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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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und weiter geschehen. Er würde sonst mit vollem Recht Verrat schreien können, sobald er es von selber entdeckt, sobald gar (was Gott verhüten möge) ein neues Verbrechen geschieht …«
    »Das ist wahr«, nickte William sorgenvoll. »Es bleibt uns gar nichts anderes übrig, als auf der Hut zu sein und Bernard zu überwachen, während er die Abtei überwacht, um den geheimnisvollen Mörder zu fangen. Vielleicht hat das ja auch sein Gutes, denn wenn er auf Mörderjagd ist, hat er nicht mehr soviel Zeit, in die Diskussion einzugreifen.«
    »Bernard auf Mörderjagd, hier in meiner Abtei? Das wird mir ein ständiger Dorn im Auge sein, bedenkt das bitte! Diese schlimme Affäre zwingt mich, zum ersten Mal einen Teil meiner Autorität innerhalb dieser Mauern abzutreten, und das ist ein Novum nicht nur in der Geschichte dieser Abtei, sondern in der des ganzen Cluniazenserordens. Ich würde alles tun, um das zu vermeiden. Vielleicht sollte ich damit beginnen, den beiden Legationen das Gastrecht zu verweigern …«
    »Ich bitte Eure Erhabenheit inständig, einen so folgenreichen Schritt genau zu bedenken«, sagte William. »Ihr habt einen Brief des Kaisers erhalten, der Euch dringlichst auffordert …«
    »Ich weiß, was mich mit dem Kaiser verbindet«, unterbrach der Abt schroff, »und Ihr wißt es auch. Daher wißt Ihr auch, daß ich leider nicht mehr zurück kann. Das alles ist wirklich sehr übel. Wo steckt Berengar, was ist mit ihm geschehen, was habt Ihr unternommen?«
    »Ich bin nur ein schlichter Mönch, der eine Zeitlang erfolgreich inquisitorische Untersuchungen durchgeführt hat. Ihr wißt sehr wohl, daß man die Wahrheit nicht in zwei Tagen findet. Und welche Vollmachten habt Ihr mir schon gegeben? Darf ich die Bibliothek betreten? Darf ich alle Fragen stellen, die ich will, immer gestützt auf Eure Autorität?«
    »Ich sehe nicht ein, was die Morde mit der Bibliothek zu tun haben sollen«, schnaubte der Abt ungehalten.
    »Adelmus war Miniaturenmaler, Venantius war Übersetzer, Berengar war der Adlatus des Bibliothekars …«, erklärte William geduldig.
    »So gesehen haben alle sechzig Mönche hier mit der Bibliothek zu tun, genau wie mit der Kirche. Warum sucht Ihr nicht in der Kirche? Bruder William, Ihr führt hier eine Untersuchung in meinem Auftrag durch und in den von mir angegebenen Grenzen. Ansonsten bin ich in diesen Mauern der einzige Herr nach Gott und dank seiner Gnade. Das wird auch für Bernard gelten. Im übrigen ist es gar nicht gesagt«, fügte der Abt etwas milder hinzu, »daß Bernard allein dieses Treffens wegen hierherkommt. Er will nämlich, wie der Abt von Conques mir schreibt, weiter nach Süden reisen. Außerdem hat Johannes, wie ich demselben Schreiben entnehme, den Kardinal Bertrand del Poggetto gebeten, sich aus Bologna hierher zu begeben, um die Leitung der päpstlichen Legation zu übernehmen. Vielleicht hat Bernard lediglich vor, sich hier mit dem Kardinal zu treffen.«
    »Was vielleicht, in einer weiteren Perspektive gesehen, noch schlimmer wäre. Bertrand ist die Geißel der Ketzer in Mittelitalien. Womöglich ist diese Begegnung zweier so hervorstechender Protagonisten des antihäretischen Kampfes nur das Vorspiel zu einer großangelegten Offensive, die sich am Ende gegen die ganze Franziskanerbewegung richtet …«
    »Wohlan, darüber werden wir unverzüglich den Kaiser ins Bild setzen«, sagte der Abt entschieden. »In diesem Falle wäre jedoch die Gefahr keine unmittelbare. Gehabt Euch wohl, wir werden auf der Hut sein.«
    Sprach's und ging erhobenen Hauptes davon, während William ihm schweigend nachsah. Dann wandte er sich zu mir und sagte: »Vor allem, mein lieber Adson, seien wir auf der Hut vor übereilten Schritten. Die Dinge lassen sich nicht rasch lösen, wenn man so viele kleine und kleinste Details zusammentragen muß. Ich gehe jetzt erst einmal in die Werkstatt zurück, denn ohne die Linsen kommen wir keinen Schritt weiter, weder wird es mir gelingen, Venantius' Handschrift zu entziffern, noch wird es sinnvoll sein, heute nacht erneut die Bibliothek zu erforschen. Du gehst jetzt am besten und erkundigst dich, ob man inzwischen etwas von Berengar weiß.«
    In diesem Augenblick kam Nicolas von Morimond gelaufen und brachte uns schlimme Nachricht: Beim Versuch, die beste Linse, auf die mein Meister die größte Hoffnung gesetzt hatte, noch ein wenig zu schleifen, war sie ihm unter den Händen zerbrochen. Und eine weitere, die vielleicht als Ersatz hätte dienen

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