihr Alter wirklich sehen lassen. Mit ihrer braunen Haut sah sie eher wie eine Turnlehrerin aus und nicht wie eine Französischpaukerin. Sie trug immer Größe zwölf und manchmal sogar zehn. Manchmal fragte ich mich, ob sie noch so gut aussah, weil sie Tennis und Golf spielte oder weil sie in ihrer Ehe keine Kinder gehabt hatte. Aber andrerseits hatte Cruz' Frau Socorro ein ganzes Bataillon Kinder und sah trotz ihres leichten Übergewichts fast noch genausogut aus wie Cassie. Manche Leute halten sich eben einfach gut, dachte ich.
    Zugleich brachte es mich aber auch immer etwas in Verlegenheit, mit einer so attraktiven Frau zusammenzusein. Ich konnte mich nie so recht des Gefühls erwehren, daß alle dachten: Der Kerl muß wohl eine Menge Geld haben, wenn er so eine Frau hat. Aber es hatte natürlich keinen Sinn, mir wegen meines Glücks groß Gedanken zu

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