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Der Name Der Dunkelheit

Titel: Der Name Der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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Villenbesitzer.«
    »Garðabær, Wahnsinn! Da ist es schön!«
    Während die beiden Damen Hennings angebliche Heimat als Paradies auf Erden lobten, behielt er die vorbeiziehenden Frauen im Auge. Ständig strömten Menschen aus dem Aufzug oder verschwanden darin. In Henning keimte der Gedanke, dass die zweihundert Turnierteilnehmer vielleicht nicht nur im Bridge gegeneinander antraten. Er kannte Þórunn nicht, traute ihr aber zu, sich oben in einem Hotelbett mit einem anderen Turnierteilnehmer zu entspannen, während ihre Familie in Garðabær alleine feierte.
    Als Snæfríður wieder in der Menge auftauchte, hatte Henning seinen Harem auf sieben Isländerinnen erweitert.
    Sie zerrte ihn vom Sofa. »Ich habe sie. Dein Bier kannst du mitnehmen.«
    Und so fand sich Henning bald mit seinem Goldbräu zwischen den Knien im Wagen auf der breiten Snorrabraut dahinrollen. Plötzlich bog Snæfríður in eine kleine Seitenstraße ab.
    »Von nun an müssen wir aufpassen.«
    »Wie sollen wir sie denn identifizieren?«
    »Hierzulande haben die Menschen alle einen eigenen Geschmack. Sie trägt eine grüne Mütze und ein weißes Kleid.«
    Die Straße war nicht breiter als ein Feldweg, aber nach Snæfríðurs Erklärung die isländische Antwort auf die Champs Élysées. Alle zehn Meter wechselten sich links und rechts Parkbuchten ab, so dass Snæfríður ständig steuern musste.

    Auf beiden Seiten säumten Lokale die Straße, vor denen lauter Menschengruppen standen, als wären nach einem Erdbeben alle ins Freie gerannt. Henning betrachtete die Welt jenseits der Scheibe mit Staunen. Sie sah aus, als hätte das hippste Viertel Londons eine heruntergekommene walisische Kleinstadt belagert und sich unter die Bergarbeiter gemischt. Er war definitiv dreißig Jahre zu spät hergekommen.
    Immer mehr Raketen stiegen zum Himmel. Noch eine halbe Stunde bis Mitternacht. Sie waren Teil eines langen Konvois aus Geländewagen, amerikanischen Schlitten und japanischen Kleinwagen, die alle vom gleichen Modell waren. Der Konvoi kam nur langsam voran. Henning musterte die Gesichter der jungen Mädchen. Alle fünfzig Meter prügelten sich zwei Kerle.
    Plötzlich bremste Snæfríður und sprang aus dem Wagen. Sie hatte die linke Seite überwacht und rannte in einen hell erleuchteten Imbiss. Tatsächlich, da stand ein Mädchen mit grüner Mütze vor der Kasse. Henning stürzte den Rest seines Biers hinunter und beobachtete, wie Snæfríður das Mädchen an der Kapuze ihres Mantels aus dem Lokal zog. Henning sprang ins Freie und öffnete die Hintertür. Die Fahrzeuge hinter ihnen hupten nicht. Kleine Zwischenfälle und zwischenmenschliche Dramen waren hier offenkundig beliebt. Snæfríður drängte sich zu dem Mädchen auf die Rückbank. Henning setzte sich hinter das Steuer und hielt zehn Meter weiter in einer Parkbucht.
    Vom Gespräch auf der Rückbank verstand er kein Wort. Als Snæfríður eine Pause einlegte, drehte er den Kopf zu dem Mädchen. Sie erinnerte ihn sehr an Hulda und hatte sich wie sie gelbe Perlen ins Haar geflochten, als Zeichen der Seelenverwandtschaft.
    »Wir glauben, dass Hulda in großer Gefahr ist«, sagte er auf Englisch.

    Das Mädchen antwortete nicht, dafür aber Snæfríður. »Hulda war gestern bei ihr und hat sich Geld und Kleidung geliehen.«
    »Und dann?«
    »Hampus war bei ihr, hat aber kein Wort gesagt. Sie wollten nicht bei Fjóla übernachten und haben sich ein Taxi genommen. Sie vermutet, dass sie zu den Flugtaxis wollten.«
    »Wohin kommt man damit?«
    »Ísafjörður. Das ist da, wo sie aufgewachsen ist.«

91
    Theresa Julander eilte durch den Gang und geriet dabei ins Rutschen. Sie litt schon den ganzen Tag an den Ledersohlen ihrer neuen Schuhe. Sie klopfte an die Tür des neuen Direktors, wartete aber nicht auf eine Antwort. Ohne Einladung sank sie in den Stuhl vor Kullgrens Schreibtisch, an dem Gregersiö mit seinen wenigen Sachen aussah, als machte er ein Picknick.
    »Ich habe eine Frau gefunden, die heute ebenfalls in der Maschine nach Island saß«, begann sie. »Sie stammt aus London und heißt Cathy Ryan.«
    Gregersiö blickte wie immer skeptisch drein.
    »Es gibt keinerlei Hinweise, warum sie in Stockholm war, wie lange sie hier war, wie sie eingereist ist und was sie nun in Island sucht.«
    »Gibt es ein Foto von ihr?«
    »Der Flug geht im Winter über Kopenhagen. Da werden die Ausweise nicht erfasst. Aber dem Alter nach könnte sie es sein. Cathy Ryan, das klingt ein wenig unecht, findest du nicht? Wie

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