Der Nacht ergeben
Sicherheitsabstand zu anderen Leuten einhielt, weil er nicht wollte, dass sie die Wahrheit über seine Familie erfuhren. Oder auch nur die langweilige, schnell alternde Frau, die darum kämpfen musste, ein Dach über dem Kopf zu haben.
Sie war mutig und kühn. Die Geliebte eines Vampirs. Die Frau, die das Schicksal der Welt in ihren Händen hielt.
Ein müdes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen.
Gott mochte die Welt schützen, wenn sie deren letzte Hoffnung war.
»Ich weiß nicht, ob ich außergewöhnlich bin«, murmelte sie, »aber ich bin definitiv erschöpft.«
»Dann solltest du schlafen.« Er presste sanft die Lippen auf ihr Haar. »Ich verspreche, dich zu beschützen.«
Abby ließ es zu, dass ihr die Augen zufielen.
Ohne Zweifel sollte sie Pläne machen und über ihre Möglichkeiten nachdenken. Oder sogar zum letzten Versammlungsort des Hexenzirkels zurückkehren, um zu ergründen, ob sie irgendeinen Hinweis darauf finden konnte, wohin die Hexen geflüchtet waren.
Wer wusste, was sich vielleicht gerade in diesem Moment anschlich und sie umzingelte?
Aber gerade in diesem Moment gefiel es ihr besser, die Rolle der Scarlett O'Hara zu spielen als die der Lara Croft.
Sie würde über all das nachdenken... morgen.
Dante war ein eingefleischter Zyniker. Wie hätte er auch etwas anderes sein können? Er war unsterblich. Er hatte schon alles getan und alles gesehen.
Das meiste davon mehr als einmal.
Es gab nun nichts mehr, was ihn noch überraschen konnte. Nichts bis auf die Frau, die in diesem Augenblick zusammengerollt in seinen Armen lag.
Schon ihr außergewöhnlicher Mut hatte ihn erstaunt. Und natürlich war er geblendet von ihrer Schönheit. Aber dass sie sich ihm mit einer so unverfälschten, köstlichen Hemmungslosigkeit hingegeben hatte...
Das reichte aus, um sogar einem übersättigten Wesen der Nacht ein Gefühl der Fassungslosigkeit zu verleihen.
Ein schiefes Lächeln kräuselte seine Lippen, und seine Hand strich sanft über Abbys Locken. Er war nicht daran gewöhnt, eine Frau stundenlang in den Armen zu halten, wenn sie schlief. Das war nicht die Art von Vampiren. Sie waren von Natur aus Einzelgänger. Und sogar, wenn sie zusammen waren, strebten sie nicht nach einer so zärtlichen Intimität. Leidenschaft war gut und schön, aber wenn man sie hinter sich gebracht hatte, gab es keinen Grund mehr zu bleiben.
Nur Menschen verspürten das Bedürfnis, tierische Instinkte hinter einer hübschen emotionalen Verpackung zu verstecken. Vielleicht waren Vampire nicht annähernd so weise, wie sie immer geglaubt hatten, gestand er sich reuevoll ein.
Da Dante auf jede kleinste Bewegung Abbys sensibel reagierte, bemerkte er es sofort, als sie sich zu bewegen begann. Schwarze Wimpern flatterten und hoben sich dann, um schläfrige blaue Augen zu enthüllen.
»Dante?«, murmelte Abby.
Seine Arme umfassten sie instinktiv fester. »Ich bin hier, Liebste.«
»Hast du überhaupt geschlafen?«
Dante zuckte mit den Schultern. »Ich habe nicht viel Schlaf nötig.«
»Da wir gerade von >nötig< sprechen, ich muss mal nach draußen.«
Mit einem bedauernden Gesichtsausdruck entzog Abby sich ihm und zog ihre verstreut herumliegenden Kleidungsstücke an. Dante erhob sich ebenfalls und wandte den Blick nicht von ihren linkischen Bewegungen ab.
»Du gehst doch nicht weit?«, ermahnte er sie, als sie sich auf den Weg zum Höhleneingang machte.
Sie warf ihm einen schiefen Blick zu. »Mach dir keine Sorgen.«
Ihre Worte hätte sie sich ebenso gut sparen können, das wurde Dante klar, als sie aus der Höhle schlüpfte. Natürlich würde er sich Sorgen machen. Verdammt sollte die Sonne sein, die viel zu langsam unterging und verhinderte, dass er ihr folgte.
Wenn irgendetwas geschah, würde er Abby nicht helfen können.
Er durchschritt die Höhle. Das dauerte insgesamt fünf Sekunden. Er kämmte sein verfilztes Haar mit den Fingern und band es ungeduldig im Nacken zusammen. Das dauerte beinahe drei Minuten. Dann lief er wieder durch die Höhle. Und noch einmal. Und noch einmal.
Zehn Minuten später erwog er ernsthaft, die Höhle zu verlassen, um sich zu vergewissern, dass Abby noch lebte. Glücklicherweise verhinderte das Geräusch ihrer Schritte seinen vorschnellen Tod durch die untergehende Sonne. Er trat so nahe an den Eingang, wie er es wagte, und stand ihr direkt im Weg, so dass sie ihm unmittelbar in die Arme lief.
Er war augenblicklich beunruhigt, als er spürte, dass sie zitterte.
»Abby? Stimmt
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