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Der Musentempel

Der Musentempel

Titel: Der Musentempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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eines Möbelstücks. Lautes Geraschel kündete davon, daß eine schwere Schriftrolle entrollt wurde.
    »Höchst interessante Arbeit«, sagte die griechische Stimme.
    »Bitons handschriftliche Abhandlung über Kriegsmaschinen macht nur den ersten Teil aus. Es enthält überdies das Werk von Aeneas Tacticus sowie die einzigartige Arbeit eines gewissen Athenais über die mechanische Schule, die der Tyrann Dionysos I. von Syracus zur Weiterentwicklung militärischer Konstruktionen gegründet hat, alles reich illustriert.«
    »Das habe ich alles schon vor Jahren gelesen«, sagte Militärstiefel. »Wertvolles Material, aber das ist nicht das wichtige.«
    »Dann eben nicht«, sagte Griechensandale. »Aber«, man hörte weiteres Geraschel, »hier sind die Originalpläne von Iphikrates zu seinen neuen Maschinen, einschließlich des Antriebssystems für den großen Turm, die Reflektoren zum Anzünden feindlicher Schiffe... wobei zu beachten ist, daß das nur an sonnigen Tagen funktioniert... und so weiter. Warum ist König Phraates so erpicht darauf, diese Pläne in die Hand zu bekommen?«
    »Die Parther sind Bogenschützen zu Pferde«, sagte Militärstiefel. »Das verschafft ihnen auf dem offenen Schlachtfeld gegenüber den Römern einen Vorteil. Die Römer zu Felde, das ist vor allem schwere Infanterie und sonst kaum etwas. Aber sie sind Meister sowohl der Belagerung als auch der Verteidigung befestigter Stellungen, und die kann man nicht mit Pferden und Pfeilen nehmen. Ein Krieg zwischen Rom und Parthien würde auf ein blutiges Unentschieden hinauslaufen, wobei Parthien auf offenem Felde siegreich wäre, während Rom Forts, Städte und Häfen einnehmen und halten würde.
    Mit diesen Maschinen hätte Parthien von Rom nichts mehr zu befürchten.«
    »Ich verstehe. Ah, hier ist ein früherer Entwurf des Vertrags.
    Da uns die Dienste der verstorbenen Hypatia nicht mehr zu Verfügung stehen...«
    »War es wirklich notwendig, sie umzubringen?« zischte Orientalenpantoffel.
    »Oh, unbedingt«, sagte Griechensandale. »Sie war drauf und dran, uns alle an den Römer zu verkaufen.«
    »Verrat können wir nicht dulden«, sagte Militärstiefel. »Nicht von einer athenischen Hure und nicht von einem chiischen Philosophen.«
    »Ja, der Mann mußte wohl sterben«, sagte Orientalenpantoffel. »Bei seinen Geschäften mit den Königen von Numidien und Armenien hätte man vielleicht noch ein Auge zu drücken können, aber nicht bei Erpressung. Trotzdem«, er seufzte, »er war eine einzigartige Quelle, und wir werden ihn vermissen.«
    »Ich werde den Vertrag Klausel für Klausel durchgehen«, sagte Griechensandale. »Du kannst ihn dann ins Parthische übersetzen. In Abwesenheit deiner vielbetrauerten Konkubine mußt du, fürchte ich, darauf vertrauen, daß meine Lektüre korrekt ist.«
    »In diesem Stadium«, sagte Orientalenpantoffel, »habe ich keine Angst mehr vor Betrügereien. Aber du mußt verstehen, daß alles davon abhängt, daß Fürst Achillas sich zum König von Ägypten erklärt.«
    »Es besteht kein Grund, daran zu zweifeln«, sagte Griechensandale. »Wir Griechen haben das Konzept der sich selbsterfüllenden Prophezeiung erfunden. In Kürze wird BaalAhriman kundtun, daß Fürst Achillas in Wirklichkeit der Sohn des verstorbenen Königs Ptolemaios und damit rechtmäßiger Erbe der Doppelkrone ist. Er wird den falschen Ptolemaios, den Usurpator, beiseite fegen und Prinzessin Berenike und möglicherweise auch Kleopatra und Arsinoe heiraten. Dann wird er Ägypten seine alte glorreiche Stellung unter den Völkern zurückgeben.«
    »Solange er dabei nicht parteiisches Gebiet betritt«, sagte der Orientalenpantoffel.
    »Darum geht es ja in diesem Vertrag«, sagte Militärstiefel.
    »Laßt uns zur Sache kommen. Ich wäre gerne vor Anbruch der Dämmerung wieder aus diesem Haus verschwunden.«
    Und so gingen sie den Vertrag durch, Klausel für Klausel. Es ging um eine Allianz zwischen Ägypten und Parthien gegen Rom. Iphikrates und Achillas hatten Phraates davon überzeugt, daß er die römischen Legionen mit all den lächerlichen Maschinen nach Belieben besiegen konnte. Weit bedrohlicher war, daß er eine ägyptischparthische Achse bildete, inklusive eines Kriegsplans. Zu einem zu verabredenden Zeitpunkt wollte Ägypten im Sinai und weiter in Judäa und Syrien bis hinauf zum Euphrat einfallen. Phraates würde seine berittenen Bogenschützen (zusammen mit seinen prachtvollen neuen Maschinen) in westlicher Richtung gen Pontus, Bithynien und

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