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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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unseren Aufenthalt im Skriptorium und berichtete lediglich, daß wir einer geheimnisvollen Gestalt gefolgt waren, die ein Buch entwendet hatte. Severin merkte, daß William ihm einen Teil der Wahrheit verschwieg, fragte aber nicht weiter, sondern nickte und meinte, dann sei es gut möglich, daß Berengar – falls er die geheimnisvolle Gestalt war – in seiner Erregung das Bedürfnis nach der wohltuenden Ruhe eines Bades verspürt hätte. Er sei nämlich äußerst empfindsam gewesen, schon kleine Widrigkeiten oder Gefühlsregungen hätten ihn manchmal so heftig erzittern lassen, daß ihm der kalte Schweiß ausbrach und er die Augen verdrehte und in schlimmen Fällen sogar zu Boden stürzte mit Schaum vor dem Munde.
    »In jedem Falle«, sagte William, »muß er zuerst noch woanders gewesen sein, bevor er ins Badehaus ging, denn das Buch, das er gestohlen hatte, war nicht mehr da.«
    »Ja«, fiel ich eifrig ein, »ich habe die Kleider neben der Wanne genau untersucht und keine Spur eines größeren Gegenstandes gefunden.«
    »Bravo, Adson!« lobte mich William lächelnd. »Also war er zuerst noch woanders. Dann mag er, um sich zu beruhigen und vielleicht auch um unseren Nachforschungen zu entgehen, ins Badehaus eingedrungen und sich ins Wasser gelegt haben. Was meinst du, Severin, war sein Leiden so schlimm, daß er ohnmächtig werden und in der Wanne ertrinken konnte?«
    »Schon möglich«, antwortete Severin zögernd. »Andererseits, wenn das Ganze schon gestern nacht passiert ist, könnten eventuelle Wasserspritzer inzwischen getrocknet sein. Wir dürfen also nicht ausschließen, daß er gewaltsam ertränkt worden ist.«
    »Nein«, gab William zu. »Aber hast du jemals einen Ertränkten gesehen, der seine Kleider ablegt, bevor er sich von seinem Mörder ins Wasser eintauchen läßt?«
    Severin schüttelte nur den Kopf, als hätte der Einwand kein großes Gewicht mehr. Seit einigen Augenblicken starrte er auf die Hände des Toten. »Sonderbar …«
    »Was?«
    »Als ich vorgestern morgen die Leiche des armen Venantius untersuchte, fand ich etwas, das mir nicht besonders wichtig erschien: Die Fingerkuppen an zwei Fingern der rechten Hand waren leicht geschwärzt wie von einer dunklen Substanz. Genau wie hier – sieh mal – die Fingerkuppen Berengars! Ja, und hier sind auch Spuren an einem dritten Finger! Vorgestern nahm ich an, Venantius hätte vielleicht im Skriptorium eine Tinte berührt …«
    »Sehr interessant«, murmelte William, während er sich über Berengars Finger beugte. Es dämmerte gerade, das Licht war noch fahl, und mein Meister litt sichtlich unter dem Fehlen seiner Augengläser. »Sehr interessant«, wiederholte er. »Der Daumen und der Zeigefinger sind an den Kuppen dunkel, der Mittelfinger nur an der Innenseite und etwas schwächer. Aber sieh mal, hier sind auch schwache Spuren an der linken Hand, jedenfalls auf Daumen und Zeigefinger …«
    »Wäre es nur an der rechten, so würde ich sagen, er hielt einen kleinen oder langen und schmalen Gegenstand …«
    »Wie zum Beispiel einen Stift. Oder einen Kuchen. Oder ein Insekt. Oder eine Schlange, eine Monstranz, einen Stock … zu viele Möglichkeiten. Aber da auch Spuren an der linken Hand sind, könnte es auch eine Schale gewesen sein: die rechte hielt sie, die linke stützte sie leicht …«
    Severin rieb ein wenig an den Fingern des Toten, doch die dunkle Färbung blieb. Ich bemerkte, daß er sich Handschuhe angezogen hatte, die er vermutlich immer benutzte, wenn er mit giftigen Stoffen hantierte. Er roch an den Fingern, schüttelte aber nur den Kopf. »Ich könnte dir viele Substanzen nennen, pflanzliche und mineralische, die solche Spuren hinterlassen. Manche davon sind tödlich, andere nicht. Die Miniaturenmaler zum Beispiel haben oft dunkle Finger vom Goldstaub …«
    »Adelmus war Miniaturenmaler«, gab William zu bedenken. »Vermutlich hast du angesichts seines zerschlagenen Körpers nicht daran gedacht, seine Fingerkuppen zu untersuchen. Aber könnte dieser hier nicht etwas angefaßt haben, was Adelmus gehörte?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Severin und schüttelte weiter den Kopf. »Zwei Tote, beide mit schwarzen Fingern … Was schließt du daraus?«
    »Nichts schließe ich daraus: Nihil sequitur geminis ex particularibus unquam . Man müßte die beiden Fälle auf eine gemeinsame Regel zurückführen können. Zum Beispiel: Es gibt eine Substanz, die jedem, der sie berührt, die Finger schwärzt …«
    Triumphierend beendete ich den

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