Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Der Name der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Binder
Vom Netzwerk:
aufzulehnen, fuhr hoch, riss die
    Augen auf und blickte in ein rundes, glattes Gesicht, das dem seinen aufmerksam zugewandt war.
    Ein Reflex der Angst zuckte durch Aron, verschwand aber sofort, als eine ruhige Stimme sagte: „Es ist gut. Sie sind in Sicherheit.“
    Aron fühlte sein Herz bis zum Hals schlagen. Klar erinnerte er sich an alles, was er gesehen, nur sein Sinn für Zeit war verloren. War er Jahre in diesen
    Räumen geschweift oder nur Augenblicke? Schon einmal, auf Bali, war er in eine solche Ohnmacht gefallen. Alles war verworren und konfus gewesen, als er aus
    ihr erwacht war, und doch von neuer, ungewohnter Kraft erfüllt. Nun aber spürte er neben neu geschöpfter Stärke gläserne Klarheit, die wie Eiswind in ihm
    wehte und jede Furcht, jeden Zweifel vertilgte. Nur den Schmerz um Walts Tod spürte er inmitten reiner Stille, und, durch die Bilder vergangener Leben neu
    entfacht, den Schmerz um Ben. Lange verharrte Aron unbewegt und starrte in das fremde mongolische Gesicht, in die engen Mandelaugen, in denen schwarze
    Sterne zu glitzern schienen. Er hatte dieses Gesicht noch nie gesehen und doch schien er es zu kennen. Für einen Augenblick öffnete sich noch einmal eine
    Türe in seinem Inneren. Wellen von Hass gegen diesen Menschen brachen aus ihr hervor. Noch einmal, für Momente nur, war Aron der stolze, herablassende
    Kaufmann, dem Be’el verfallen, und er sah den anderen, der auch in diesem fernen Leben die Kreise seines Schicksals berührt hatte, erst als Spielball
    seiner boshaften Launen und dann als Todfeind, gegen den der Be’el ihn hetzte. Wie eine unwirsche Geste flogen diese Bilder an Aron vorüber, ein später
    Windstoß, der nach dem Sturm noch einmal den still gewordenen Weiher kräuselt, um im Nichts zu verwehen.
    Der Fremde lächelte und neigte den Kopf auf eine Weise, als habe auch er diesen Ausbruch von Bildern gesehen, die Aron mit ihm verbanden. Eine Weile
    schwieg er.
    „Es war besser, das Haus zu verlassen, bevor die Polizisten auf die Idee kamen, Fragen zu stellen,“ sagte er schließlich. „Wir waren beide mit Walt Mason
    verabredet, aber ich glaube nicht, dass wir bei den Ermittlungen von Nutzen sein könnten. Es hätte nur langwierige, unfruchtbare Stunden auf irgendwelchen
    nicht gerade appetitlichen Amtsstuben bedeutet. So etwas kann dauern in Asien. Ich habe mir erlaubt, Sie mitzunehmen.“
    „Sie sind Dr. Timur Aslan, nicht wahr?“, sagte Aron.“
    „Entschuldigen Sie, dass ich mich nicht vorgestellt habe.“
    Aron drückte Timurs Hand.
    „Ihr Zustand half übrigens dabei, das Haus unbehindert verlassen zu können. Niemand hatte Zeit, sich um einen Touristen zu kümmern, der vor dem schaurigen
    Anblick ohnmächtig geworden war. Ihr Rucksack, den Sie so fest umklammert hielten, liegt übrigens hier auf dem Stuhl.“
    „Ich danke Ihnen, dass Sie sich um mich gekümmert haben.“
    „Keine Ursache. Darf ich Ihnen Tee anbieten? Mein Quartier ist leider nicht so komfortabel wie Walt Masons Wohnung oder Ihr Hotel.“ Er goss gewürzten
    Milchtee aus einer Thermoskanne in eine Schale. „Wenn ich mich in Kathmandu aufhalte, habe ich die Möglichkeit, in diesem tibetischen Kloster zu wohnen.
    Das ist ungestörter als in jedem Hotel. Außerdem ist der Rinpoche, der es leitet, ein alter Freund von mir.“
    „Wer hat Walt umgebracht?“
    Timur wiegte den Kopf und reichte Aron die Teeschale. „Ich fürchte, das wissen Sie besser als ich.“
    „Warum?“
    „Als Walt mich einlud, sagte er mir, dass auch Sie kommen würden, der beste Freund seines Sohnes Ben, ein herausragender Abgänger der Liga-Akademie, der
    aber stark zu zweifeln begonnen hat an der Liga. Es war sehr unvorsichtig von Walt, Sie in sein Haus einzuladen. Er hätte nicht einmal Kontakt mit Ihnen
    aufnehmen dürfen.“
    „Ich verstehe nicht.“
    „Die Frau, die neben seiner Leiche schrie und jammerte, war seine nepalische Haushälterin. Sie hat ihn gefunden. Sie hat lauthals hinausgeschrien, was es
    im Zimmer sonst noch zu sehen gab. Die Mörder haben offenbar nach ihrer Tat die Wohnung auf den Kopf gestellt, bis sie etwas ganz bestimmtes fanden. Walt
    Mason hatte stets, wie er mir sagte, eine Menge Bargeld bei sich. Ein Mann, der gezwungen ist, seine Spuren zu verwischen, kann keine Kreditkarten
    benutzen. Aber es wurde kein einziger Dollar gestohlen, keine Wertsachen. Die Mörder haben mit Vorsatz nach etwas ganz bestimmtem gesucht.“
    Aron erschrak. „Aber wie es ist es möglich, dass die

Weitere Kostenlose Bücher