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Der Name Der Dunkelheit

Titel: Der Name Der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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ein Kunstname, wie er auf Musterdokumenten verwendet wird.«
    Gregersiö deutete ein Nicken an. Es galt seinen Unterlagen.
»Bist du dir wirklich sicher, dass Kullgren sie wiedererkannt hat?«
    »Willst du darauf hinaus, er könnte bloß die Situation richtig eingeschätzt haben?«
    Diesmal nickte er. Genau das meinte er. »Er hat irgendein Merkmal, ein Detail wiedererkannt. Oder er hat die ganze Situation schon einmal erlebt und ein Schema wiedererkannt.«
    »Auf keinen Fall. Das ist ausgeschlossen. Das wäre viel zu vage für den Entschluss, auf eine Frau mit einem Kinderwagen zu schießen.«
    »In den aktuellen Akten gibt es aber keine Hinweise auf eine Frau. Es kann sich nur um eine Begegnung mit der Vergangenheit gehandelt haben.«
    Er stand auf und seufzte. Theresa hatte natürlich schon mehrmals erwähnt, dass niemand im Haus von dieser Frau gehört hatte, nicht einmal sie selbst, obwohl sie das letzte halbe Jahr in Kullgrens unmittelbarer Nähe verbracht hatte. Sie musterte sein Gesicht. Carlito war nicht dumm, er brauchte nur sehr lang, um ein neues Spiel zu beginnen.
    »Wir müssen in den Aktenraum«, sagte er endlich.
    »Dafür habe ich keine Freigabe.« Das erwähnte Theresa lieber gleich. Zudem lenkte es ihn von der Erkenntnis ab, dass sie den ganzen Tag auf diesen Moment hingearbeitet hatte.
    »Du stehst auf Kullgrens Unbedenklichkeitsliste.«
    Theresa lächelte erfreut. Sonst fand sich ihr Name immer nur auf Bedenklichkeitslisten, die bloß ihretwegen angelegt wurden.
    Gregersiö öffnete die Metalltür hinter Kullgrens Büro. Theresa wurde aus ihm nicht klug. Bisher hatte er jede Einzelheit mit Blicken oder Worten in Zweifel gezogen, doch nun nahm er sie mit in das Allerheiligste der Sicherheitspolizei. Wie alle anderen hatte sie noch nie durch diese Tür gesehen und sich dahinter eine Kammer ausgemalt. Lampen mit blaustichigem
Licht zuckten an der Decke und offenbarten, wie viele Geheimnisse die Säpo in den letzten Jahrzehnten angehäuft hatte. Die Vitrinen mit den Akten waren nicht gesichert. Falls es doch jemand durch die sieben Sicherheitsschranken bis in Kullgrens Büro schaffte, wollte die Säpo auf den letzten Metern kein Spielverderber sein. Wie Dominosteine reihten sich die Vitrinen um alle vier Wände.
    Theresas erster Gedanke war banal: Wer machte hier eigentlich sauber, wenn kein anderer als Kullgren hereindurfte? »Gibt es keinen Computer?«, fragte sie.
    Den gab es nicht. Das autarke Stromaggregat reichte nur für die Deckenlampen und wurde von umweltfreundlichen Solarzellen auf dem Hausdach aufgeladen, die man von weither sehen konnte.
    »Wir werden Jahre brauchen!« Theresa drehte sich mit ausgestreckten Armen um ihre Achse, als wäre das ihr glücklichster Tag. Ein wenig war es das auch: Sie hatte es in vier Jahren bis hierher geschafft.
    Gregersiö öffnete eine Vitrine, in der sich keine Ordner befanden, sondern Karteikästen. Er hievte gleich mehrere davon auf den Tisch in der Mitte des Raumes und erklärte das System. Zu jeder Person, die in einer Akte erwähnt wurde, gab es eine Karteikarte. Je aktueller das Ereignis war, mit dem die Person in Verbindung stand, desto weiter wanderte die Karte nach vorn. Sie teilten die Frauenkarten auf. Theresas erste Karte gehörte der Chefin der Sozialdemokratischen Partei.
    »Was hat die denn angestellt?«
    »Das kann nur ein Sicherheitsproblem sein.«
    Ein Besuch des Ehemanns in einer Gogo-Bar war etwas, was die Säpo ein Sicherheitsproblem nannte. Die Karten enthielten lediglich Verweise auf Akten.
    »Was bedeuten die Vermerke mit E? Das sind keine Aktenzeichen von uns.«

    »Externe Vermerke. E steht für Extern.«
    E stand für den internationalen Kampf gegen Terror, dachte Theresa. Alle Frauen mit E sahen ausländisch aus. Sie nahm ein Bündel Karten und spielte Daumenkino. Bei jedem roten E zog sie die Karte heraus. Nach zwei Minuten war sie durch.
    Gregersiö verstand schnell, doch sein Gemüt brauchte eine Weile, bis auch er alle blonden Berühmtheiten aus dem öffentlichen Leben auf diese einfache Weise herausfilterte.
    »Ich suche noch einmal«, sagte Theresa eine Viertelstunde später. »Sie muss dabei sein.«
    Gregersiö rutschte auf seinem Stuhl herum. Er hatte sich auf dem langen Flug erkältet und besuchte dreimal in der Stunde die Toilette. Er sah Theresa prüfend an und fragte sich wohl, ob er sie hier in diesem Raum für einige Minuten allein lassen konnte. Sie lächelte aufmunternd. Gregersiö stand widerwillig auf und

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