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Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Der Name der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Binder
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des Be’el brannte. Gnädig schien Xerck gestimmt in diesem Augenblick, der pla stisch vor Arons Vision aufstieg. Eine kleine schwarze
    Tafel nahm der junge Kaufmann in Empfang, tief verbeugte er sich, erleichtert, dass seine Lüge einmal mehr unentdeckt geblieben war.
    „Der Ring, den du trägst, wird dem Be’el den Bann des Schweigens öffnen,“ hörte er den Alten sagen. „Als Träger des Rings musst du den magischen Kreis der
    Namaii als erster durchschreiten. Dir ist bestimmt, den lodernden Brand des Be’el hineinzutragen in den Bezirk der Gläsernen Stadt. Dieses steinerne Siegel
    schütze und leite dich. Es stammt vom heiligsten Urbild des Be’el, vom Zentrum seiner Macht und in ihn geschnitten ist der letzte Spruch seines Orakels.
    Lies es!“
    Aron blickte durch die Augen des Kaufmanns auf den flachen, blank polierten Stein, der in seiner Mitte eine kurze Inschrift trug und darüber ein Zeichen,
    einen Kreis, der ein Dreieck mit nach unten gerichteter Spitze umschloss.
    „Dies ist das Zeichen des Be’el, der sich mit der Khaïla vereint hat, der Mutter der Erde.“ In Xercks Stimme schwang Triumph. „Sein heiliger, alles
    umfassender Kreis umschließt auch ihr Zeichen des Trem. Der Be’el beherrscht sie und wird bald seine Macht mit der ihren vermählen. Dann ist er stark
    genug, auch die höchste Macht zu gewinnen, wie das Orakel es vorhersagte. Lies!“
    Mit bebender Stimme, den Kopf noch immer tief gebeugt, las der junge Kaufmann die Schriftzeichen auf dem Stein:
    Ist Be’el der Mund,
der Hju spricht,
ist die Macht der Nokam
vollkommen.
    „So ist es,“ sprach der Herr des Feuers, „wenn der Be’el sich vereint hat mit der Urmutter, wird er nach dem Geheimnis der Gläsernen Stadt greifen, das im
    Hju verschlossen liegt. Dann erst wird seine Macht vollkommen sein und die Nokam werden für immer den Kosmos beherrschen. In diesem Siegel liegt die Stärke
    des Be’el verschlossen. Dein Ring, den ein günstiges Geschick deiner Familie schenkte und der jetzt der heiligen Flamme dient, wird den Bann um die
    Gläserne Stadt zerbrechen. Die Macht dieses Siegels aber wird alle Gegenwehr ersticken. Der Be’el wird sich durch die schaffende Kraft des Hju zur höchsten
    Macht erheben.“
    Demütig nahm der Kaufmann die kleine schwarze Steintafel, glaubte sie brennen zu spüren in seiner Hand wie glühendes Eisen, barg sie in seinem Gewand und
    senkte das stolze Haupt noch tiefer vor dem Herrn des Feuers.
    Nur Tage später aber zerriss das Netz der Lüge, in das der junge Kaufmann eingesponnen war. Aron sah dieselben Bilder, die in jener Nacht auf Bali über ihn
    gekommen waren, sah seine dem Be’el geweihte Gemahlin Sae, die ihn verriet, sah sich in den Flammen des unbarmherzigen Gottes, sah die Augen des Xerck, die
    sich einbrannten in seinen Geist mit grenzenlosem Hass, spürte, wie sein Bewusstsein schwand und zugleich angefüllt wurde mit dem Geist des Be’el, mit der
    Finsternis der Vernichtung. Doch nicht in Panik sah Aron diese Bilder jetzt, sondern losgelöst, ohne dass sie eine Emotion in ihm weckten. Sein Geist war
    still und klar wie der Spiegel eines Sees an einem windstillen Morgen. Er sah und verstand die Bilder dieses Spiegels als Linien, die zu seinem Jetzt
    führten, als Botschaften, die ihm Einblick gewährten in die Verstrickungen seines Lebens, in dem er wieder verbunden war mit dieser Kraft der Finsternis.
    In die flammenzuckende Dämmerung des gewaltigen Tempels irrte der Blick des Kaufmanns, verzweifelt, sterbend, Momente bevor sein Bewusstsein auslöschte,
    rasend vor Angst und Schmerz und doch wach, hellsichtig fast, abgleitend von im Hass aufgepeitschten, schreienden Gesichtern. Inmitten der wogenden Menge,
    in Verkleidung eines Bettlers, erkannte er den Krieger, der zum mächtigsten Feind des Be’el gewachsen war, den Sohn der Seph, auserwählt vom Xerck als
    Kriegsherr der heiligen Flamme, dem Sae eigentlich versprochen gewesen war, die Blüte des Feuers, doch der die Macht der Finsternis abgeschüttelt hatte,
    der geflohen war und nun ein Heer gegen den Be’el führte, um das grausame Schicksal der Völker Atlans abzuwenden. Im letzten Aufflackern seines Geistes sah
    er den Krieger, den er gehasst und gefürchtet, und der wiederum ihn, den Kaufmann, bitter verachtet hatte. Unauflöslich verstrickt hatten sich ihre
    Schicksalslinien in diesen Zeiten, als die dunkle Macht zu vernichtender Stärke wuchs. Wie eine Rettung sah er den Todfeind jetzt, wie einen Schimmer

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