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Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Der Name der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Binder
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in die unwirkliche Stille hinein, versank in ihr für einen Augenblick, fiel zurück in
    den Schlaf, tauchte Momente später wieder auf, wacher als zuvor. Kein Laut regte sich im Haus. Aus weiter Ferne, von der Straße jenseits des Gartens, war
    jetzt ein Auto zu hören, Sekunden nur, bevor das gedämpfte Rauschen verflog. Die Eindrücke des Traumes hallten in Aron wider, schienen in seinen Muskeln zu
    vibrieren. Er konnte sich nicht entsinnen, jemals so plastisch, so leuchtend geträumt zu haben. Aron versuchte sich zu entspannen. Er legte das Hju in sein
    Atmen. Doch die Unruhe in ihm wuchs. Er wandte den Kopf. Die Leuchtziffern seines Weckers zeigten 3 Uhr 36.
    Aron dachte an seine Kindheit, als er manchmal wach gelegen war, erfüllt von grundloser Beklommenheit, das erste Dämmern des Morgens herbeisehnend. Einige
    Male war er in diesen Stunden mit Ben wach gewesen, hatte sich flüsternd unterhalten, bei gelöschtem Licht, hatte mit geschlossenen Augen in die Finsternis
    gesprochen, wissend um die klare Aufmerksamkeit des Freundes. Ben! Ben war tot. Allmählich kehrte die Erinnerung an den vergangenen Tag zurück, an den Gang
    im Park, die perlende Kette der Erinnerung am alten Platz unter dem Holzdach, an das zufällige Auffinden der Kassette, an die Abschiedszeremonie in der
    Halle der Liga, an den Weg zurück ins Wohnheim durch den ersten Schnee des Jahres, an das Tonband, das Ben versteckt hatte. Es steckte im Rekorder, die
    ersten Meter waren abgespielt und hatten herbe Enttäuschung gebracht.
    Die Kassette enthielt tatsächlich Stücke der
Heavenly Lights
, beginnend mit dem Arrangement eines Liga-Liedes, das schon auf den ersten
    Zusammenkünften der Atmas gesungen wurde, ein naives Kinderlied mit schlichten Reimen und simpler, eingängiger Melodie. Nun war das Stück mit monotonem
    Synthesizer-Rhythmus unterlegt und die Refrains zu pathetischem Chorgesang gesteigert. Aus dem bescheidenen, einfältigen Lied war ein aufgeblasener, mit
    künstlichen Emotionen überfrachteter Schlager geworden. Arons neugierige Anspannung war im Nichts zerflossen, als die ersten Takte erklungen waren, schale
    Bitterkeit zurücklassend, Enttäuschung. Aron hatte unbeherrscht das Kabel aus der Steckdose gerissen. Er hatte eine Botschaft Bens erwartet, einen Bericht
    über die Erfahrungen seiner Reise, einen der poetischen Texte des Freundes, in die er manchmal seine Erkenntnisse und Eindrücke fasste, eine geheime
    Mitteilung, die vielleicht Aufschluss gab über seine Reise, sein frühes Zurückkommen, seinen Tod. War es nur ein schlechter Witz Bens? Aber Ben war tot.
    Die Enttäuschung über die Kassette hatte den Schmerz um den Verlust des Freundes wiedergebracht, den Schmerz, der jetzt erst, nach dem Schock der ersten
    Tage, ins Bewusstsein zu dringen begann, wirklich wurde, sich einbrannte.
    Aron lag bewegungslos, atmete tief, ließ das Hju strömen. Die Stille tat ihm wohl. Die anderen schliefen in ihren Zimmern. Die Ruhe im Wohnheim schien
    nicht nur die Abwesenheit von Geräuschen, sondern ein Friede des Geistes, eine Leere, geläutert von fremden Gedanken. Ruckartig drehte Aron sich auf die
    Seite, tastete nach dem Rekorder auf dem Boden, nestelte den Stecker in die Dose, drückte die Taste, die das Band in Bewegung setzte.
    Die Musik zertrümmerte die Stille. Erschrocken schob Aron den Regler zurück, bis nur noch ein Wispern zu hören war, ein blecherner Brei von Stimmen und
    Instrumenten. Eine Minute lag Aron, hörte dem rhythmischen Geräusch zu, starrte in die Dunkelheit, spürte, wie seine Gedanken sich verhedderten, wie in
    ihren Windungen Bruchstücke des Traumes aufleuchteten, dieses plastischen Traumes, dessen Bilder allmählich in die Erinnerung zurückfanden – die Grotten
    der Schlangen, das Heulen des Windes, die klingenbreite Brücke, die Urfinsternis der pyramidenförmigen Kammer, die Glut in der Tiefe des Abgrunds, die
    panische Angst vor dem Fallen.
    Im gleichen Augenblick brach jäh, mitten im Takt, die Musik ab. Ein metallenes Klicken ertönte, das Rumpeln eines unsachgemäß behandelten Mikrofons, eine
    dumpfe Stimme. Aron fuhr auf und stoppte das Band. Sein Herz jagte. Er tastete nach der Taschenlampe, die er in Reichweite seines Bettes aufbewahrte. Aron
    glitt aus dem Bett und zog die Vorhänge dicht, bevor er die Lampe anknipste, ihren Schein mit der Hand dämpfte. Angst vor den Ethik-Hütern ergriff Aron. Im
    schwachen, unruhigen Licht kramte er nach den Kopfhörern für den Rekorder, bemüht,

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