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Der Musentempel

Der Musentempel

Titel: Der Musentempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Fehler, mit leerem Magen einzubrechen, also lud ich mir einen Teller voll Brot, Käse, Feigen und Wurst.
    Nachdem ich alles vertilgt hatte, überlegte ich meinen nächsten Zug. Ich mußte mir Zutritt zu diesem Haus verschaffen. Ich ging mit meinem leeren Teller und meinem Becher an die Bar.
    »Noch einen, mein Herr?« fragte der Wirt, ein einäugiger Mann in einer schmutzigen Tunika.
    »Im Moment nicht. Gibt es nach hinten raus eine Latrine?«
    »Nein, aber ein Stück die Straße runter ist eine.«
    »Das hilft mir nicht weiter«, sagte ich. »Ich muß hinten raus.
    Es ist nämlich so, daß ich das Haus einer Dame besuchen möchte und bei seinem Betreten lieber nicht gesehen würde.«
    Das stimmte sogar.
    Er grinste schief und nahm den Silber-Denarius, den ich ihm hinhielt. »Hier entlang, mein Herr.«
    Er führte mich durch eine mit einem Vorhang verhängte Tür in das Hintere des Ladens. In einem Lagerraum türmten sich die Amphoren, rechts die vollen, links die leeren, sowie verschiedene andere Waren und Vorräte. Eine Treppe führte ins obere Stockwerk, zweifelsohne die Wohnung des Wirts. Er entriegelte die Hintertür und ließ mich hinaus.
    »Kommst du auf demselben Weg zurück?« fragte er.
    »Wahrscheinlich nicht, aber es ist möglich.«
    »Ich kann sie nicht unverriegelt lassen, aber wenn du laut genug klopfst, komme ich und mach dir wieder auf.«
    »Falls das notwendig werden sollte, werde ich deine Bemühungen mit einem weiteren Denarius belohnen«, versprach ich ihm.
    »Dann wünsche ich dem Herrn noch einen guten Abend.« Ich gewann den Eindruck, daß er sich seine diskreten Dienste schon des öfteren hatte versilbern lassen.
    Hinter dem Laden befand sich ein großer Hof, an den die meisten Häuser des Blocks angrenzten. Wie in Rom lagen auch in Alexandria die wenigsten Häuserfronten zur Straße hin. Vor jedem Haus war ein Stück Hof durch eine mannshohe Mauer mit einer kleinen Pforte abgetrennt. Ich erklomm eine dieser Mauern und peilte die Lage. Niemand schien sich im Hof oder auf den Balkonen im ersten Stock aufzuhalten. Alles war ruhig.
    Nur die Katzen schlichen wie Geister über die niedrigen Mauern.
    Das Haus, das meiner Einschätzung nach Hypatias sein mußte, lag völlig dunkel da. Ich balancierte auf der Mauer entlang und sprang in den kleinen Hof. Überall standen Blumentöpfe mit blühenden Pflanzen herum, und in der Mitte waren ein paar Bronzestühle um ein Marmortischchen gruppiert.
    Bei Tag war es bestimmt ein nettes Plätzchen. Die arme Hypatia mußte es sehr genossen haben.
    Ich bahnte mir einen Weg zwischen den Pflanzen und versuchte mein Glück an der Tür. Sie öffnete sich geräuschlos.
    Vorsichtig ging ich hinein, stets in Sorge, daß es irgendwo Sklaven mit leichtem Schlaf gab. Ich wagte es nicht, mir Licht von einer der Straßenfackeln zu holen, bis ich ganz sicher war, allein im Haus zu sein. Die nächste Stunde schlich ich auf Zehenspitzen umher und ertastete mir den Weg. In keinem der beiden Stockwerke traf ich eine Menschenseele. Daraufhin nahm ich mir eine Lampe und begann, die Treppe hinabzusteigen, wobei ich mir selbst zu meiner Findigkeit und meinem Glück gratulierte. Dann hörte ich ein Geräusch an der Tür. Irgend jemand machte sich mit einem Schlüssel daran zu schaffen. Auf Zehenspitzen hastete ich die Treppe wieder hinauf und weiter in das größte Zimmer im ersten Stock. Es war das Schlafzimmer, und wie der junge Liebhaber der Ehefrau in der Komödie kroch ich unters Bett.
    Von unten hörte ich Männerstimmen, dann bemerkte ich ein schwaches Licht an den Wänden im Treppenhaus. Die Stimmen kamen ins Zimmer. Aus der beschränkten Sicht meiner mißlichen Lage konnte ich drei Paar Füße zählen, eins in Schuhen, eins in griechischen Sandalen und eins in Militärstiefeln.
    »Es ist in diesem Schrank«, sagte eine Stimme mit schwerem Akzent. »Ich hätte es auch allein holen können.«
    »Es gibt viele Dinge, die jeder von uns allein tun könnte, wenn wir uns gegenseitig vertrauen würden, was wir nicht tun.«
    Es war eine gepflegte, griechische Stimme mit einem schwachen Akzent. Der geheimnisvolle Dritte.
    »Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit«, sagte eine dritte Stimme, brüsk und militärisch knapp. »Wir wollen es hinter uns bringen.«
    Das mußte Achillas sein, obwohl die Worte etwas gepreßt klangen, als ob er einen Groll unterdrückte. Nun ja, Verschwörer kamen nur in den seltensten Fällen gut mit einander aus. Man hörte schlurfende Schritte und das Knarren

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