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Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Der Name der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Binder
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Jane wiesen jede Verantwortung von sich und Gordon wiederholte gebetsmühlenhaft die Phrasen der Liga-Presse.
    Nicht einmal Jerrys Name wurde mehr genannt – von ihm war nur mehr als „die Person“ die Rede. Jerrys Anhängerschaft schwand. Rob strengte immer neue Klagen
    auf astronomische Schadenersatzsummen an, überschüttete Jerry mit Rechnungen, Zahlungsbefehlen und ähnlichem. Jerry verlor seinen Job als Forschungsleiter
    in einem Computerunternehmen, weil eine perfide Verleumdungskampagne innerhalb seiner Firma Wirkung gezeigt hatte. Seine Frau ertrug den Terror nicht mehr
    und verließ Jerry. Seine Bank zog Kreditzusagen zurück. Persönliche Freunde wandten sich von ihm ab. „Die Person“ wurde systematisch ruiniert.
    „Wenn es so etwas wie eine höhere spirituelle Kraft gibt,“ sagte ich zu Ted, „glaubst du, sie würde einen Menschen so radikal vernichten wollen, nur weil
    er sich von einer Organisation abspaltet?“
    Ted sah mich mit großen Augen an, überrascht, zuckte die Schultern. Er hatte sich ebenso wie ich die Hände an dem „Fall Jerry“ nicht schmutzig gemacht,
    hatte keinen Artikel zu dem Thema geschrieben, keine Nachricht in der Presse lanciert, war wochenlang nicht im Hauptquartier erschienen, um von der Sache,
    die ihm peinlich war, nicht berührt zu werden, und doch war er ebenso schuldig an allem wie ich.
    Der „Fall Jerry“ endete tragisch. Hatte sich „die Person“ anfangs heroisch gegen alle Angriffe zur Wehr gesetzt und tapfer allen Widrigkeiten getrotzt, vom
    Glauben erfüllt, im Besitz von Wahrheit und göttlicher Kraft zu sein, hatte er es lange souverän vermieden, sich auf den schlechten Stil der Liga
    einzulassen, so kämpfte er zuletzt, als seine Sache schon verloren war, ebenfalls mit vergifteten Klingen, streute Gerüchte und verfasste bittere
    Hetzschriften gegen Gordon und das Hauptquartier. Er verbreitete, hohe Eingeweihte der Liga würden ihn mit schwarzmagischen Attacken verfolgen und durch
    Techniken des psychischen Vampirismus die Lebensenergie absaugen. Und doch wäre Jerry von den beiden falschen Mahagurus der bessere gewesen. Einige seiner
    Briefe und Artikel, in denen er nachwies, dass die Liga vom spirituellen Kurs abgekommen sei, fanden selbst bei Mitarbeitern des Hauptquartiers heimliche
    Zustimmung und manche Atmas versuchten Brücken zu schlagen, um Jerry die Möglichkeit zur Rückkehr zu vermitteln. Ihre gut gemeinten Vorschläge jedoch
    wurden mit einem Formbrief des Hauptquartiers beantwortet, in dem ihnen Mahaguru Gordon Blake mitteilte, sie seien nicht länger Atmas und ihre Einweihungen
    seien ihnen entzogen, weil sie gemeinsame Sache mit Feinden der Liga machten. Der schüchterne Gordon Blake, der sich bei seinem ersten Seminar fast
    blamiert hätte, bewies kompromisslose Härte. „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich,“ schrieb er in einem Wahrheitsbrief. Kritische Meinungen, die unter
    Jason zumindest angehört und diskutiert worden waren, galten fortan als Ausdruck böser Mächte, die nichts anderes im Sinn hatten, als der Liga zu schaden.
    Gnadenlose Härte gegen Andersdenkende galt folgerichtig als spirituelle Tugend und als Verteidigung des Hju gegen die Macht des Bösen. Als bekannt wurde,
    dass Jerry nach einer Phase schwerster Depressionen in seinem Haus Selbstmord begangen hatte, nahmen die Atmas diese Nachricht als Bestätigung für die
    Unangreifbarkeit des heiligen Hju. Jerrys Anhängerschaft zerstreute sich rasch. Die meisten kehrten reumütig zur Liga zurück, nahmen unterwürfig hin, dass
    man sie um eine Einweihungsstufe zurücksetzte und teure, langatmige Deprogrammierungsschulungen absolvieren ließ. Sie wurden durch diese überwundene
    Erfahrung einer Abirrung vom wahren Weg nur noch fanatischere Atmas. Einige wenige verließen die Liga. Gordon und Jane hatten den Kampf gewonnen. Niemand
    wagte mehr, an Gordon Blake zu zweifeln. Der neue Mahaguru besuchte eine Reihe von Seminaren in den großen Städten der USA und Europas. Wie ich hörte,
    führte ihn Jane in Deutschland persönlich bei Edith ein, die aufgrund ihrer Einweihungsstufe formell zum inneren Kreis der Liga gehörte, aber nur selten in
    die Staaten reiste, um die Begegnung mit mir zu vermeiden. Edith und Fred sorgten mit rigorosen Maßnahmen dafür, dass es unter den europäischen Atmas zu
    keinen Zweifeln am neuen Mahaguru kam.
    Nun flogen Gordon Blake überall die Herzen zu. Nachdem während der drohenden Spaltung der Liga der Zuwachs an neuen

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