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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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William es weiterhin von der richtigen Seite betrachten konnte. »So, und warum«, fragte er triumphierend, »hat er dann zugelassen, daß dieser Text verlorenging im Lauf der Jahrhunderte? Und daß die einzige uns erhaltene Abschrift, kaum daß sie irgendwann jemand vollendet hatte als Abschrift der einzigen damals erhaltenen Abschrift, über Jahrzehnte begraben blieb in den Händen eines Ungläubigen, der kein Griechisch verstand, und danach vergessen herumlag im hintersten Winkel einer alten spanischen Bibliothek, wo ich, nicht du, sie zu finden berufen war, um sie herzubringen in dieses Kloster und hier erneut zu verbergen über Jahrzehnte? Ich weiß es, jawohl, ich weiß es, als sähe ich's vor mir geschrieben in Lettern aus Diamant, denn meine Augen sehen Dinge, die du nicht siehst: Es war der Wille des Herrn, ich habe den Willen des Herrn gedeutet und ausgeführt. Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.«
    297
    Der Name der Rose – Siebenter Tag
    SIEBENTER TAG
    NACHT
    Worin es zur Ekpyrosis kommt und dank allzuviel Tugend die Kräfte der Hölle siegen.
    Der Alte schwieg. Er hatte beide Hände flach auf das Buch gelegt und strich nun sanft, fast zärtlich über die Seiten, als wollte er sie behutsam glätten, um sie besser lesen zu können, oder als wollte er sie vor einem plötzlichen Zugriff schützen.
    »All das hat jedenfalls nichts geholfen«, sagte William. »Nun ist es zu Ende, ich habe dich gefunden, ich habe das Buch gefunden, und die Toten sind umsonst gestorben.«
    »Nicht umsonst«, entgegnete Jorge. »Vielleicht waren es zu viele. Und wäre dir je noch geholfen mit einem Beweis, daß dieses Buch verflucht ist, so hast du ihn damit. Aber die Toten dürfen nicht umsonst gestorben sein, und damit sie nicht umsonst gestorben sind, wird ein weiterer Tod nicht zuviel sein.«
    Sprach's und begann mit seinen knochigen, welken Greisenhänden die mürben Seiten des Buches langsam in schmale Streifen zu reißen und sie sich in den Mund zu stecken, andächtig kauend, als verzehre er eine Hostie, um sie Fleisch von seinem Fleische werden zu lassen.
    William starrte ihn völlig entgeistert an, er schien nicht gleich zu begreifen, was da geschah. Dann fuhr er hoch und schrie, weit vorgebeugt über den Tisch: »Was tust du?« Der Alte verzog die bleichen Lippen zu einem Grinsen, das sein blutleeres Zahnfleisch enthüllte, während ihm Fäden von gelblichem Speichel auf die weißen Kinnstoppeln rannen.
    »Du hattest doch das Schmettern der sieben Posaunen erwartet, nicht wahr? So höre nun, was die Stimme sagt, bevor der siebente Engel posaunt: ›Versiegle, was die sieben Donner gesprochen haben, schreib es nicht auf! Nimm das Buch und verschling es, es wird dich im Bauche grimmen, aber in deinem Munde wird's süß sein wie Honig!‹ Siehst du, William? Ich versiegle, was dem Willen des Herrn zufolge nicht aufgeschrieben werden sollte, ich begrabe es in dem Grab, das ich werde!«
    Er lachte, wahrhaftig, er! Zum ersten Male hörte ich Jorge von Burgos lachen! Er lachte tief in der Kehle, ohne daß die Lippen Freude ausstrahlten, und es klang fast wie ein Schluchzen. »Das hattest du nicht erwartet, William, nicht wahr? Nicht diesen Schluß! Nicht daß dieser Alte am Ende, dank der Gnade des Herrn, doch siegen würde! Ha!« Und da William versuchte, ihm das Buch zu entreißen, was er jedoch spürte an den Vibrationen der Luft, wich er einen Schritt zurück, mit der Linken das Buch an die Brust gedrückt, während er mit der Rechten fortfuhr, Streifen und Fetzen abzureißen und sich in den Mund zu stopfen.
    William konnte ihn nicht erreichen, da der Tisch zwischen ihnen stand, und wollte daher das Hindernis rasch umgehen. Doch dabei stieß er den Hocker um, der sich in seiner Kutte verfangen hatte, so daß der Lärm seine Absicht verriet. Der Alte lachte abermals auf, schoß überraschend schnell mit der Rechten vor, tastete nach der Lampe, spürte die Hitze der Flamme, schlug mit der Hand darauf, ohne den Schmerz zu scheuen, und die Flamme erlosch. Tiefe Finsternis legte sich über den Raum, und ein letztes Mal hörten wir Jorges Lachen, während er höhnisch rief: »Jetzt sucht mich, ha! Jetzt bin ich es, der besser sieht!« Dann verstummte er, um davonzuschleichen mit jener Lautlosigkeit, die seine Auftritte immer so überraschend gemacht hatte, und nur hin und wieder hörten wir aus verschiedenen Ecken des Raumes das leise Geräusch von aufreißendem Papier.
    »Adson!« schrie William. »Bleib

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