Der Musentempel
Haus befindet. Die Hofdamen klatschen doch gerne; einige von ihnen müssen es wissen. Sie sagte, sie hätte im Palast viele Freunde.«
»Ich werde tun, was ich kann, aber ich habe das Gefühl, das Sicherste für dich wäre ein schnelles Schiff nach Hause und ein sicherer Prozeß vor dem Senat. Mit dem Einfluß meines Onkels...«
»Ich möchte auf keinen Fall in Gaius' Julius Schuld stehen«, fuhr ich sie an. »Und was nützt mir der Einfluß eines Konsuls, wenn meine eigene Familie mich wegen der Schande, die ich über sie gebracht habe, ins Exil schicken will? Finde erst mal heraus, wo dieses Haus ist. Ich werde einen Sklaven bestechen, diese Ketten durchzufeilen. Und kümmer dich um Asklepiodes!«
Sie beugte sich vor, küßte mich, fuhr herum und war verschwunden. Sie war ein liebes, tapferes Mädchen, aber ich wußte, daß diese Daphne-Geschichte mich für den Rest meines Lebens quälen würde.
Sie ließ die Lampe da, und nach einer Weile hatte ich mich so weit an das schwache Licht gewöhnt, daß ich mich in meiner Behausung umsehen konnte. Es war der Weinkeller. Ein Kanal floß durch den Raum, und die Amphoren standen zwecks Kühlung im fließenden Wasser. Ein geniales System unterirdischer Kanäle verband Alexandria mit dem Nil. Solche Kanäle flössen durch die Keller der meisten Gebäude und Häuser, versorgten sie mit frischem Wasser und dienten als Abfluß.
Gerade diesen Raum für disziplinarische Maßnahmen zu verwenden, hatte eine gewisse teuflische Brillanz, denn die Länge meiner Halsfessel ließ den Wein auf ewig unerreichbar bleiben, eine Tortur, die den Qualen des Tantalos in nichts nachstand. Glücklicherweise war Wein so ziemlich das Allerletzte, was mich zur Zeit beschäftigte. Doch der Geruch des Flußwassers vergrößerte meinen ohnehin schon brennenden Durst.
Nach einer Weile ging die Tür wieder auf, und etliche Männer kamen die Treppe herab. Einige von ihnen waren bewaffnet.
Creticus war auch bei ihnen. Auf sein Zeichen öffneten der Peitscher und der Fesseler die Ketten und zerrten mich auf die Beine.
»Decius«, sagte Creticus, »ich habe eine Anhörung vor König Ptolemaios arrangiert, bevor uns die Situation völlig entgleitet.
Er hat dir freies Geleit zum Thronzimmer und zurück zugesagt.«
»Wasser«, stöhnte ich. Ein Sklave tauchte eine Schale in den Kanal und brachte sie mir. In der Hoffnung, daß es mich todkrank machen würde, trank ich, bis ich glaubte, wieder ohne Würgeanfälle sprechen zu können.
»Wäre es nicht sicherer, er käme hierher?« fragte ich. »Dies ist römisches Terrain.«
»Ein König bemüht sich nicht extra, einem degenerierten Mörder einen Gefallen zu tun, selbst wenn der aus Rom stammt.
Du kannst dich glücklich schätzen.«
»Achillas steckt dahinter«, sagte ich.
Creticus drehte sich zu den anderen um. »Wascht ihn und kleidet ihn an. Beeilt euch, und laßt ihn nicht aus den Augen.«
Er ging die Treppe hoch, und ich wurde hinter ihm hergeschleift. Im Badehaus wurde ich gebadet und rasiert, dabei trank ich Unmengen Wasser. Sauber und in frischer Kleidung fühlte ich mich erheblich besser. In einer Toga sieht selbst ein schuldiger Mann gut aus. Die römische Gesandtschaft war im Atrium versammelt. Rufus konnte ich nirgends entdecken. »Auf geht's«, bellte Creticus. »Und benehmt euch wie Römer!« Wir stiegen die Stufen der Botschaft hinab. Am Fuß der Treppe, dem Ende des römischen Territoriums, erwarteten uns makedonische Soldaten, die in einer Doppelreihe von der Botschaft bis zum Palast standen. Die üblichen Gaffer glotzten, während wir würdevoll unseres Weges schritten.
Im Thronsaal trafen wir Ptolemaios im vollen monarchischen Ornat an. Es war eine typisch alexandrinische Mischung. Er trug einen makedonischen Königsmantel aus lyrischem Purpur, reichhaltig mit Gold bestickt wie die römische Triumphatorenrobe. Auf dem Kopf trug er die Doppelkrone Ägyptens, eine weiße Krone, die aus einer roten Fassung ragte.
An ihrer Spitze befanden sich die Köpfe einer Kobra und eines Geiers. In Ägypten wird alles verdoppelt, für das obere und das untere Ägypten. In seinen Händen hielt er die königlichen Insignien, den Hirtenstab und den Dreschflegel, und an sein Kinn hatte man einen albernen falschen Bart geklebt, der die Macht der Pharaonen symbolisieren sollte. Erstaunlicherweise machte er einen nüchternen Eindruck.
Achillas war ebenfalls zugegen, zusammen mit einer Reihe von Herren in parthischen Gewändern. Auch Berenike war da,
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