Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)
Happy End. Die Atmas singen Friede, Liebe,
Eierkuchen.“ Ted machte sich nicht die Mühe, seine Geringschätzung für Panettas hochtrabende Worte zu verbergen.
Panetta überhörte es. „Gordon ist tot!“, bellte er, dass die Leute am Nebentisch die Köpfe hoben.
Einen Augenblick herrschte betroffenes Schweigen.
Ted fasste sich als erster. „Wer hat ihn umgebracht?“
Panetta starrte Ted erschrocken an. Ich glaubte rasenden Hass in seinen Augen aufblitzen zu sehen. Doch sofort entspannten sich seine Züge wieder. Ein
mildes Lächeln legte sich auf seine Lippen.
„Was ist dir über die Leber gelaufen, Ted? Du glaubst doch selbst nicht, dass man in der Liga Mörder findet.“
„Du weißt so gut wie ich, Patrick,“ antwortete Ted und versuchte, den Tonfall falscher Freundlichkeit nachzuahmen, „dass genügend Atmas herumlaufen, die
ohne mit der Wimper zu zucken bereit wären, für die Liga zu morden. In dieser Hinsicht unterscheiden wir uns von keiner Religion, die jemals aus welchem
Himmel auch immer auf die Erde gefallen ist.“
„Wir sollten uns dieses interessante philosophische Gespräch für eine ruhigere Stunde aufheben, lieber Ted. Ich jedenfalls bin nicht deiner Meinung.
Außerdem wurde Gordon nicht umgebracht. Er ist gestern Nacht betrunken gegen den Betonpfeiler einer Highwaybrücke gerast. Jede Einwirkung von außen ist
ausgeschlossen. Er ist nicht einmal in seinem eigenen Auto gefahren, sondern in einem Leihwagen, den er sich eigens für diese Spritztour gemietet hatte.
Niemand weiß, wohin er unterwegs war. Es passierte südlich von San José.“
„Das hat das Hju aber fein eingefädelt,“ bemerkte Ted.
Ich war unfähig zu sprechen, spürte, wie das Blut aus meinem Gesicht wich. Ich biss auf die Lippen und ballte unter dem Tisch die Fäuste, um nicht das
Bewusstsein zu verlieren.
„Das Hju straft alle, die sich gegen die Liga und den Mahaguru stellen,“ versetzte Panetta mit kaltem Triumph.
„Jedenfalls hat die Liga jetzt ein großes Problem weniger.“
„Die Liga hat nie Probleme, nur ihre Feinde haben welche.“
Den Atmas galt Gordons Tod als Beweis für die Allmacht der uralten Adepten und des Hju. Unzählige Atmas fühlten sich veranlasst, ihrer Loyalität zu
Mahaguru Andersen in Briefen an das Hauptquartier Ausdruck zu verleihen. Aus vielen dieser Briefe sprach nackte Angst. Manche Atmas beschuldigten sich
selbst, sie hätten sich Zweifeln hingegeben, diese aber durch das Wirken des Hju für alle Zeiten ausgeräumt. Der Tod Gordons schien bei den Atmas eine
innere Inquisition auszulösen. Atmas, die während des Streites der beiden Meister zu zweifeln gewagt hatten, fürchteten sich nun, die Strafe des Hju könne
auch sie treffen. Vielen Briefen lagen Spendenschecks bei, die wohl die Treue und Bußwilligkeit der Absender unter Beweis stellen sollten. Andersen
beschwichtigte die aufgebrachten Atmas etwas, sprach in einem Artikel über die Gnade des Hju und erteilte allen, die in vorübergehender Verblendung Gordon
gefolgt waren, die Absolution, verbunden mit der Auflage, eine speziell konzipierte Deprogrammierungsschulung zu absolvieren. Und wirklich, bis auf einige
von Gordons treuesten Anhängern, die das Gerücht ausstreuten, Gordon sei ermordet worden, kehrten alle reumütig in den Schoß der Liga zurück. Andersen
verlor kein böses Wort über Gordon, erwähnte nicht einmal seinen Namen, sprach nur in allgemeinen Begriffen über diese „schwere Prüfung der Atmas.“ Schon
nach wenigen Wochen schien es, als habe es einen Mahaguru Gordon Blake nie gegeben. Seine Bilder wurden aus den Zentren entfernt, sein Name vorläufig nicht
mehr in Publikationen der Liga erwähnt, seine Schriften aus dem Verkehr gezogen. Nie gab es harte Worte, Anklagen oder gar eine ehrliche Aufarbeitung der
Ereignisse. Als etwas Gras über die Sache gewachsen war, wurde Gordon Blake unauffällig in die offizielle Historie der Liga integriert. Er wurde als
Nachfolger von Liga-Gründer Howard Jason aufgeführt, der nach erfolgreicher Erfüllung seiner Mission auf Erden das Szepter des Hju an Mahaguru Andersen
weitergegeben und sich wie alle Mahagurus vor ihm in die Welten der Wahrheit zurückgezogen hatte. Auch sein Tod wurde glorifiziert. Aus dem tödlichen
Unfall wurde die bewusste Entscheidung eines Erleuchteten, die Welt zu verlassen, eine nächtliche Himmelfahrt, bei der ein großer Meister freiwillig seine
körperliche Hülle zurückgelassen hatte. Gordons bittere
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