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Der Musentempel

Der Musentempel

Titel: Der Musentempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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der beiden näher kam, schickte ich ihn mit einem linken Haken zu Boden, dem mein Caestus zusätzliche Autorität verlieh. Der Mann fiel mit zertrümmertem Kiefer in sich zusammen.
    Der andere hielt sich wohl für einen Ringer und versuchte einen klassischen Hüftschwung mit Kopfgriff anzusetzen, was ich vereitelte, indem ich die Spitze meines Dolches in seine linke Achselhöhle stach. Er ließ aufjaulend von mir ab. Ich wollte die sich ohnehin rapide zuspitzende Situation nicht noch mit einem Mord belasten, was, wie ich finde, ein Ausdruck bewundernswerter Zurückhaltung meinerseits war. Es wäre mir ein leichtes gewesen, mein Schwert zu ziehen und beide zu töten.
    Mittlerweile kreischte Ataxas Zeter und Mordio, rief nach Wachen und Ministranten und Priesterinnen und den Legionen der Gläubigen, die herbeieilen sollten, diesen dreisten Römer niederzumetzeln. Ich nahm das als Wink, hier nicht mehr willkommen zu sein. Mit geflügelten Fersen flüchtete ich aus dem Tempel des Baal-Ahriman, wobei ich im Laufen meine Waffen unter meinem Gewand versteckte. Ataxas verfolgte mich, aber seine langen schweren Gewänder behinderten ihn.
    Ich war schon die Treppe hinab und halb in einer Seitenstraße verschwunden, bis er es auch nur aus dem Heiligtum geschafft hatte. Die Menschen, an denen ich vorbeirannte, standen zu weit von ihm entfernt, um seine Worte zu verstehen und blinzelten mir nur verwirrt hinterher. Doch ich hörte auch, daß man hinter mir die Verfolgung aufnahm.
    Alexandria mit seinen geraden und breiten Straßen war, wie ich feststellen mußte, kein leichter Ort, um Verfolger abzuschütteln. Mein geliebtes Rom war da ganz anders. Es war ein regelrechter Kaninchenbau mit so vielen gewundenen Straßen und engen Gassen, daß man mit ein paar Schritten außer Sichtweite jedweden blutrünstigen Verfolgers war. Ich bin in meinem Leben etliche Male vor einem wütenden Pöbel davongelaufen, auch vor Mördern und eifersüchtigen Ehemännern, und ich wußte, daß man Verfolger am besten abschüttelte, indem man sich verirrte. Wenn man selbst nicht mehr wußte, wo man war, wie konnten sie dann erwarten, einen zu finden?
    Nicht so in Alexandria. Glücklicherweise hatte ich ein gutes Stück Vorsprung. Ich schlug wahllos Seitenstraßen ein, und lief nie weiter als einen Block, bevor ich wieder abbog. Zu meiner großen Erleichterung stieß ich zufällig auf den Salzmarkt Alexandrias. In diesem Teil der Welt ist Salzhandel ein Monopol der Nomaden, die das Salz blöckeweise auf Kamelen vom Toten Meer in Judäa hertransportieren. Unter den ganzen Kapuzen fiel ich nicht weiter auf. Mein Gewand war deutlich sauberer, aber niemand hatte mich so deutlich gesehen, um das zu bemerken. Ich drängelte mich tief in die Menge, wobei ich brennendes Interesse an Salz und seinem Preis vortäuschte. Es gab etliche Käufer, so daß der Markt recht bevölkert war, als Ataxas' Mob, der in der Hauptsache aus kahlgeschorenen Ministranten bestand, auf der Suche nach mir auf den Platz stürmten. Einer von ihnen packte einen Nomaden und riß ihm die Kapuze vom Kopf, was sich als Fehler erwies. Erstens war der Mann nicht ich, und zweitens sind Nomaden ein sehr stolzes und empfindliches Volk, für die es als tödliche Beleidigung gilt, von einem Fremden angefaßt zu werden. Dieser spezielle Nomade zog ein kurzes, gebogenes Messer und ritzte dem Ministranten quer über das Gesicht.
    Die Wüstenmänner glaubten, sie würden angegriffen, was bei all den fremdenfeindlichen Gefühlen, die die Stadt seit kurzem ergriffen hatten, durchaus plausibel war. Und vielleicht war sich der Pöbel über Ataxas' Befehle auch nicht ganz im klaren, und sie glaubten, er wolle, daß sie alle Männer in Wüstengewändern angriffen, denen sie begegneten. Es sind kleine Mißverständnisse wie dieses, die das Treiben in jeder Stadt mit Leben erfüllen, und bald war auf dem Salzmarkt eine ausgewachsene Massenschlägerei im Gange. Ataxas' Anhänger waren in der Überzahl, aber nur wenige von ihnen trugen andere Waffen als Knüppel, während ein erwachsener männlicher Nomade nie unbewaffnet vor sein Zelt geht. Alle hatten Dolche, einige auch Schwerter, und viele benutzten ihre Speere als Wanderstäbe.
    Es ließ sich an wie ein prächtiges Blutbad, aber ich hielt es für unklug, länger zu bleiben und das Spektakel zu genießen. Ich verdrückte mich still in eine Seitenstraße und machte mich auf den Heimweg zum Palast. Ich zwang mich erneut zu einem langsamen Schlendergang. Ich

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