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Der Nachbar

Titel: Der Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Ungläubigkeit. »Du weißt ja nicht mal, was das Wort bedeutet. Es gibt doch nur ein Wort, das ihr beide versteht, und das heißt
Essen
. Darum habt ihr beide Übergewicht«, sagte sie mit sarkastischer Betonung auf dem letzten Wort. »Und natürlich könnt ihr was dafür. Wenn ihr ein bissen Energie darauf verwenden würdet, ab und zu mal aufzuräumen, sähe das schon anders aus.« Sie wies wütend auf die schmutzigen Teller. »Aber ihr fresst den ganzen Tag lang wie die Schweine und lasst alles stehen und liegen, als hättet ihr ein Recht darauf, bedient zu werden. Wofür haltet ihr euch eigentlich?«
    Sie hatte sich vorgenommen, genau dies nicht zu tun. Kritik war etwas Zersetzendes, das die Selbstachtung untergrub und das Vertrauen zerstörte. In den seltenen Momenten der Einigkeit zwischen ihr und Martin, ihrem Ex-Mann – jetzt nur noch ferne Erinnerung –, hatte dieser behauptet, Kritisieren sei wie eine Krankheit. Grausam zu sein liege im Blut, hatte er gesagt. Es sei wie ein Herpesvirus, der eine Zeit lang Ruhe gibt und dann durch irgendeinen Auslöser aktiviert wird.
    »Hier ist mein Haus. Ich kann hier tun, was ich will«, schrie Barry wütend. Wild mit den Füßen strampelnd versuchte er, auf dem Boden Halt zu finden, um sich aus den Tiefen des Sofas zu hieven.
    Was er vorhatte, war nicht klar, aber es war komisch, ihm zuzusehen. Und wurde noch komischer, als sie ihm mit der Hand gegen die Stirn tippte und ihn nach hinten schubste. »Schau dich doch mal an«, sagte sie spöttisch, als er hilflos in die Polster kippte. »Du bist so fett, dass du nicht mal aus eigener Kraft aufstehen kannst.«
    »Du hast ihn
geschlagen
!«, schrie Kimberley triumphierend. »Ich ruf beim Kindernotruf an – dann wirst du schon deine Lektion kriegen.«
    »Ach, red keinen Quatsch«, versetzte Laura wegwerfend und wandte sich ab. »Ich habe ihn nicht geschlagen, ich habe ihn geschubst, und wenn dir mal jemand richtiges Englisch beigebracht hätte, würdest du den Unterschied verstehen. ‘Du wirst deine
Legion
kriegen’ ist ungefähr genauso blödsinnig wie Barrys Behauptung, dass das hier
sein
Haus ist.«
    Ein merklicher Luftzug entstand, als Kimberley aus ihrem Sessel sprang und sich auf Laura stürzte, um sie vorn an der Bluse zu packen.
    In einem Reflex schlug Laura dem Mädchen mit aller Kraft ins Gesicht und riss sich von ihr los, aber erst nach einer Sekunde unverhüllt sprühenden Hasses von beiden Seiten kam sie zur Vernunft und flüchtete.
    »Miststück!«, schrie das Mädchen außer sich vor Wut und rannte ihr durch den Korridor zur Küche nach. »Dafür bring ich dich um, du gemeine Kuh!«
    Laura schlug die Tür zu und lehnte sich mit der Schulter dagegen, um Kimberley aufzuhalten. Das Herz schlug ihr bis zum Hals.
Bin ich verrückt geworden?
An Masse war sie dem Mädchen bei weitem nicht gewachsen, aber sie konnte immerhin versuchen, den Türknauf so fest zu halten, dass Miss Piggy, mit ihren zweifellos von Pommesfett triefenden Fingern, es nicht schaffte, ihn zu drehen. Dennoch wurde es ein erbitterter und zermürbender Kampf, der erst seinen Abschluss fand, als die unteren Felder der Türfüllung unter Kimberleys Tritten zu splittern drohten und Barry brüllte, dass ihr Vater sie fertig machen werde, wenn sie die Tür schon wieder zerlege.
    Vorsichtig lockerte Laura ihre verkrampften Finger, als die Angriffe abrupt eingestellt wurden. Sie lehnte sich mit dem Rücken an die Tür und holte ein paar Mal tief Atem, um sich zu beruhigen. »Barry hat recht«, sagte sie warnend. »Dein Vater hat die Tür gerade erst wieder gerichtet, seit ihr beide sie das letzte Mal demoliert habt.«
    »Halt deine blöde Klappe!«, schrie Kimberley mit einem letzten halbherzigen Faustschlag gegen die Tür. »Kannst du mir mal sagen, wieso deine Tochter dich
Nutte
nennt, wenn du so supertoll bist? Dein hysterisches Gekreische, wenn mein Vater mit dir schläft, glaubt dir doch kein Mensch. Sogar deine Tochter weiß, dass du nur mit ihm in die Kiste springst, weil du ein Dach über dem Kopf brauchst.«
    Laura schloss die Augen. Sie erinnerte sich an Martins Belustigung, als Amy das erste Mal dieses Wort gebraucht hatte. Tja, Kinder und Narren sagen die Wahrheit, hatte er gespottet. »Die Mieten sind teuer«, murmelte sie. »Sex kostet mich nichts. Weshalb wär ich sonst hier?«
    Kimberley hatte offenbar ihr Ohr an die papierdünne Tür gedrückt, denn sie schrie prompt, »Ha, das sag ich Dad, dass du das gesagt

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