Der Nachtelf (German Edition)
genau nebeneinander, auch waren sie schon zu zweit hereingekommen. Gervana kannte den Schamanen also offenbar.
Sie vertraute ihm und er bestahl sie?
Sie unterhielten sich leise. Dadalore hatte die Ohren voller Blut und hörte nur gedämpfte Laute, wenn jemand mit dem Fuß gegen den Bottich stieß. Aber wenn sie noch weiter auftauchte, um die Ohren frei zu bekommen, könnte Rattengesicht sie wiedererkennen. Und danach würde der nächste Zuber vermutlich mit ihrem Blut gefüllt werden.
Es war jedoch völlig sinnlos, hier zu hocken, wenn sie ohnehin kein Wort verstand. Sie war doch hier, um zu lauschen.
Es war zu spät. Sie war zu lange unschlüssig gewesen. Die beiden hatten ihr Gespräch beendet.
Aber was war das? Konmani schöpfte in der hohlen Hand Blut und ließ es der Schönen über das Haar laufen. Sie legte den Kopf nach hinten und sah aus, als würde sie es genießen. Er wiederholte den Vorgang wieder und wieder.
Schließlich beugte er sich vor und küsste sie.
Dadalore wäre fast aufgesprungen. Und es blieb nicht beim Küssen. Die beiden machten sich aneinander zu schaffen, dass die Capitalobservatorin den Drang verspürte, Ulbunna die Augen zuzuhalten.
Das ergab doch keinen Sinn. Die beiden waren ein Liebespaar. Was für ein Mann bestahl denn seine eigene Geliebte? Sie musste der Sache auf den Grund gehen. Jetzt könnte sie es vielleicht wagen aufzutauchen. Von Rattengesicht sah sie nur noch den Hinterkopf und auch Gervana wirkte abgelenkt.
Dadalore hob den Kopf aus der Brühe. Sie befreite Mund und Ohren vom Blut, ließ aber den Rest des Kopfes verschmiert. Mit einem Blick vergewisserte sie sich, ob es Ulbunna gut ging. Sie gelangte rasch zu der Überzeugung, dass es ihm noch nie besser ergangen war.
Darauf wendete sie sich ihrem linken Nachbarn zu. Er schöpfte sich Blut über die Haare, das träge seine Pausbacken hinab floss.
»Tyrtalla zum Gruße.«
Er sah sie an. »Ich bin mir nicht sicher, ob man das noch sagen sollte, wenn man mit jemandem bereits das Blut teilt.«
»Entschuldigung, das ist alles so neu für mich.«
»Macht ja nichts«, fügte er hinzu. Doch merkte er nachdenklicher an: »Ich habe Euch hier noch nie gesehen. Ich meine, hier in der Schamanenschule.«
»Ja, da bin ich auch neu«, warf sie hastig ein.
»Ach«, machte er. »Wo wohnt Ihr denn?«
Mist, jetzt hatte sie sich hereingeredet. Carluru hatte zwar versucht, Ihr die Raumaufteilung nahezubringen, aber einem ernsthaften Gespräch darüber würde sie keine zwei Augenblicke standhalten. »Neben Gervana«, log sie. Jetzt hieß es hoffen, dass er nicht wusste, wer da wirklich wohnte!
Er sagte nichts mehr und starrte auf seine blutigen Hände.
»Ist sie schon länger mit diesem Konmani zusammen?«, fragte sie in einem Ton, in dem man für gewöhnlich eine Plauderei über das Wetter begann.
»Paar Monate«, erwiderte der Dicke einsilbig.
Dadalore erwog kurz, ob es ihn gesprächiger machen würde, wenn sie mit ihm anbändelte. Aber nach dem letzten Desaster wollte sie wirklich nicht noch mehr Schaden riskieren.
»Ich mag ihn nicht«, sagte sie, nur um den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen.
Tatsächlich schien sie damit aber einen Nerv getroffen zu haben. Der Mann setzte sich aufrecht und schien verstimmt. »Den mag keiner. Außer Gervana natürlich.«
»Ja«, pflichtete Dadalore bei, »was findet sie an dem bloß?«
»Das fragt Ihr den Falschen«, knurrte der Pausbäckige. Er brütete eine Weile vor sich hin und murmelte: »Immerhin besser als Ihr letzter. Sie hat einfach kein Händchen, was Männer anbelangt. So eine Verschwendung.«
»Tyrtalla sei uns gnädig, wie furchtbar muss der denn gewesen sein, dass es noch schlimmer war?«
»Habt Ihr das denn nicht gehört?«
Dadalore schüttelte den Kopf, wobei Ihr Blut ins Auge sickerte. Sie versuchte, es mit einem Finger zu entfernen, da der Finger aber noch viel blutiger war als das Auge, gestaltete sich das schwierig.
»Der war ein Mörder.«
Dadalore stach sich fast mit dem Finger das Auge aus. »Der war was?«
»Naja, jedenfalls fast. Ein Wunder, dass Ihr nichts davon gehört habt. Die ganze Stadt spricht davon. Er soll sich in ein Monster verwandelt und das arme Mütterchen Waltumpe überfallen haben.«
»Ankubu? Ihr sprecht von Ankubu-Was-heißt-Vertrauen?«
»Ja, er war hier bei den Wetterschamanen tätig und ...«
Dadalore hörte nicht mehr zu. Sie war heil froh, dass das Blut ihre entgeisterten Züge verbarg. Es fiel ihr kaum auf, dass ihr Auge
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