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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Firmament und Blitze, gefolgt von grollendem Donner, während das Meer zu kochen beginnt! Man hat gesagt, die Menschen und Tiere werden Drachen gebären, doch damit wollte man sagen, daß die Herzen auf Hader und Zwietracht sinnen. Schaut nicht um euch, wenn ihr die Monster der Miniaturen finden wollt, die euch auf den Pergamenten ergötzen, schaut in eure Herzen! Man hat gesagt, junge Mütter werden Kinder gebären, die bei der Geburt schon vollendet sprechen können, um kundzutun, daß die Zeit reif ist und daß sie wünschten, getötet zu werden. Aber sucht nicht drunten im Tale nach ihnen, die frühreifen und zu klugen Kinder wurden bereits hier oben in diesen Mauern getötet! Und wie in den Weissagungen hatten sie schon das Aussehen greiser Männer, und wie in den Weissagungen waren sie Kinder mit vier Füßen, und Gespenster, und Ungeborene, die im Mutterleibe weissagen konnten mit Hilfe magischer Zaubersprüche. Jawohl, und dies alles steht geschrieben, wißt ihr das? Es steht geschrieben, daß großer Aufruhr sein wird unter den Ständen, unter den Völkern und in den Kirchen, daß falsche Hirten aufkommen werden, perverse, achtlose, habgierige, voller Sucht nach Vergnügen, Liebhaber des Gewinns, versessen auf eitles Gerede, prahlerisch, hochfahrend, verfressen, anmaßend, lüstern und geil, gefallsüchtig und überheblich, Feinde des Evangeliums, bereit, die enge Pforte zu verschmähen und zu mißachten die Worte der Wahrheit, und werden mit Haß betrachten jeglichen frommen Lebenswandel, und werden nicht Buße tun für ihre Sünden, und werden deswegen Unglauben säen unter den Völkern und Bruderhaß, Niedertracht, Härte und Neid, Gleichgültigkeit, Raub und Diebstahl, Trunksucht, Zügellosigkeit, Unzucht, fleischliche Lust, Hurerei und alle anderen Laster. Abnehmen werden Betroffenheit, Demut, Friedensliebe, Bescheidenheit, Mitleid und die Gabe des Trauerns … Nun, meine Zuhörer, erkennt ihr euch nicht darin, ihr alle, die ihr hier sitzt, Mönche dieser Abtei und Mächtige aus der Ferne?«
    In der Pause, die nun folgte, war ein leises Rascheln zu hören. Es kam von Kardinal Bertrand, der sich heftig den Kopf kratzte. Im Grunde ist Jorge, dachte ich, schon ein großer, gewaltiger Prediger: Während er seine Mitbrüder geißelte, sparte er die Besucher nicht aus, und ich hätte wer weiß was dafür gegeben, zu erfahren, was dem gestrengen Bernard in diesem Moment durch den Kopf gehen mochte, oder den fetten Avignonesern.
    »In jenem Moment, und das ist eben dieser«, donnerte Jorge, »erfährt der Antichrist seine blasphemische Parusie als Nachäffer Unseres Herrn und Heilands. In jenen Tagen – und das sind die unseren – brechen die Reiche zusammen, herrschen Mangel und Not, folgen einander Mißernten und allerstrengste Winter. Doch die Kinder jener Zeit – die keine andere ist als die unsere – haben niemanden mehr, der ihnen ihre Güter verwaltet und das Getreide hortet in ihren Scheuern, und werden gebeutelt auf den Märkten des An- und Verkaufs. Selig, wer dann nicht mehr lebt, oder wer das zu überleben vermag! Denn nun kommt er, der Sohn der Verdammnis, der Feind, der sich brüstet und aufbläht mit vorgespiegelten Tugenden, um die ganze Erde zu täuschen und über die Gerechten zu herrschen. Syrien bricht zusammen und beweint seine Kinder. Kilikien erhebt sein Haupt, bis jener kommt, der da berufen ist, es zu richten. Babylons Tochter erhebt sich vom Thron ihrer Herrlichkeit, um zu trinken aus dem Kelche der Bitternis. Kappadokien, Lykien und Lykaonien beugen den Rücken, auf daß große Menschenhaufen vernichtet werden im Untergang ihrer Bosheit. Barbarenheere und Kriegswagen brechen herein allenthalben, um die Länder zu besetzen. In Armenien, im Pontus und in Bithynien fallen die Jünglinge durchs Schwert, die Kinder geraten in Gefangenschaft, die Söhne und Töchter treiben Blutschande. Pisidien, das sich sonnte in seinem Ruhme, wird zu Boden gestreckt, das Schwert schlägt drein in Phönizien, Juda legt Trauer an und bereitet sich vor auf den Tag, da es verdammt wird ob seiner Unreinheit. Greuel und Trostlosigkeit erheben sich allenthalben, der Antichrist stürmt weiter gen Westen, erobert den Okzident und zerstört die Handelswege, Schwert und Feuer trägt er in seinen Händen und brennt in rasender Flammengewalt. Seine Kraft ist die Lästerung, List seine Hand, Verderben bringt seine Rechte, Finsternis seine Linke. Dies sind die Züge, die ihn auszeichnen: Sein Kopf ist brennendes

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