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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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bemühte sich gerade aufzustehen, fuhr aber fort, ganze Seiten abzureißen und sich in den Mund zu stopfen, als wollte er rasch noch soviel wie möglich von seiner Beute verschlingen.
    Wir erreichten ihn, als er sich gerade erhoben hatte. Er spürte unsere Nähe, fuhr herum und wich langsam zurück. Sein Antlitz, umzuckt vom rötlichen Schein der Flamme, erschien uns nun wahrhaft entsetzlich: die Züge entstellt, die Stirn und die Wangen bedeckt von öligem Schweiß, die gewöhnlich so weißen und toten Augen blutunterlaufen, die Lippen und Lefzen verklebt von Papierfetzen, zwischen den Zähnen zerknüllte Blätter gleich dem Fraß eines wilden Tieres, das zu gierig geschlungen hat und nicht mehr zu schlucken vermag. Verunstaltet durch die Angst, durch das Wüten des Giftes in seinen Adern und durch die so teuflische wie verzweifelte Entschlossenheit, wirkte, was einst die verehrungswürdige Greisengestalt des Alten gewesen, nun abstoßend und grotesk. Bei anderer Gelegenheit hätte sie uns zum Lachen gebracht, doch in diesem Augenblick waren auch wir nur gleich Tieren, Hunden auf der Jagd nach dem Wild.
    Wir hätten Jorge in aller Ruhe ergreifen können, doch wir stürzten uns voller Wut auf ihn, er wand sich heftig, drückte das Buch mit beiden Händen an seine Brust, ich packte ihn mit der Rechten, hielt mit der Linken die Lampe hoch, doch die Flamme streifte ihm das Gesicht, er spürte die Hitze, stieß einen dumpfen Laut aus, ein tiefes Röhren, schnellte blitzartig mit der Rechten vor, entriß mir die Lampe und schleuderte 299
    Der Name der Rose – Siebenter Tag
    sie zu Boden . . .
    Sie fiel genau in den Haufen der Bücher, die er vom Tisch gestoßen hatte und die nun, teils aufgeblättert, wüst durcheinander am Boden lagen. Das Öl ergoß sich darüber, das Feuer erfaßte sofort ein brüchiges Pergament, das wie trockener Zunder aufflammte. All das geschah in wenigen Augenblicken, schon loderte aus den Folianten eine Stichflamme auf, als hätten jene uralten Seiten bereits jahrhundertelang nach dem erlösenden Brande gelechzt und jubelten nun in plötzlich erfolgter Befriedigung einer primordialen Sehnsucht nach Ekpyrosis. William begriff als erster, was da geschah, ließ den Alten fahren, der sofort ein paar Schritte zurückwich, und zögerte kurz, gewiß zu lange, ob er Jorge wieder ergreifen oder sich auf den Brand werfen sollte, indes ein besonders altes Buch hochauflodernd gleichsam mit einem Schlage verbrannte.
    Die scharfen Böen, die ein schwaches Flämmchen leicht hätten ausblasen können, entfachten ein stärkeres Feuer nur um so mehr, und knisternde Funken stoben auf.
    »Schnell, lösch das Feuer!« schrie William. »Hier ist alles brennbar!«
    Ich stürzte mich auf die brennenden Bücher, hielt aber kurz davor inne, da ich nicht wußte, was ich tun sollte. William kam mir zu Hilfe, wir schlugen mit bloßen Händen ins Feuer und spähten zugleich im Räume herum nach etwas, womit wir es löschen könnten. Einer plötzlichen Eingebung folgend streifte ich mir die Kutte über den Kopf und schlug damit auf die Flammen. Aber sie waren bereits zu hoch, sie erfaßten den Stoff und nährten sich weiter an ihm. Ich mußte ihn fahrenlassen und zog die versengten Hände zurück, drehte mich hilfesuchend zu William um und erblickte direkt hinter ihm Jorge, der wieder nähergekommen war. Die Hitze war jetzt so groß, daß er sie deutlich spürte, er wußte genau, wo sich das Feuer befand, und warf den Aristoteles mitten hinein.
    William fuhr wütend herum und versetzte dem Alten einen heftigen Stoß vor die Brust, der ihn rücklings gegen einen Schrank warf, wo er sich den Kopf an einer Kante stieß und zu Boden stürzte . . . Doch William, aus dessen Munde ich einen entsetzlichen Fluch vernommen zu haben glaubte, kümmerte sich nicht weiter um ihn, sondern wandte sich gleich wieder zu den brennenden Büchern. Zu spät. Der Aristoteles, beziehungsweise das bißchen, was von ihm noch übriggeblieben war nach dem schaurigen Mahle des Alten, brannte bereits lichterloh.
    Unterdessen waren etliche Funken herumgeflogen, und schon krümmten sich die Bände in einem hohen Wandschrank unter dem Ansturm des Feuers. Wir hatten nicht mehr nur einen, sondern bereits zwei Brandherde im Raum.
    William begriff, daß wir sie mit bloßen Händen nicht würden löschen können, und beschloß, die Bücher mit Büchern zu retten. Er griff sich einen schweren, metallbeschlagenen Folianten, der ihm solider als andere erschien, und

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