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Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Der Name der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Binder
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vor diesen ungezügelten Emotionen. Zitate aus dem
Buch der Erleuchtung
fielen ihm ein: „Viele Leben werden die in Dunkelheit und Leid verbringen, die den Worten des Mahaguru misstrauen und die
    treuen, reinherzigen Diener des Hju mit Argwohn behandeln.“ Und doch – Crapp log. Jedes seiner Worte triefte vor Falschheit. Aron versuchte sich
    abzulenken, ließ den Blick durch den Saal schweifen, über die andächtig lauschenden Menschen. Sie waren gerührt von Crapps Worten, manchen standen Tränen
    in den Augen. Ben hatte gewarnt vor Crapp, Ben, hinter dessen Herzlichkeit sich messerscharfes Unterscheidungsvermögen verbarg, untrügliches Gespür für die
    Wahrhaftigkeit anderer. Er hatte Crapp durchschaut, schon nach dem erstem Vortrag an der Akademie, jener berühmten Rede anlässlich einer Abschlussfeier,
    jener Rede, die mittlerweile in der Weltausgabe der
Wahrheit
abgedruckt worden war, was darauf schließen ließ, dass sie sich der ausdrücklichen
    Billigung des Mahaguru erfreute. Dem Begeisterungstaumel um den neuen Lirep, der jene verstummen ließ, die heimlich dem milderen und toleranteren Stil
    seines Amtsvorgängers nachtrauerten, hatte Ben als einziger offen sein Urteil entgegengehalten: ‚Alles an ihm ist falsch, unerträglich gekünstelt.‘ Sie
    hatten heftig diskutiert nach dieser Abschlussfeier. Bens Urteil war ungerecht, auf keinen Fall zu akzeptieren: ‚Ein Streber, ein Emporkömmling, der seine
    Nase nach dem Wind der Macht ausrichtet, ohne zwischen Duft und Gestank unterscheiden zu können. Eine Marionette, eine Puppe mit dem Schlüssel im Rücken.
    Es ist seltsam, dass die sogenannte Spiritualisierung der Liga darin besteht, neue Lireps nach Gehorsam und Unterwürfigkeit auszuwählen statt nach
    Befähigung.‘ Das Aufkeimen eines winzigen Zweifels hatten Bens Worte damals in Aron bewirkt, eine flüchtige Unruhe, begleitet von Unsicherheit und Angst,
    ein innerliches Zusammenzucken unter einem unerwarteten Hieb. Aron hatte sie vehement fortgewischt, hatte den Lirep nur noch eifriger verteidigt. Crapp gab
    sein Leben für die Liga. Er hatte sich durch schonungslosen Einsatz hochgedient, hatte Großes bewirkt für die Verbreitung des Hju, hatte das Hauptquartier
    auf sich aufmerksam gemacht, war zu Sonderschulungen ins spirituelle Zentrum Blackwater eingeladen worden, um schließlich nach dem Attentat auf den
    Mahaguru, als eine Welle der Erneuerung die Ränge der Organisation durchlief, zum Lirep für den deutschsprachigen Raum und zum Sprecher des Europäischen
    Rates berufen zu werden. Seine Ernennung war unerwartet erfolgt. Andere waren für diese Positionen im Gespräch gewesen, doch Crapp war direkt vom
    Hauptquartier geschickt worden, um die neue Linie der Liga durchzusetzen. Aron empfand Sympathie für Crapp, hatte sich ein Vorbild genommen an diesem Atma,
    der bedingungslose Hingabe an die Liga praktisch vorlebte. Es war eine gewaltige Leistung, sich zum Lirep eines Kernlandes der Liga emporzuarbeiten, zum
    Liga Regional Representative, zum Stellvertreter des Mahaguru für Abertausende von Atmas. Dies war nur möglich, wenn der Mahaguru selbst einen Kandidaten
    für würdig erachtete. Selbst als Crapps Führungsstil jedes freiheitliche Denken im Gebiet zu ersticken begann, als ein Netz aus Verbindungen zum
    Hauptquartier seine Stellung unangreifbar machte und sich ein Kreis fügsamer Eiferer um ihn sammelte, als die Atmosphäre der Toleranz, die unter dem alten
    Lirep geherrscht hatte, sich wandelte in buchstabengetreue Auslegung des Buches der Erleuchtung, in Beharren auf kleinlichen Vorschriften des
    Hauptquartiers, hielt Aron dem Lirep die Treue. ‚Es ist nötig, die Liga zu schützen. Es ist nötig, die Disziplin und Einstellung der Atmas zu überwachen.
    Es ist nötig, zerstörerische Umtriebe im Keim zu ersticken. Etwas wie das Attentat auf Mahaguru Ken darf sich niemals wiederholen.‘ Stets hatte Aron
    Argumente gefunden, die für Crapps Handlungen und Anordnungen sprachen, bis heute, als er Genugtuung über Bens Tod in Crapps Stimme spürte. Aron
    konzentrierte sich, versuchte, ruhig zu atmen, versuchte, den brennenden Zorn niederzuringen, der wie eine Versuchung der bösen Kraft schien, die seine
    Trauer um Ben missbrauchen wollte, um Zweifel in sein Herz zu pflanzen, der ihn ausbrannte, der ihn trieb, einfach fortzulaufen. Aber er blieb. Was hätte
    Ben an seiner Stelle getan? Er hätte sich gewehrt, hätte vielleicht eine spontane Rede gehalten, zum Entsetzen der anderen

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