Der mysterioese Zylinder
ausführlichen Bericht für Sie anfertigen, wenn ich die Autopsie durchgeführt habe. Damit sollten Sie dann etwas anfangen können. Übrigens müßte der Leichenwagen draußen stehen – ich habe auf dem Hinweg danach telefoniert. Bis dann.« Er gähnte und schlurfte davon.
Nachdem Dr. Prouty verschwunden war, eilten zwei weißgewandete Träger herbei, die eine Bahre mit sich führten. Auf ein Zeichen von Queen hin hoben sie den schlaffen Körper hoch, legten ihn auf die Bahre, deckten ihn mit einem Tuch zu und hasteten davon. Die Detectives und Polizisten an der Tür sahen mit Erleichterung zu, wie die grausige Last davongetragen wurde – der Hauptteil der Arbeit an diesem Abend war für sie fast vorbei. Das Publikum – raschelnd, tuschelnd, herumrutschend, hustend, murmelnd – drehte sich mit wiedererwachtem Interesse herum, als die Leiche so unfeierlich weggeschafft wurde.
Queen hatte sich gerade mit einem müden Seufzer zu Ellery gewandt, als von der äußersten rechten Seite des Theaters ein unheilvoller Tumult zu hören war. Überall erhoben sich Leute von ihren Sitzen und starrten, während Polizisten um Ruhe baten. Queen sprach kurz mit einem uniformierten Polizisten neben sich. Ellery huschte mit leuchtenden Augen auf die andere Seite. Der Aufruhr kam ruckweise näher. Es tauchten zwei Polizisten auf, die eine um sich schlagende Gestalt mit sich zogen. Sie zerrten ihren Fang bis zum oberen Ende des linken Ganges und stellten ihn gewaltsam auf die Füße.
Der Mann war klein und sah aus wie eine Ratte. Er trug einen düster wirkenden Anzug von der Stange. Auf seinem Kopf saß eine schwarze Kappe, wie sie manchmal von Landpfarrern getragen wird. Sein Mund war auf eine häßliche Art und Weise verzogen; gehässige Flüche kamen daraus hervor. Als er jedoch den Blick, mit dem der Inspektor ihn fixierte, gewahr wurde, gab er augenblicklich jeden Widerstand auf.
»Wir haben diesen Mann geschnappt, als er versuchte, sich durch einen Nebeneingang auf der anderen Seite fortzuschleichen, Inspektor«, keuchte einer der Uniformierten, während er den Gefangenen unbarmherzig schüttelte.
Der Inspektor kicherte, holte seine braune Schnupftabakdose aus der Tasche, nahm seine gewöhnliche erquickende Prise und strahlte den schweigenden, zusammengeduckten Mann zwischen den beiden Polizisten an.
»Schön, schön, Pfarrer«, sagte er herzlich. »Wirklich nett von dir, zu einem so günstigen Zeitpunkt aufzutauchen!«
Viertes Kapitel
in dem viele berufen, doch nur zwei auserwählt sind
Manche Menschen können aus einer besonderen Schwäche heraus den Anblick eines winselnden Mannes nur schwer ertragen. Ellery war der einzige in der schweigsamen und bedrohlich wirkenden Runde, die um die unterwürfige Gestalt mit dem Namen ›Pfarrer‹ versammelt war, der auf das Schauspiel, das der Gefangene darbot, mit Übelkeit und Widerwillen reagierte.
Auf die bissige Bemerkung von Queen hin richtete sich der Pfarrer starr auf, blickte dem Inspektor für den Bruchteil einer Sekunde in die Augen und begann erneut, sich gegen die kräftigen Arme, die ihn umfaßt hielten, zur Wehr zu setzen. Er krümmte sich, spuckte und fluchte, wurde schließlich aber wieder ruhig und hielt den Atem an. Seine Raserei hatte noch andere Polizisten aufmerksam gemacht und in das Handgemenge einbezogen; gemeinsam hielten sie den Gefangenen auf dem Boden fest. Auf einmal wurde er schlapp und fiel zusammen wie ein angestochener Luftballon. Die Polizisten zogen ihn unsanft wieder auf seine Füße, wo er dann ruhig mit niedergeschlagenen Augen und dem Hut in den Händen stehenblieb. Ellery wandte sich um.
»Aber Pfarrer«, fuhr der Inspektor in seinem Tonfall fort, als wäre der Mann vor ihm ein störrisches Kind, das sich von einem Wutanfall ausruht, »du weißt doch, daß du mich mit so etwas nicht beeindrucken kannst! Erinnerst du dich nicht mehr an das letzte Mal, unten am Fluß?«
»Antworte, wenn du gefragt wirst!« knurrte ein
Uniformierter und stieß ihm in die Rippen.
»Ich weiß überhaupt nichts, und außerdem muß ich auch nichts sagen«, murmelte der Pfarrer vor sich hin und trat dabei von einem Bein auf das andere.
»Du überraschst mich, Pfarrer«, sagte Queen sanft. »Ich habe gar nicht danach gefragt, was du weißt.«
»Sie haben kein Recht, einen unschuldigen Menschen festzuhalten«, rief der Pfarrer empört. »Bin ich etwa weniger wert als alle anderen hier? Ich hab’ eine Eintrittskarte gekauft und dafür auch mit barer Münze bezahlt.
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