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Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Tillmanns
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einmal die Annalen der Sonne lesen, bevor er so einen Mist redet!«
    Der verfluchte Torfkopf schaffte es noch, dass man sie hier davon jagte!
    »Entschuldige«, flötete Dadalore, »Ulbunna ist noch nicht so weit in den Lektionen. Tyrtalla lehrt die Freude schließlich als den Lohn des gerechten Mannes, Rechtschaffenheit ist der Ursprung, Gerechtigkeit der Zweck, Zufriedenheit sein Wegweiser und die Freude, nun, eben der Lohn.«
    Dadalore schwor ihrer Mentorin Irmhobib ewige Dankbarkeit für die religiösen Unterweisungen.
    Ulbunna sah sie staunend an. Auch von jenseits der Tür war nichts zu hören. Endlich sagte der Bärtige: »Ich sehe, Ihr seid reinen Herzens. Tretet ein!«
    Die Waffenkammer war eine ganze Halle, deren eigentlicher Sinn nur noch an den langen Reihen von Waffenständern erkennbar war, in denen Säbel, Stäbe, Äxte, Schwerter und Speere aller Formen und Größen steckten.
    Die zwei Dutzend Anwesenden nahmen davon keine Notiz. Dadalore hatte die Hälfte von ihnen bei ihrer Ankunft beobachtet, die anderen schien der Erdboden ausgespuckt zu haben. Sie standen in Kleingruppen beisammen und unterhielten sich.
    Die Luft war rauchgeschwängert und führte einen beißenden Gestank mit sich. In einer Ecke qualmte ein Kräuterbündel über einer Feuerstelle. Vor den Waffenständern waren Holzeimer mit Wasser aufgereiht. Daneben lagen weiße Tücher.
    Das Zentrum des Raumes wurde von einem riesigen Bottich eingenommen, der mit einer roten Flüssigkeit gefüllt war.
    »Sie haben noch nicht angefangen«, flüsterte Ulbunna.
    »Und was machen wir so lange?«, flüsterte Dadalore zurück.
    »Wir können uns ... kennenlernen«, erwiderte der Junge.
    Dadalore warf einen Blick in die Runde. Gervana war nicht hier. Dadalore hatte sie zwar nur kurz beim Betreten ihrer Wohnung gesehen, aber die Frau war von so außergewöhnlicher Schönheit, dass sie unter Tausenden auffallen würde. »Ja, das machen wir.«
    Sie stellten sich abseits und Ulbunna begann etwas von seinem Sklavenpferch zu erzählen, in dem die Mädchen offenbar alle entweder blöde waren oder arrogante Schnepfen, auf jeden Fall aber alle einen ganz schlechten Geschmack hatten, was Männer anging.
    Dadalore hörte nur mit einem Ohr hin. Sie hatte so Position bezogen, dass sie an dem Kopf des Jungen vorbei unauffällig die Anwesenden beobachten konnte. Von Ulbunna einmal abgesehen schienen die Jüngsten gerade ihre Initiation hinter sich zu haben, die Ältesten mochten vielleicht vierzig Winterwechsel zählen. Es waren gleich viele Männer wie Frauen vertreten, jeder Dritte hatte den Kopf kahl geschoren. Diese trugen alle die gleiche Tätowierung, die sie schon bei Konmani gesehen hatte: eine Sonne, aus der eine Flüssigkeit heraus quoll. So wie der Bärtige am Eingang reagiert hatte, musste es sich um eine Tyrtalla-Sekte handeln. Aber warum trugen auch Priesterinnen die Tätowierung? Tyrtalla und Furuja waren zwar ein himmlisches Paar, aber es mutete doch seltsam an, wenn eine Furuja-Schamanin sich das Bild einer anderen Gottheit stechen ließ.
    »Elumbutraut?«
    Verflixt, der Junge hatte ihr irgend eine Frage gestellt.
    Verzweifelt durchforstete sie ihr Gedächtnis nach einem Erinnerungsfaden, aber was auch immer er da erzählte, es war nicht bis zu ihr durchgedrungen. Aber wenn sie es sich mit dem Jungen verdarb, verlor sie den einzigen, der wenigstens halbwegs wusste, wie sie sich hier den Abend über verhalten sollte. »Entschuldige«, sagte sie mit einem Augenaufschlag, »ich habe gerade nur gedacht, wie schön du bist.«
    Das wirkte.
    Er verstummte und wurde rot.
    Etwas Wichtiges geschah. Alle Anwesenden wendeten sich plötzlich einem Neuankömmling zu. Der Bärtige rief aus: »Bruder Horwonga ist hier!«
    Der solcherart Begrüßte hatte Haare von hellstem Blond, der stechende Blick seiner Augen fügte sich zu einem verbitterten Zug um den Mund. »Lasst uns den Dienst tun!«, deklamierte er.
    »Lasst uns den Dienst tun!«, forderte die Menge.
    Sagard und Kalunga, Dadalore hatte nicht den Hauch einer Ahnung, was nun von ihr erwartet wurde. Hilfesuchend sah sie Ulbunna an. Der Junge träumte vor sich hin.
    »Wem gebührt die Ehre des ersten Dienstes?«, schmetterte Horwonga.
    »Wem gebührt die Ehre des ersten Dienstes?«, skandierte die Menge.
    Dadalore sah unbehaglich von einem zum anderen. Wie lange mochte es dauern, bis jemand bemerkte, dass sie hier nichts verloren hatte? Sie hatte eigentlich darauf gehofft, bei einer konspirativen Versammlung

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