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Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Der Name der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Binder
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Bewusstsein, ist
    spielend leicht zu treffen.“
    In diesem Augenblick erkannten wir eine Dimension der Liga, die uns bislang verborgen gewesen war. Es war wie das zaghafte Öffnen einer Tür in einen
    unbekannten Raum. Ich fühlte mich unbehaglich, beängstigt, wie von einer kalten Hand ergriffen, wollte diese Türe zuschlagen, doch es gelang mir nicht, so
    sehr ich auch versuchte, Vernunftsargumente dagegenzuhalten. Auf einmal wurde mir meine Stellung in diesem Geflecht bewusst. Ich befand mich im Zentrum des
    gewaltigen Spinnennetzes, hatte maßgeblich geholfen, es zu bauen, war Werkzeug dieser Kraft, die geduldig wie Wasser in alle sich öffnenden Ritzen und
    Räume des Bewusstseins einsickerte, um es schließlich ganz zu erfüllen.
    Ted schien meine Gedanken zu erraten. „Es gibt nur eine Möglichkeit, der Sache ein Ende zu setzen. Wir müssen das Mündungsrohr verstopfen, damit die Kanone
    beim nächsten Schuss selbst explodiert. Andersen muss mit der Wahrheit an die Öffentlichkeit, bevor auch er ganz dieser Kraft verfällt.“
    Heute weiß ich, dass es eitle Vermessenheit war, den Lauf der Dinge auf solch selbstherrliche Weise verändern zu wollen. Damals aber glaubte ich fest
    daran, dass nur wir, die wir uns im Zentrum der Liga befanden, im Mittelpunkt dieses Gespinstes dunkler Energie, es von innen heraus zerstören konnten. Wir
    glaubten, Mahaguru Andersen wie einen Roboter fernzusteuern, glaubten, dass er ein unbewusstes Werkzeug unserer Absichten war, glaubten, überlegen die
    Fäden in der Hand zu halten, doch in Wirklichkeit waren wir es, die als Figuren eines weit größeren Planes von unsichtbarer Hand geführt wurden. Wir selbst
    waren Handpuppen, gefangen in der Illusion, einen eigenen Willen zu besitzen, einen Plan, eine Mission. Wie blind waren wir, wie anmaßend, wie gefangen in
    verblendeter Selbstüberschätzung. Wir glaubten, durch Mittel der Lüge und Intrige ein Gebilde zu zerstören, das selbst nur aus Lüge bestand. Feuer aber
    lässt sich nicht durch Feuer löschen. So klar ich dies heute erkenne, so verloren in falschen Hoffnungen war ich damals. Ted und ich sprachen niemals
    wieder über die dunkle Kraft, die wir in unseren Träumen erahnt hatten. Trotz aller klaren Hinweise schien uns die Vorstellung einer überweltlichen Macht,
    die die Liga steuerte und benutzte, letztlich zu unrealistisch. Wir wollten nicht auf irrationale Spekulationen verfallen, wie sie unter den Atmas
    gebräuchlich waren. Im Licht der Vernunft betrachtet schien die Liga nichts anderes als ein gut florierendes Geschäftsunternehmen, das die Ware
    Spiritualität verkaufte und in ihrem Drängen nach weltweiter Bedeutung vor nichts mehr zurückschreckte.
    In manchen Augenblicken aber, wenn meine Gedanken frei zu schweifen begannen, wenn ich nachts wach lag und mir die Leere meines eigenen Lebens schonungslos
    bewusst wurde, traten die Eindrücke meines Traumes wieder vor das innere Auge, lebendiger als je zuvor und ich sah auch die Traumbilder, die Ted mir
    erzählt hatte, als wären sie meine eigenen. Wie Fenster in eine andere Wirklichkeit schienen diese Bilder, eine Wirklichkeit, die mich mit Todesangst
    erfüllte, die mein Herz in eiserne Klammern zwängte und meinen Kopf mit einem Brausen erfüllte, das den ganzen Körper zittern machte. In solchen Stunden
    wusste ich, dass diese unsichtbare Kraft real war, dass sie tatsächlich hinter der Liga stand, dass sie mit der Liga wuchs, um sich allmählich über die
    ganze Erde zu verbreiten. Es gelang mir, diese schrecklichen Momente der Erkenntnis durch panische Aktivitäten zu verscheuchen. Ich sprang aus dem Bett,
    sah mir alte Filme an, verlor mich in der heilen Welt der vierziger und fünfziger Jahre, wobei mir so manche Flasche edler Burgunder hilfreich zur Seite
    stand. Oder ich holte meine Seekarten aus dem Schrank, studierte neue Törns, die ich mit meiner Jacht segeln wollte. Ich wagte nicht, mit Ted über diese
    nächtlichen Stunden zitternder Angst zu sprechen, denn jeder Gedanke an diese unfassbare Schattenkraft schien ihre Macht über mich zu verstärken, jeder
    Versuch, sie zu beschreiben, zu analysieren, machte sie wirklicher und manifester. Der Wunsch, sie für immer abzuschütteln, wurde übermächtig.
    Ted und ich setzten unsere ganze Kraft daran, unseren Plan zu verwirklichen. Der erste Schritt, Gordon abzusetzen und einen Mahaguru zu installieren, der
    das Werkzeug unserer Absichten sein sollte, war gelungen. Nun galt es, Andersen endgültig

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