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Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Der Name der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Binder
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der
    Finsternis wieder ans Tageslicht kam, tauchte auch diese Tafel auf, die seine Wirkung einst mit ebenso mächtiger Magie bannte.“
    Aron betrachtete die fein geschnittenen Hieroglyphen der schwarzen Platte und erkannte sie augenblicklich wieder.
    „Ich habe diesen Stein gesehen in meinem Inneren, als Teil des Siegels der Finsternis. Ich habe gesehen, wie es zerbrach,“ sagte er.
    „Nehmen Sie ihn mit auf Ihre Reise. Die beiden Nokam, die schon über die Brücke kamen, vermögen die dunkle Energie des Bruchstückes zu nutzen, das von
    Atlan kam. Doch der Bann, der diese böse Energie in Ägypten fesselte, vermag dies erneut zu tun, wenn auch er zu neuem Leben erweckt wird. Keine der dualen
    Energien ist stärker als die andere. Sie neutralisieren sich gegenseitig. Die Kunst der Magie in den frühen Zeiten Ägyptens stand dem, was von Atlan blieb,
    um nichts nach.“
    „Wie kann diese Erweckung geschehen?“
    „Der den Stein zerbrach, vermag ihn zusammenzufügen.“
    Aron glaubte zu verstehen. Zugleich erfüllte ihn der Gedanke, nach Blackwater zu gehen, in das Herz der Finsternis, in das Land auf der anderen Seite der
    Brücke, mit wachsendem Erschrecken.
    „Die Nokam sind Meister der Magie,“ sagte er, „sie wissen um das Geheimnis, die Kraft ihres Siegels zu nutzen. Ich aber… wie soll ich die bannende Macht
    erwecken?“
    „Wirkliche Macht besteht darin, dass kein Gedanke und kein Gefühl den Strom des Hu mehr lenkt, weder zur dunklen Seite hin noch zur hellen. So wirkte die
    Schöpfungskraft des ursprünglichen, reinen Hu. Wenn kein Gedanke und kein Wille mehr existiert, werden die Dinge geschehen, die geschehen müssen. Diese
    aber werden in jedem Fall geschehen. Keine Energie der Welt, ob hell oder dunkel, vermag sie zu verhindern.“
    Aron nickte stumm. Er spürte diese stille Macht in sich, seit die Mauer in seinem Inneren gefallen war. Sein Bewusstsein war nur fähig, ein Echo davon zu
    begreifen, denn dieser Urgrund entzog sich aller Form, aller Fassbarkeit, aller Beschreibung. Aron verstand, doch er fand keine Worte, sein Verstehen
    auszudrücken.
    Als er Timur verließ, als ein Mönch des Klosters ihn zurückführte zu seinem Hotel, wusste er nicht, was er tun sollte, wenn er nach Blackwater kam und doch
    gab es keinen Zweifel, dass es seine Bestimmung war, ein letztes Mal vor die Nokam zu treten. Aron besaß keinen Plan, hatte sich keine List ausgedacht,
    hatte Timur nicht gebeten, ihm Rat zu geben. Er spürte nur die Leerheit des Schweigens in sich, die alle Angst, alle Gedanken, alle Regungen in seinem
    Herzen ausgelöscht hatte, die Leerheit der Stille, die einem sanften Lächeln glich.
Kapitel 25
Die große Einweihung
    Die Straße war ein schnurgerades Band in schwarze Unendlichkeit. Gelbe Mittelstreifen schossen in monotonem Rhythmus aus dem Nichts in den Kreis der
    Scheinwerfer. In den Seitenfenstern aber stand der Sternenhimmel in bewegungsloser Stille. Aron schwieg. Seit dem Abschied von Timur schwieg er. Nur die
    nötigsten Worte waren über seine Lippen gekommen, an den Schaltern der Flughäfen, in dem Hotel, in dem er eine Nacht verbracht hatte, ohne zu schlafen.
    Waches, konzentriertes Bewusstsein füllte ihn aus, eine Klarheit, die ohne Worte, ohne Denken sich selbst genug war, die wahrnahm und durchdrang, was im
    Augenblick geschah, doch kein Urteil daran heftete, die nichts festhielt, nicht in Vergangenheit, nicht in Zukunft schweifte. Anstrengungslos weilte diese
    Wachheit in ihm, als natürliche Verfassung seines Geistes, in sich ruhend wie ein spiegelglattes Meer. Aron hatte die Ethik-Hüter, die ihn am Flughafen
    erwarteten, mit einem Nicken begrüßt, ernst, gefasst, und sie hatten seinen Wunsch zu schweigen respektiert. Kein Wort fiel während der Fahrt, als der
    Wagen fast lautlos durch die Nacht glitt.
    Erst als sie gegen Mitternacht Blackwater erreichten, als der Fahrer die Ankommenden über Funk anmeldete und das gewaltige metallene Tor mit dem Symbol der
    Liga sich wie von Geisterhand auftat, drehte sich der andere EH zu Aron um und sagte: „Mahaguru Ken und Patrick warten bereits auf dich. Wir sind
    beauftragt, dich unverzüglich zu ihnen zu führen. Wir lassen dein Gepäck im Wagen. Du kannst es später zu deinem Zimmer bringen.“
    Aron nickte stumm.
    Blackwater schien menschenleer. Kein Licht war zu sehen im Gästetrakt, in den Baracken der EHs und im Schulungsgebäude. Notbeleuchtungen warfen fahlen
    Dämmer über den Parkplatz und die mit Kies bestreuten

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